Essen-Kupferdreh. Wenn Löwen, Tigern, Einhörnern, Priestern und Nonnen gemeinsam am Straßenrand stehen, dann ist Karneval in Kupferdreh.

Was für ein närrisches Spektakel in der karnevalistischen Hochburg Kupferdreh. Der 152. jecke Umzug konnte erst mit mehr als viermal elf Minuten Verspätung starten. Der Grund: aus Rüttenscheid musste der Festausschuss Kupferdreher Karneval (FKK) die Kunde vernehmen, dass es dort zu enormen Verzögerungen gekommen sei. Man müsse erst das Eintreffen der Wagen aus Rüttenscheid abwarten, beschlossen Polizei und Zugleitung. FKK-Vorsitzender Fabian Walaszewski und seine Frau Claudia als Zugleiterin stellten klar: „Uns allen geht die Sicherheit der Feiernden vor. Dann warten wir eben.“ Vernunft regierte auch König Karneval.

Derweil füllte sich die Zugstrecke mit Löwen, Tigern, Einhörnern, Priestern und Nonnen. Kurz vor knapp mussten noch zwei Falschparker abgeschleppt werden. In und vor der direkt am Zugweg gelegenen Theaterklause tobte schon die Partylaune. Die Anwohner der Kupferdreher Straße hatten höchst verschieden reagiert: Manche hatten demonstrativ ihre Rollläden heruntergelassen, andere wollten das Spektakel vom Wohnzimmerfenster aus beobachten. So etwa Kerstin (54) und Melanie (50), die früher selbst im Zug mitgelaufen sind und letztes Jahr noch groß mit Stehtischen und Musikbox vorm Haus feierten, diesmal aber die gemütliche Variante wählten.

„Ist es auch schon lange her, nach Kupferdreh muss dringend wieder ein Gymnasium her!“

FKK-Vorsitzender Fabian Walaszewski und Polizeivertreter fuhren schnell noch die ganze Strecke ab und gaben dann ihr OK. Derweil trafen dann auch das Essener Stadtprinzenpaar und das Kinderprinzenpaar ein. Mit im Schlepptau kam Oberbürgermeister Thomas Kufen, der die Ruhe weg hatte und sich gutgelaunt mit der Tanzgarde Grün-Weiß ablichten ließ. Da sie auf ihre Wagen verzichten mussten, stiegen die Tollitäten und das Stadtoberhaupt kurzerhand auf „per pedes“ um. Königin Anja I. Assindia nahm’s gelassen: „Dann geht das Prinzenpaar eben zu Fuß. Hauptsache, wir sind dabei.“

Um Punkt 17 Uhr knallten die Konfettikanonen der KG Gemütlichkeit als traditioneller Startschuss und der Zug rollte endlich los. Die CDU Kupferdreh / Byfang widmete sich der Bildungspolitik: „Ist es auch schon lange her, nach Kupferdreh muss dringend wieder ein Gymnasium her!“ Solch eine Schule direkt am See bringe nicht nur jede Menge tolle Jecken in spe, sondern sicherlich bald auch Nobelpreisträger. Auch die KG Horster Ritter wurde politisch: „Rot & Weiß statt brauner Scheiss.“ Karneval gegen rechts, das gefiel auch den Roten Teufeln der örtlichen SPD.

Gute Aussicht hatten die Jecken in den Fenstern beim 152. Rosenmontagszug in Essen-Kupferdreh.
Gute Aussicht hatten die Jecken in den Fenstern beim 152. Rosenmontagszug in Essen-Kupferdreh. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Nach guten 40 Minuten kam die Zugspitze Höhe Kupferdreher Markt an. Die Jecken schunkelten sich warm, denn so langsam sanken die Temperaturen. Mit fetziger Musik aus unzähligen Lautsprechern und dem ein oder anderen Kaltgetränk ließen sich die Wartenden die Zeit nicht lang werden. Erst nach weit über einer Stunde gelangte das Ende des Zuges am Mineralienmuseum an.

Mittendrin die Alte Karnevalsgesellschaft „Lot gohn as et geht“. Auf deren Gründung 1872 bezieht sich die Zählung als 152. Rosenmontagszug. Alle wurden mit dreifachem Helau begrüßt von Zugsprecher Peter de Bake, lange Jahre beliebter Hoppeditz des FKK und wohl auch Untertreiber des Jahres: „In Kupferdreh staut es sich ein wenig.“

Den Schluss bildete der Motivwagen der Messe Essen, die zum 111. Geburtstag einmalig mitmischte. Auch als Sonne unterging, schlängelte sich der närrische Lindwurm weiter in Richtung Ecke Deilbachbrücke / Möllneyer Ufer. Längst war es dunkel geworden und die Kupferdreher Narren gingen mit randvoll gefüllten Kamelle-Beuteln heim. Die ersten flachsten schon: „Im nächsten Jahr ist Rosenmontag erst am 3. März, da bleibt es länger hell.“

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