Essen-Holsterhausen. die 21-Jährige Arej Almohamad hat als erste Geflüchtete ihr Abitur am Essener BMV-Gymnasium gemacht. Den LK hatte sie bei Ordensschwester Beate.
Arej Almohamad (21) ist eine selbstbewusste Frau. Nach fünf Jahren in Deutschland hört man ihr am leichten Akzent an, dass sie nicht hier geboren worden ist. 2017 kam sie aus Syrien nach Essen. Hier besuchte sie das katholische BMV-Gymnasium – und schloss als erste Geflüchtete an dieser Schule mit dem Abitur ab. Ihre Lehrerin im Chemie-Leistungskurs war Sr. M. Beate. Sr. M., das steht für „Schwester Maria“. Durch ihren Glauben fühlen sich die Muslima und die Ordensschwester verbunden.
Dass es viele Geflüchtete nicht bis zum Abitur schaffen, weiß Arej. Deutsch sei einfach eine sehr schwere Sprache, sagt die 21-Jährige, „aber ich habe es durchgezogen.“ 2015 verließ Arej ihre Heimat Aleppo. Ihr Vater, ein Anwalt, gelte als Regimegegner, ihm habe die Verhaftung gedroht. Zuerst kam ihr Bruder nach Deutschland, dann der Vater, die beiden fanden eine Wohnung in Frillendorf. „Ich war erstmal zwei Jahre in der Türkei“, berichtet die junge Frau.
Essener Schülerin aus Syrien brachte sich schon selbst Türkisch bei
Schon dort zeigte sich Arejs Ehrgeiz. „Ich habe eine arabische Schule besucht, aber habe mir selbst nebenbei Türkisch beigebracht“, sagt sie. 2017 kam sie nach Deutschland. Auch hier galt es erst einmal, die Sprache zu lernen. „Ich bin in der achten Klasse eingestiegen und hatte im ersten Jahr nur Deutschunterricht“, so Arej. Zusätzlich habe sie einen Deutschkurs der Uni Duisburg-Essen besucht und mithilfe von Youtube-Videos gelernt.
Als Neuntklässlerin habe sie dann den normalen Unterricht besuchen und alle Klausuren mitschreiben können. „Ich war schon immer sehr fleißig und auch in Syrien oft die beste in der Schule“, sagt sie. Wie ihr Bruder hatte Arej einen Platz am BMV-Gymnasium, einer katholischen Schule, bekommen. „Mein Bruder hat mir schon erzählt, dass es Religionsunterricht gibt und die Schüler in die Kirche gehen. Ich fand das total interessant“, erinnert sie sich.
Geflüchtete stellte viele Fragen im Religionsunterricht am Essener BMV-Gymnasium
Sie habe sich gefreut, eine andere Religion kennenzulernen. Im Religionsunterricht habe sie immer viele Fragen gestellt und im Gegenzug beantwortet. „Der Lehrer hat erklärt, dass Christen sonntags in die Kirche gehen. Ich habe erzählt, dass Muslime fünfmal am Tag beten“, sagt Arej – und fügt lachend hinzu: „Die anderen wollten dann wissen, ob das nicht stressig ist.“
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Als naturwissenschaftlich interessierte Schülerin entschied sich Arej in der Oberstufe für die Leistungskurse Mathematik und Chemie. Im Chemie-LK wurde sie von Ordensschwester Beate unterrichtet. Für Schwester Beate war es ohnehin schon eine kleine Besonderheit, dass der Kurs überhaupt zustande kam. „Vorher gab es lange keinen Chemie-LK“, berichtet die Lehrerin. Und dann trafen da diese beiden Frauen aufeinander, die ihren Glauben für jeden sichtbar nach außen tragen, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise.
Essener Ordensschwester über muslimische Schülerin: „Glauben beide an unseren Gott“
„Ich habe Arej als sehr angenehme, feinfühlige und aufmerksame Schülerin erlebt“, sagt Schwester Beate. Und irgendwie hätten sie sich sofort verbunden gefühlt – „Wir beiden Verschleierten.“ Muslimische Schülerinnen und Schüler gibt es einige am BMV-Gymnasium, an eine andere Schülerin mit Kopftuch kann sich Schwester Beate aber nicht erinnern. „Wir glauben beide an unseren Gott, nur die Ausrichtung ist eine andere“, betont die Ordensschwester.
Mit bestandenem Abi geht es für Arej jetzt auf gewohnten Pfaden weiter. „Ich möchte gerne etwas in Richtung Chemie machen“, erzählt die 21-Jährige. Was genau, steht noch nicht fest. Sicher ist aber: Sie möchte ein Studium anfangen.