Essen. Die traditionelle Verbrauchermesse Mode Heim Handwerk (MHH) ist fast nur noch halb so groß wie vor Corona. Woran liegt das? Was Aussteller sagen.
Im 54. Jahr ihres Bestehens kämpft die Verbrauchermesse „Mode Heim Handwerk“ (MHH) mit den Spätfolgen der Corona-Pandemie. Die populäre Veranstaltung, die vor Jahren durchaus neun Tage andauerte, mindestens fünf Messehallen füllte und 700 Ausstellern Raum bot, hat auch zwei Jahre nach Covid noch nicht die alte Größe zurückerlangt.
Im Jahr 2019 feierte man noch 50. Geburtstag, ein Jahr später fiel die Messe komplett aus wegen der Pandemie. Fürs Jahr 2021 erfand man ein Mini-Format mit 300 Ausstellern, im letzten Jahr waren es 340 Aussteller, „und in diesem Jahr sind es knapp 400, es geht bergauf“ sagt Messe-Projektleiter Gunter Arndt. Während Konkurrenzveranstaltungen wie der „Dortmunder Herbst“ mittlerweile komplett tot sind und aus dem Programm genommen wurden, „setzen wir auf das Erlebnis für die ganze Familie, das ist der richtige Weg in die Zukunft“.
Viel Programm für die ganze Familie – das ist das Konzept, das in die Zukunft führen soll
Und die Gegenwart? Die Verbrauchermesse, die noch bis Sonntag (12. November) geöffnet ist, setzt erkennbar auf junge Zielgruppen – am Freitag Vormittag wandern Kindergartengruppen durch die Hallen, es gibt buntes Mitmach-Theater, die Jugend des Essener Sportbundes (Espo) bietet ein aufwendiges Spiel-, Spaß- und Bewegungsprogramm an, und natürlich ist die MHH auch noch das, was sie schon immer war: Ein riesiger Verbrauchermarkt. „Ich freue mich, dass immer noch viele Leute mit ihrem Einkaufs-Trolley kommen und sich für ein ganzes Jahr eindecken“, sagt Iris Blanke, die als „selbstständige Vertriebspartnerin“ Putzmittel und Mikrofasertücher der Marke „Jemako“ verkauft, an diesem Tag mit „10 Prozent Messerabatt“.
Warum ist die „Mode Heim Handwerk“ auch zwei Jahre nach Corona noch verhältnismäßig klein? „Weil viele Anbieter die Pandemie nicht überlebt haben“, sagt Messe-Projektleiter Gunter Arndt. „Die wenigsten Aussteller sind ja Großkonzerne, sondern die meisten sind kleine und mittelständische Unternehmen oder Selbstständige.“
Selbstständige Anbieter – wie kamen sie durch die Corona-Jahre?
Frau Blanke, wie haben Sie während der Corona-Jahre Putzmittel verkauft? „Mit WhatsApp-Parties“, sagt die Geschäftsfrau. „Das hat sehr gut geklappt. Alles andere ging ja nicht, und wir leben vom Direktvertrieb.“ Direktvertrieb, das ist die Verkaufsmethode, wie man sie von so genannten „Tupper-Parties“ kennt: keine Geschäfte, sondern verkauft wird in Wohnzimmern.
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Und jetzt? „Bin ich froh, dass ich wieder auf der Messe sein kann“, sagt Iris Blanke. 300 Meter weiter in Halle 8 steht Marianne Dittes (70) an ihrem Lederwarenstand (Geldbörsen 20 statt 39,90 Euro) und sagt: „Ich bin das erste Mal seit Corona wieder hier und heilfroh.“ Sie lebe allein vom Messe-Geschäft, „während Corona hatte ich keine Einnahmen“, und wenn sie nicht von ihren Eltern ein paar Immobilien geerbt hätte…
Nächstes Jahr erstmals wieder vier statt nur drei Hallen
Aber das sei zum Glück überstanden, „der Kontakt zu den Kunden macht wie immer großen Spaß“, und die Resonanz sei erfreulich. Und zwischen Dampfbügeleisen-Anbietern und Verkaufsständen für einen Likör namens „Ladykiller – leider lecker“ und Designerschmuck aus Idar-Oberstein gibt es sie natürlich durchaus: die Großkonzerne. Elektrowarenhersteller Vorwerk preist wie seit Jahren seinen „Thermomix“ an, und vielleicht ist es Absicht, aber die Firma Bosch sitzt nur wenige Schritte gegenüber mit einem Konkurrenzprodukt, das „Cookit“ heißt.
Ansonsten: Sofalandschaften, viel zum Basteln und Nähen, ansprechend Weihnachtliches, überall Mitmach-Angebote. „Die Messe Mode Heim Handwerk“, kündigt Projektleiter Arndt Gunter an, „wird sich noch viel weiter in Richtung Erlebnis entwickeln“. Und so viel könne man schonmal vorwegnehmen: Im kommenden Jahr werden es erstmals wieder vier Hallen sein, nicht mehr nur drei.
Mode Heim Handwerk, Messe Essen, täglich 10 bis 18 Uhr, Tageskarte Erwachsene 8 Euro, ermäßigt 7 Euro. Kinder (6 - 14 Jahre) 1 Euro, Mittags-Ticket (ab 14 Uhr) 5 Euro.