Ab 1. Juli gibt es erstmals seit 16 Jahren einen neuen Sonderforschungsbereich am Universitätsklinikum Essen.
Große Freude herrscht am Universitätsklinikum: Erstmals seit 16 Jahren gibt es hier ab 1. Juli einen neuen Sonderforschungsbereich. Im Mittelpunkt steht die „Therapie der chronischen Virusinfektionen, z.B. mit HIV, Hepatitis B-Virus (HBV) und Hepatitis C-Virus (HCV)”. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Forschungsarbeit zunächst für die ersten vier Jahre mit ca. 5,5 Millionen Euro.
„Die Bewilligung eines Sonderforschungsbereiches ist ein Aushängeschild für exzellente Forschung am Universitätsklinikum Essen”, freut sich Prof. Dr. Michael Roggendorf, Leiter des Instituts für Virologie. „Wir haben zwei Jahre darauf hin gearbeitet und sind stolz, es nun geschafft zu haben.” Da ein Sonderforschungsbereich auf insgesamt zwölf Jahre angelegt ist - eine Überprüfung findet nach vier Jahren statt - bietet er die große Chance für das Universitätsklinikum, diesen Forschungsschwerpunkt hier langfristig zu etablieren.
An dem neuen Sonderforschungsbereich - „Transregio 60” genannt - sind insgesamt 18 Projekte beteiligt, bei denen deutsche und chinesische Wissenschaftler gemeinsam die Interaktion von Viren und Zellen sowie die Immunreaktionen während der Infektion untersuchen. Allein am Universitätsklinikum sind acht Arbeitsgruppen aktiv, zwei weitere an der Ruhr-Universität Bochum.
Im chinesischen Wuhan werden unter der Leitung von Prof. Dr. Dongliang Yang weitere acht Projekte bearbeitet. „Über Videokonferenzen tauschen wir uns regelmäßig aus”, erklärt Roggendorf. „Zudem gibt es einen regelmäßigen Studenten- und Doktorandenaustausch.”
Bislang gibt es keine Heilmittel gegen Aids (HIV), Hepatitis B und Hepatitis C. Die durch Viren verursachten chronischen Infektionen gelten weltweit als großes Gesundheitsproblem. „Weltweit haben sich rund 33 Millionen Menschen mit HIV infiziert”, so Prof. Roggendorf. „Allein in China leiden rund 80 Millionen Menschen unter chronischer Hepatitis B und C.” Eine vorbeugende Impfung gegen Hepatitis B gibt es zwar, doch haben viele Menschen bereits eine chronische Hepatitis. „Die Erkrankung kann letztlich zu Leberzirrhose und -krebs führen”, erläutert Roggendorf die schwerwiegenden Folgen.
Ziel der Forschungsarbeit ist nun, für alle drei Krankheiten Therapien beziehungsweise Impfstoffe zu entwickeln, die das Immunsystem stimulieren und helfen die chronischen Infektionen zu überwinden. „Bevor wir diese Behandlungsstrategien entwickeln können, müssen wir allerdings erst die Defekte im Immunsystem erkennen, die diesen Prozess bislang verhindern”, erläutert Roggendorf. Innerhalb der 18 Projektgruppen suchen die Forscher derzeit parallel in Blutproben nach Markern, die für diese drei chronischen Infektionen verantwortlich sind, und testen in Tierversuchen die immunologische Wirkung verschiedener Substanzen. Roggendorf: „Und letztlich finden wir hoffentlich den richtigen Mechanismus, um diese Infektionen auszubremsen.”
Immunsystem
Das Immunsystem bezeichnet das körpereigene Abwehrsystem, das eine Gewebeschädigung durch Krankheitserreger verhindert. Aufgabe des Immunsystems ist, in den Körper eingedrungene Mikroorganismen, fremde Substanzen und fehlerhafte körpereigene Zellen zu entfernen.
Fotos: Arnold Rennemeyer