Essen. Stefan Diederichs ist seit gut 100 Tagen der neue Mann an der Spitze des städtischen Sozialkonzerns GSE. Er setzt auf Wandel und ein gutes Team.

Seit ein paar Wochen hat er als Geschäftsführer die Hosen an, und wenn’s die Lage erfordert, auch mal kurze: So wie bei der 13 Kilometer-Wanderung im niederrheinischen Schermbeck, wo Stefan Diederichs neulich gemeinsam mit seinem Führungsteam klärte: Wo wollen sie hin mit dem gemeinnützigen städtischen Sozialkonzern GSE und seinen Einrichtungen, welcher Kurs ist der richtige?

Es geht schließlich um 1300 Beschäftigte, um den Betrieb von sieben stationären Pflegeheimen, einer Tagespflege, elf Werkstätten, drei Wohneinrichtungen für behinderte Menschen und vier Adressen für wohnungslose Männer. 1200 Personen leben in den Pflege- und Betreuungseinrichtungen der GSE, rund 1600 Menschen mit Behinderungen arbeiten in den Werkstätten – fertigen Teile für Präzisionspumpen oder Aufzüge, Kinderschlafsäcke oder Möbel, pflegen Gärten und vernichten professionell Akten.

Es geht auch um Geld – bei einem Sozialkonzern mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz

Für den 50-jährigen Diederichs, der als Nachfolger von Heribert Piel die „soziale Seite“ des städtischen Firmengeflechts betreut, ist zumindest dieser Geschäftsbereich Neuland. Seine Erfahrungen sammelte der Kaufmann, Sozialpädagoge und gebürtige Remscheider im Pflegebereich, leitete verschiedene Pflegeeinrichtungen und war bereits als Prokurist und Geschäftsführer tätig, zuletzt beim Caritasverband Rhein-Erft.

Den Weg weg vom „Anstalts-Charakter“ hin zu modernen Einrichtungen haben schon andere eingeschlagen. Auf Diederichs und Co. wird in Essen die Aufgabe zukommen, den weiteren Wandel auch auf diesem Feld mitzugestalten. Es geht dabei nicht nur, aber auch um finanzielle Fragen, kein Wunder bei einem Sozial-Konzern mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz. Wie etwa lassen sich die hier betreuten Menschen sinnstiftend beschäftigen?

Der neue Chef wünscht sich „einen guten Geist und eine gute Struktur“ im Unternehmen

Denn es sei ja so: Je mehr die sogenannte „Inklusion“ gelebt wird, die selbstverständliche Einbindung von Menschen mit Handicaps aller Art in den Alltag, desto schwieriger wird es auch, die Werkstatt-Plätze der GSE zu belegen. „Herausfordernder“, sagt Diederichs, aber das Ergebnis ist dasselbe: Gut möglich, dass man deshalb auf lange Sicht ein oder zwei Werkstätten aufgibt. Dazu weniger Bürokratie, schnellere Wege, partnerschaftlicher Umgang: So stellt sich Diederichs den Wandel bei der GSE vor.

Dabei sind die Rahmenbedingungen, auch die finanziellen, vielfach durch Kostenträger vorgegeben, dies macht den Job so spannend, sagt der neue Chef, der sich „einen guten Geist und eine gute Struktur“ im Unternehmen zum Ziel gesetzt hat. Die Bewohnerinnen und Bewohner dürften dies früher oder später direkt in den Häusern erleben: Altbauten sollen renoviert werden und überall die digitale Welt einziehen – mit WLAN im Heim und der Essensbestellung per Tablet.

Und überall wünscht sich Diederichs, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Wandel der GSE gerne mitgehen, egal wie kurz die Hosen sind. Im nagelneuen Youtube-Film, mit dem die GSE für ihre generalistische Ausbildung in der Pflege wirbt, bekommt man eine Ahnung davon, was der Neue damit meint, wenn eine Mitarbeiterin sagt: „Wir sind einfach so eine Familie.“