Essen. Nach 118 Jahren hat Lederwaren Brecklinghaus Insolvenz angemeldet. Georg und Janine Peters sind Stammkunden und erzählen, auch im Video, warum.

Die Stimmung am Samstag ist trübe in der Essener Innenstadt. Bei etwa sechs Grad und Schauerwetter ist die Viehofer Straße fast verlassen. Am Tag, nachdem bekannt geworden ist, dass das Familienunternehmen Brecklinghaus Insolvenz angemeldet hat, kommen dort kaum Menschen vorbei. Seit unglaublichen 118 Jahren ist das Geschäft, mittlerweile in dritter Generation, in Essen ansässig. Nicht halb so lange und doch schon eine Ewigkeit sind Georg und Janine Peters dort Kunden.

Das Ehepaar rollt zufrieden zwei silberne Hartschalenkoffer aus der Eingangstür hinaus. Bald geht es damit auf die spanische Insel Formentera. 300 Euro haben sie insgesamt bezahlt. Georg Peters (62) erklärt: „Wer billig kauft, hat zu viel Geld, der muss nämlich doppelt kaufen.“ Er setze auf Qualität und auf die könne er sich bei Brecklinghaus verlassen. Das hätten ihm schon seine Eltern beigebracht. Seine Frau Janine Peters (57) ergänzt, dass sie ihren Koffer gerne vor dem Kauf anfassen und von innen sehen möchte und sich über eine gute Beratung freue: „Wir sind nicht so die Internetbesteller.“ Die Koffer zeigen die beiden auch hier im Video:

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Essener findet Insolvenz von Brecklinghaus „schade“

Beim Essen Light Festival wird Brecklinghaus in Essen regelmäßig in Szene gesetzt.
Beim Essen Light Festival wird Brecklinghaus in Essen regelmäßig in Szene gesetzt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Genau die sind dem Unternehmen unter anderem in den vergangenen Jahren jedoch zum Verhängnis geworden. Und dort greifen viele dann doch eher zur 20-Euro-Tasche statt zu jener, die bei Brecklinghaus im Schaufenster für 599 Euro ausgestellt ist. Auch im Internet wird mitunter teure Ware bestellt, viele genießen dann die Zustellung per Paket an der Haustür. Nicht so Georg Peters. Er findet es schade, dass jetzt die Insolvenz ansteht, mag er doch besonders die Auswahl in dem Essener Geschäft. Auch sein Portemonnaie habe er von Brecklinghaus und seine Frau habe jetzt Ausschau nach einem Kindergartenrucksack für die Enkelin gehalten.

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Rucksäcke und Tornister, das ist es, woran sich viele erinnern, wenn sie an das Geschäft an der Viehofer Straße denken: „Ich habe dort meinen Schulrucksack für die weiterführende Schule gekauft und jetzt den Schultornister für meine Tochter, die dieses Jahr in die Schule kommt. Ich habe gehofft, dass meine Jüngste in sechs Jahren auch dort ihren Tornister findet“, schreibt eine Nutzerin auf Facebook. Was früher Scout und Amigo hieß, nennt sich heute Ergobag und Satch. Die 289,99 Euro inklusive Etui und Turnbeutel bei Brecklinghaus klingen wahnsinnig, viel günstiger gibt es die Erstklässler-Ausrüstung im Internet aber tatsächlich auch nicht.

Reaktionen der Essener über Insolvenz von Brecklinghaus gemischt

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Die Onlinekonkurrenz ist nur ein Teil des Problems. Corona, steigende Betriebskosten und der Niedergang der Innenstadt tun ihr übriges zum Dilemma. Die Reaktionen der Essener sind allerdings gemischt. Ein User schreibt: „Ich hätte nie gedacht, dass das Geschäft dort am nördlichen Rand der Innenstadt, sich so lange halten würde, drumherum ist doch schon seit Jahren alles nicht mehr existent.“ Ein anderer erinnert daran, dass viele ihr Einkaufsverhalten komplett verändert haben: „Wir leben doch im Jahr 2024 und nicht in der Steinzeit. Wer nicht mit der Zeit geht, geht unter.“

Ob es wirklich so weit kommt, wird der Insolvenzverwalter jetzt prüfen, zunächst bleibt das Geschäft geöffnet. Am Ehepaar Peters aus Schonnebeck wird es nicht liegen, wenn Brecklinghaus schließen muss: „Wir haben hier bestimmt schon 20 Koffer gekauft.“ Nicht nur Hartschalenkoffer wie die silbernen, die sie am Samstag in ihren Kofferraum laden, sondern auch Handgepäckkoffer, und Ausrüstung für die gesamte Familie.

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