Essen. Die „Moornixe“ war im Jahrhunderthochwasser 2021 untergegangen. Die Rückkehr in ihre Heimatstadt war und bleibt eine Reise voller Hindernisse.

Die Rückkehr der alten „Baldeney“ in ihre Heimatstadt war von Beginn an eine Fahrt voller Hindernisse. Dies setzt sich nun fort. Seit Monaten steht das ehemalige Fahrgastschiff der Weißen Flotte im „Trockendock“ auf dem Gelände der Friedrich-Wilhelms-Hütte in Mülheim. Oder besser: Das, was von dem einst stolzen Schiff noch übrig ist, seit es beim Jahrhunderthochwasser vor zwei Jahren spektakulär in den Fluten der Ruhr versank.

Am Donnerstag sollte ein Schwertransporter das Wrack nach Bergerhausen transportieren auf die „Neue Insel“ der Diakonie am Spillenburger Wehr, wo das Schiff instandgesetzt und als „kulturhistorisches Denkmal“ ausgestellt werden soll. Doch weil zum Abtransport eine andere Zugmaschine vorfuhr als bei den Behörden angemeldet war, durfte der Transport nicht starten. Die eigentlich vorgesehene Zugmaschine war am Morgen nicht angesprungen.

Der Schwertransport der „Moornixe“ scheiterte auch im zweiten Anlauf

Der Essener Heinz Hülsmann und sein Bootsmann Reiner Berner (r.) hatten die ehemalige „Baldeney“ 2020 zurück ins Ruhrgebiet geholt. In Mülheim machte das Schiff fest.
Der Essener Heinz Hülsmann und sein Bootsmann Reiner Berner (r.) hatten die ehemalige „Baldeney“ 2020 zurück ins Ruhrgebiet geholt. In Mülheim machte das Schiff fest. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Auch am Freitag rollte das Schiff nicht vom Hof. Nach Angaben der Polizei lag für diesen Tag keine gültige Transportgenehmigung vor. Nach den Herbstferien will die Diakonie nun einen neuen Versuch starten. Am 17. Oktober soll die alte „Baldeney“ auf der „Neuen Insel“ eintreffen.

Heinz Hülsmann ist zufrieden, dass der Dampfer dort einen neuen Hafen finden wird. „Ich bin froh, dass die Geschichte doch noch eine gute Wendung nimmt“, sagt der ehemalige Eigner. Auch wenn er sich für sein Schiff etwas ganz anderes gewünscht hatte.

Eigner Heinz Hülsmann hätte sich für die alte „Baldeney“ etwa anderes gewünscht

Heinz Hülsmann mit der Moornixe, der die ehemalige „Baldeney“ ihren zweiten Namen verdankt.
Heinz Hülsmann mit der Moornixe, der die ehemalige „Baldeney“ ihren zweiten Namen verdankt. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Hülsmann, gebürtiger Essener und Inhaber eine Segelschule, hatte die ehemalige „Baldeney“ vor ein paar Jahren in Ostfriesland aufgetan, wo sie nach einer Odyssee über Rhein und Mosel als „Moornixe“ mehr als drei Jahrzehnte lang Touristen über die Kanäle schipperte. Der damalige Eigentümer wollte sich aus Altersgründen aus dem Geschäft zurückziehen, die „Moornixe hatte er zum Kauf angeboten. Hülsmann schlug zu und blätterte 14.800 Euro für den alten Kahn hin. Als Teil der Essener Stadtgeschichte gehöre die alte „Baldeney“ wieder auf den Baldeneysee, so seine Idee. War sie doch dort 1933 als erstes Fahrgastschiff der Weißen Flotte in Dienst gestellt worden.

Die Walzen des Kahlenbergwehrs verschluckten das einstmals stolze Fahrgastschiff

Beim Jahrhunderthochwasser im Juli 2021 versank das Schiff am Kahlenbergwehr.
Beim Jahrhunderthochwasser im Juli 2021 versank das Schiff am Kahlenbergwehr. © Youtube

Doch anders als erwartet wurde Hülsmann in seiner Heimatstadt nicht mit offenen Armen empfangen. Die Weiße Flotte Baldeney hatte keine Verwendung für das historische Fahrgastschiff. Bürokratische Hürden sprachen gegen eine Wiederinbetriebnahme unter alter Flagge, für den Baldeneysee fehlte der „Moornixe“ die notwendige Zulassung, hieß es.

In Mülheim fand Hülsmann einen provisorischen Liegeplatz nahe der Mendener Brücke. Ein paar „alte Seebären“ kümmerten sich um das Schiff, bis es im Juli 2021 vom Jahrhunderthochwasser fortgerissen wurde. Am Kahlenbergwehr versank die „Moornixe“ in der Ruhr. Auf spektakulären Aufnahmen ist zu sehen, wie das Schiff von der Wehrwalze förmlich verschluckt wird.

Eine Hamburger Reederei sammelte Spenden für die „Moornixe“

Taucher bargen, was von der „Moornixe“ übrig geblieben war.
Taucher bargen, was von der „Moornixe“ übrig geblieben war. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Taucher fanden das Wrack nicht weit entfernt. Ein Kran barg, was von der „Moornixe“ noch übrig war – nicht viel mehr als der knapp 18 Meter lange Rumpf. Die Aufbauten waren in den Fluten untergegangen. Auch die Galionsfigur, eine Nixe, der das Schiff seinen zweiten Namen verdankte, tauchte nie wieder auf.

100.000 Euro habe die Bergung gekostet, erzählt Heinz Hülsmann. Die Versicherung habe nur einen Bruchteil davon übernommen. War der Untergang doch höhere Gewalt. Umso mehr freute sich der Eigner über Spenden von Privatleuten und von einer Reederei aus Hamburg, die bei Rundfahrten einen Euro für das historische Fahrgastschiff eingesammelt hatte. 5000 Euro kamen so zusammen.

Der Rumpf der „Moornixe“ ist gestaucht, von den Aufbauten blieb nicht viel übrig

Die Aufbauten waren vollständig zerstört. Das Steuerruder soll mit dem Schiff ausgestellt werden.
Die Aufbauten waren vollständig zerstört. Das Steuerruder soll mit dem Schiff ausgestellt werden. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Das Wrack hat Hülsmann der Neuen Arbeit der Diakonie“ überlassen. Die hat auf der „Neuen Insel“, einem Projekt für arbeitslose und behinderte Menschen, große Pläne. Ein Hostel für Fahrradtouristen soll dort entstehen, eine Veranstaltungshalle, eine Hochzeitskapelle und Gastronomie. Die alte „Baldeney“ soll ein Hingucker werden. „Wir versuchen alles so originalgetreu wie möglich wieder herzustellen“, kündigt Andreas Bußmann an. Vor seiner Mannschaft liegt viel Arbeit. Der Rumpf ist gestaucht, das Deck verzogen. Besucher werden das Schiff auch nach der Restaurierung nicht betreten können, bedauert der Projektleiter.

Die wechselvolle Geschichte und das tragische Ende der alten „Baldeney“ sollen Interessierte aber auf einer Info-Tafel nachlesen können: Wie das erste Fahrgastschiff auf dem Baldeneysee aus Essen verschwand und als „Moornixe“ wieder auftauchte...