Essen. Nach dem regenreichen Frühjahr haben sich Essens Bäume erholt. Warum Experten trotzdem keine Entwarnung geben.

Es ist wenige Sommer her, als Norbert Bösken einen mächtigen Handbohrer im Krupp-Park ins Erdreich trieb, um seinen Zuschauern zu demonstrieren, wie es um die noch jungen Bäume bestellt war, die dort Wurzeln geschlagen hatten. Das Erdreich, das der Förster von Grün und Gruga aus etwa ein Meter Tiefe zu Tage beförderte, war buchstäblich pulvertrocken. Nicht so in diesem Jahr.

Das an Niederschlägen reiche Frühjahr hat dazu geführt, dass Bäume auch in tieferen Bodenschichten genügend Feuchtigkeit finden. „Wir haben einen guten Puffer“, sagt Bösken zum Wasserstand. Bereits im zweiten Jahr habe sich der Wasserspeicher auffüllen können. Entwarnung will der Experte aber nicht geben.

Norbert Bösken, Forstingenieur bei Grün und Gruga, will trotz des nassen Frühlings für Bäume keine Entwarnung geben.
Norbert Bösken, Forstingenieur bei Grün und Gruga, will trotz des nassen Frühlings für Bäume keine Entwarnung geben. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Die trockenen Sommer der vergangenen Jahre haben ihre Spuren hinterlassen an Bäumen in Wäldern, Parkanlagen und entlang der Straßen. Viele haben Schäden davon getragen, von denen sie sich nicht mehr erholen werden. An der Schwarzen Lene in Heisingen etwa, hoch oben über dem Baldeneysee wird sich ein alter Buchenbestand nicht mehr revitalisieren, berichtet Norbert Bösken.

Sensoren liefern Daten zur Saugspannung der Straßenbäume

Um ein möglichst präzises Bild über den Zustand der Straßenbäume zu gewinnen, hat Grün und Gruga gemeinsam mit dem Amt für Geoinformation ein digitales Netz ausgeworfen. An 200 Standorten liefern Sensoren detaillierte Informationen über die Saugspannung eines Baumes in verschiedenen Tiefen. Diese lässt sich mit einem Zug aus einem Strohhalm vergleichen; je weniger Flüssigkeit, desto stärker muss man daran saugen.

Vor zwei Jahren war das Erdreich auch in tieferen Schichten pulvertrocken. In diesem Jahr hat sich ein Wasserpuffer gebildet.
Vor zwei Jahren war das Erdreich auch in tieferen Schichten pulvertrocken. In diesem Jahr hat sich ein Wasserpuffer gebildet. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

In tieferen Bodenschichten finden die Bäume genügend Wasser. Doch in einer Tiefe von 30 bis 50 Zentimetern ist das Erdreich zu trocken. Im Juni hat es zu wenig geregnet, die Temperatur kletterte zeitweise auf über 30 Grad. Grün und Gruga kommt nicht umhin, junge Bäume zu wässern. 8000 sind es an der Zahl. 100 Liter Trinkwasser erhält ein Baum pro Wässerungsgang. Vier Wässerungsgänge gab es bereits. Zum Vergleich: Im Hitzejahr 2019 waren es 40. Die nächste Hitzewelle wird bereits erwartet.

Grün und Gruga will in der Essener Innenstadt weitere Straßenbäume pflanzen

Gewässert werden die Bäume mit Trinkwasser. Das ist teuer. 1,2 Millionen Euro hat Grün und Gruga 2018 und 2019 für die Bewässerung von Straßenbäumen ausgegeben. Um kostbares Trinkwasser zu sparen, will die Stadt Regenwasser speichern in Zisternen, Mulden und Rückhaltebecken. Es ist eine Aufgabe der Stadtentwicklung. Ein Konzept gibt es noch nicht.

Die Zahl der rund 200.000 Straßenbäume soll weiter wachsen. Aktuell untersucht Grün und Gruga, wo im Bereich der Innenstadt zusätzliche Bäume gepflanzt werden könnten. Gerade in dicht bebauten Straßen sind Bäume als Schattenspender gefragt. Insgesamt geht es um 218 Straßenkilometer, die betrachtet werden, berichtet Fachbereichsleiterin Melanie Ihlenfeld. Ende des Jahres will Grün und Gruga Ergebnisse der Untersuchung präsentieren.