Essen. Theater ganz ohne Schauspieler: In Essen sorgen zwei Roboter für eine besondere Liebesgeschichte. Wer hinter dem spannenden KI-Projekt steckt.
Arka kann sehr kreativ mit dem Pinsel umgehen. Sprechen kann die schlanke, weiße Maschine mit der kecken Pinselnase allerdings nicht. Und auch die Bewegungsabläufe wirken noch etwas eingeschränkt. Gleichwohl ist Arka unzweifelhaft der Star im neuesten Stück am Schauspielhaus Essen. „Nessun Dorma – ein musikalischer Liebesdiskurs für zwei Roboter“ ist die erste Bühnen-Produktion im Essener Theater, die auf Schauspieler gänzlich verzichtet. Das spannende Bühnenexperiment hat am Samstag, 25. November, in der neuen Studiobühne, der „Ada“, Premiere.
Kann eine KI Emotionen empfinden, gar Liebeskummer haben? Für die Wissenschaft gehört die Fähigkeit zu fühlen noch lange nicht zur Kern-Kompetenz von KI, doch auf der Bühne darf es knistern zwischen dem kreativen Industrieroboter Arka, der in einer Galerie fleißig Kunstwerke malt, und seinem kleinen, flinken Kollegen, dem Putzroboter Putzini. Nach Feierabend lieben und leiden die beiden, bis die Beziehung irgendwann auseinandergeht. Und der bekümmerte Putzini beginnt, auf Basis komplexer Algorithmen und neuronaler Netzwerke schließlich eine eigene Todesarie zu komponieren.
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Das von Sebastian Arnd herrlich anachronistisch ausgestattete Ding mit integriertem Putzwedel, Handstaubsauger und Ikea-Lämpchen wird im Stück zum rollenden Beweis, dass auch Maschinen sehr menschliche Emotionen auslösen können – zumindest beim Betrachter. „Viel passiert im Kopf der Zuschauenden“, sagt Creative Technologist Markus Schubert, der den „Liebesdiskurs für zwei Roboter“ zusammen mit der Regisseurin Elsa-Sophie Jach, der Bühnenbildnerin Thea Hoffmann-Axthelm und dem Theater-IT-Experten Sebastian Arnd in Essen auf die Bühne bringt.

Die Arbeit an der Roboteroper sei schon gestartet, als der ChatGPT-Hype noch nicht die Schlagzeilen beherrschte, berichtet Schubert. Ein Aufenthalt in Japan, wo der Umgang mit den Maschinen schon etwas Alltägliches habe, war für Thea Hoffmann-Axthelm dann der Auslöser, das Thema KI auf seine theatrale Umsetzbarkeit abzuklopfen. Herausgekommen sei „eine Mischung aus Wall-E am Anfang und Romeo und Julia am Ende“, beschreibt Hoffmann-Axthelm das Hightech-Bühnenexperiment mit eingesprochenen Texten und Musik.
Von der Puccini-Arie zur Roboter-Oper: „Nessun Dorma“ in Essen
„Nessun Dorma“ – keiner schlafe – darf man angesichts der vielfach diskutierten Risiken im Umgang mit Künstlicher Intelligenz durchaus auch als Mahnung zur Wachsamkeit verstehen. Konkret bezieht sich der nach einer berühmten Arie aus der Puccini-Oper „Turandot“ benannte Stücktitel aber auf eine Musikkassette, die die Mutter von Thea Hoffmann-Axthelm in den 80er Jahren geschenkt bekam. Ein Soundtrack gegen Liebeskummer – mit lauter hochemotionalen Sterbearien, die nun auch Putzini zum künstlerischen Schwanengesang animieren.
Tickets und Termine
Die Premiere von „Nessun Dorma, ein musikalischer Liebesdiskurs für zwei Roboter“ am 25. November ist bereits ausverkauft.
Weitere Vorstellungen in der Ada im Grillo-Theater gibt es am 2., 21. und 27. Dezember. Die Vorstellung dauert etwa 50 Minuten.
Tickets (11 Euro) unter Tel. 0201-8122-200 und online www.theater-essen.de
Welche Aufgaben Künstliche Intelligenz in Zukunft übernehmen wird und wie „menschlich“ die Maschinen am Ende agieren, diese Frage umtreibt derzeit viele und wird von den einen extrem optimistisch, von anderen eher ängstlich und besorgt gesehen. „Nessun Dorma“ soll jenseits der Feuilleton-Debatten einen sinnlichen Zugang zum Thema KI ermöglichen. „Die Forschungsreise war auch für uns ein Weg, mit den Ängsten umzugehen. Wir wollten uns selber besser damit auskennen“, sagt Thea Hoffmann-Axthelm.
Industrieroboter Arka tanzt zur Musik von Britney Spears
Gleichwohl gab es eine Menge technischer Herausforderungen, die für die Aufführung von „Nessun Dorma“ erst einmal gelöst werden mussten. Trotz der hochkomplexen Rechenleistung, die hinter „Nessun Dorma“ steckt, sei die Roboteroper aber viel mehr als ein programmiertes Maschinenballett, erklärt Markus Schubert. „Wir wollten den Robotern auch Freiraum lassen.“ Mit entsprechenden „Aha-Momenten“: Beispielsweise, als der Industrieroboter Arka zur Musik von Britney Spears irgendwann zu tanzen begonnen habe.
„Robotertheater ist wie jedes andere Theater dann interessant, wenn nicht alles millimetergenau vorgeschrieben ist“, findet Thea Hoffmann-Axthelm. Zwar gebe es einen festen Ablauf für den Abend. „Es gibt aber auch lange Strecken, wo sich die beiden im Random-Mode bewegen“, also eher zufällig, erklärt die Theaterfrau, die gespannt ist, „wie weit die Zuschauenden Emotionen zulassen“. So wird denn jede Vorstellung live und ein wenig anders ausfallen. Und womöglich auch Überraschungen bereithalten. Hofffmann-Axthelm sieht das zukünftige Miteinander von Mensch und Maschine jedenfalls mit Zuversicht: „Ich glaube, dass die Maschinen Tools, Handwerkszeug sind. Sie werden nichts tun, ohne dass wir sie beauftragen.“
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