Essen. Vor zwei Wochen wurde Prof. Kurt Mehnert zum Rektor der Folkwang Hochschule gewählt. Ab April übernimmt der frühere Dekan des Fachbereichs Gestaltung die Leitung des renommierten Instituts - in stürmischen Zeiten.
Kurt Mehnert übernimmt mit der Leitung der Folkwang Hochschule ein Institut, das allein neun äußere Baustellen stemmen muss. Dazu kommt die noch nicht abgeschlossene Überführung der Studiengänge in das Bachelor-/Master-System. Anstelle des gemütlichen alten Werdener Campus' verteilt sich das Institut mittlerweile auf Duisburg, Bochum, Dortmund und demnächst Zollverein für den Bereich Design. Mit dem frischgewählten Rektor sprachen Dirk Aschendorf und Andrea Kleemann.
Was ist für Sie die vordringlichste Aufgabe?
Mehnert: Zunächst einmal die internen Prozesse, die schon vorgearbeitet wurden, weiterzuführen und zu gestalten. Dazu kommen dann insgesamt neun äußere Baustellen, darunter der Neubau der Bibliothek, die Sanierung der Werdener Bauten, von denen ja erst die des Tanzflügels abgeschlossen ist, oder die Neubauten für den neu angeschlossenen Bereich Design auf Zollverein.
Wie wollen Sie aus den verschiedenen – auch räumlich getrennten – Fachbereichen die Folkwang-Idee vom Zusammenspiel der Künste formen?
Mehnert: Zunächst ist die Folkwang-Idee das, was mich von Anfang an fasziniert hat an der Hochschule. Ich halte es für erstrebenswert, Dinge zu bündeln, wo es geht. Also den Designbereich komplett auf Zollverein zu verorten, lag da nahe. Aber geografische Hürden sind eigentlich kein Problem, wichtig ist, die Köpfe für den Folkwang-Gedanken frei zu machen. Und durch die verschiedenen Orte haben wir auch die Möglichkeit, stärker in die Region hinein zu wirken, also Folkwang stärker im Ruhrgebiet zu profilieren.
Wie lässt sich denn beispielweise einem Grafiker und einer künftigen Sängerin der Mehrwert dieses Zusammenspiels vermitteln?
Mehnert: Man kann keine Idee verordnen. Man kann Vorgaben machen, Impulse setzen oder durch gemeinsame Projekte Potenziale aufzeigen.
Die Umstrukturierung der Studiengänge läuft. Die Kunsthochschulrektorenkonferenz setzt allerdings mittlerweile wieder auf den Ausstieg aus dem Bachelor-/Master-Modell. Wie stehen Sie dazu?
Mehnert: Der Prozess der Modularisierung ist voll im Gange. Die Hochschule hat sich vor meiner Zeit dafür entschieden. Das hat zu tun mit Qualität der Lehre und Studiendauer. Dabei gibt es Chancen für intensivere Kommunikation. Die neue Struktur darf bei allem Aufwand nicht als Strafarbeit verstanden werden. Wir müssen die Chance nutzen, nicht verteufeln.
Es hat vor der Fusion der Fachbereiche Stellenstreichungen vor allem im Designbereich gegeben. Wie will Folkwang da zu den führenden Hochschulen Europas aufschließen, und was erwarten Sie von der Politik?
Mehnert: Ich habe mich auch als Dekan an der Uni Duisburg-Essen mit Stellenstreichungen auseinandersetzen müssen. Ich denke, man kann mit guten Konzepten auch die Politik zu Zugeständnissen bewegen, trotz Sparvorgaben. Natürlich muss man kämpfen, dass die Kunsthochschul-Etats nicht weiter verringert werden. Und eine Zusammenarbeit mit der Uni Duisburg-Essen sollten wir verstärken. Das können wir jetzt ganz entspannt angehen.
Es hat im Umfeld Ihrer Wahl regelrechte Grabenkämpfe zwischen „Neu"- und „Alt-Folkwang", also Design und Kunst, gegeben. Vor allem der musische Bereich agierte heftig und fürchtet(e) einen Ausverkauf. Wie wollen Sie die Gräben zuschütten?
Mehnert: Gräben wurden in der Tat sehr tief ausgehoben, und die Qualität des Wahlkampfs, wie er hier von einigen geführt wurde, hat mir nicht gefallen. Aber das ist auch anderswo so. Man arbeitete mit Vorwürfen, die meine frühere Arbeit als Geschäftsführer und Prorektor gar nicht berücksichtigten. Ich kann nur betonen: Es gibt hier keinen Bereich, der unwichtig ist, und ich hoffe, wir spielen hier künftig wie ein gutes Team. Es gibt keinen Weg zurück zu alten Strukturen, sagt der neue Folkwang-Rektor Prof. Kurt Mehnert und fordert eine Beendigung der Grabenkämpfe zwischen Folkwang Alt und Neu.
Fotos: H.W. Rieck/WAZ