Essen. Auf dem Vereinsgelände des Etuf am Baldeneysee wurden Bäume gefällt, um Tennisplätze zu sanieren. War dies nötig? Darüber ist Streit entbrannt.

Aufregung um den Etuf: Auf dem weitläufigen Vereinsgelände des traditionsreichen Clubs am Baldeneysee sind fünf Erlen gefällt worden. Die Bäume waren etwa 80 Jahre alt und kerngesund. Weichen mussten sie für die Sanierung von Tennisplätzen. Klimaschützer hatten sich vergeblich für den Erhalt der Bäume eingesetzt und sind empört. Zur eigenen Überraschung hatten sie erst kürzlich davon erfahren, dass die Bäume nicht mehr da sind.

Hintergrund: Im Juli 2025 ist das weitläufige Areal des Etuf Schauplatz der „World University Games“ an Rhein und Ruhr. 10.000 Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt sind nebst Offiziellen und Betreuern zwölf Tage in der Region zu Gast, um sich in 18 verschiedenen Sportarten zu messen. Auf dem Gelände des Etuf messen sich die Studierenden im Tennis.

Pikant aus Sicht der Klimaschützer: „Als nachhaltiges und innovatives Großereignis“ wollen die Spiele laut Eigenwerbung auch in Sachen Klimaschutz ein Zeichen setzen. Die Stadt Essen freut sich bereits darauf, ein guter Gastgeber zu sein. „Wir können auch in puncto Nachhaltigkeit wichtige Zeichen setzten“, ließ sich Oberbürgermeister Thomas Kufen bereits im Oktober vergangenen Jahres zitieren. Wenige Tage später kreiste auf dem Etuf-Gelände die Säge, die fünf Erlen wurden gefällt.

Klimaaktivisten werfen der Stadt Essen „Greenwashing“ vor

Maria Lüttringhaus von der Initiative „RaumbotschafterInnen“ ist fassungslos. Die Stadt propagiere nachhaltige Spiele. „Für uns ist das skandalöses Greenwashing. Und ein Verrat an unseren ehrenamtlichen Bemühungen um Klimaschutz, Kooperation und Dialog. Wir fragen uns: Wo ist die grüne Hauptstadt geblieben?“

Die Klimaschutzinitiative hatte sich eingeschaltet, um gemeinsam mit Vertretern der Stadt und des Etuf nach Alternativen zu einer Fällung zu suchen. Als Beispiel diente den Aktivisten eine alte Platane an der Mörikestraße, die gefällt werden sollte, dann aber doch erhalten werden konnte.

Hier standen die fünf Erlen. Die Bäume mussten für die Sanierung der benachbarten Tennisplätze weichen.
Hier standen die fünf Erlen. Die Bäume mussten für die Sanierung der benachbarten Tennisplätze weichen. © schy

Bei einem Termin auf dem Gelände des Etuf Anfang vergangenen Jahres sprach erst nichts dafür, dass es aus Sicht der Klimaschützer zu einem Eklat kommen könnte. Vertreter der Unteren Landschaftsbehörde stuften die Erlen als gesund ein und sahen zunächst keine Veranlassung dafür, die vom Etuf beantragte Fällgenehmigung zu erteilen. Zumal, wie es heißt, auf den benachbarten Tennisplätzen keine Schäden durch Wurzeln zu erkennen gewesen seien.

Diese seien erst ersichtlich geworden, als der Boden der Sandplätze geöffnet worden sei, berichtet Etuf-Geschäftsführer Jens Wachowitz. Es wäre wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Wurzeln die Oberfläche der Plätze und die eines angrenzenden Weges, der ebenfalls saniert werden soll, durchbrochen hätten.

Der Etuf wurde 2001 für den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen zertifiziert

Wachowitz betont, dass der Etuf für den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen von der Stadt Essen mit dem Siegel „Ökoprofit“ zertifiziert wurde. „Die Urkunde hängt in meinem Büro.“ Auf dem Vereinsgelände gebe es Insektenhotels und Totholzhaufen. Zwei Tennisplätze seien aufgegeben worden, um sie zu bepflanzen. Soll heißen: Der Verein kümmere sich auf seinem Gelände um den Schutz der Natur. „Wir fällen nur, wenn es zwingend erforderlich ist“, betont Wachowitz.

War es das?

Nach Einschätzung von Maria Lüttringhaus von den „RaumbotschafterInnen“ sei mit Blick auf die fünf Erlen zunächst ein „guter Kompromiss“ erzielt worden. Die Oberflächenwurzeln hätten gekappt werden können, ohne die Bäume dadurch zu schädigen. Was Lüttringhaus als einen guten Kompromiss bezeichnet, war aber nicht von Dauer.

Die Bäume waren durch die Baumschutzsatzung nicht geschützt

Die Stadt Essen erklärte auf Anfrage, dass ein Baumgutachter eine Einschätzung vorgenommen habe zur Frage, ob die Bäume erhalten werden könnten. Ein Eingriff ins Wurzelwerk hätte die Standsicherheit der Bäume gefährdet. Um den Eingriff auszugleichen, wäre es deshalb erforderlich gewesen, die Baumkronen ebenfalls zurückzuschneiden. Um wiederum sicherzustellen, dass die Standsicherheit der Bäume auch bei Belastung gewährleistet ist, hätte der Etuf zweimal pro Jahr sogenannte Zugtests durchführen müssen. Käme jemand durch einen umstürzenden Baum zu Schaden, wäre der Verein haftbar. Dieses Risiko war den Verantwortlichen offensichtlich zu groß.

Laut Wachowitz wurden die Bäume schließlich am 28. Oktober vergangenen Jahres gefällt, mit Genehmigung der Stadt, wie der Etuf-Geschäftsführer betont. Streng genommen hätte der Etuf die Fällung nicht einmal beantragen müssen, da es für das Vereinsgelände einen gültigen Bebauungsplan gibt und es der Landschaftsschutzverordnung von 1974 unterliegt; die Baumschutzsatzung der Stadt Essen trat erst später in Kraft. Es sei nicht die Frage, ob es rechtens gewesen sei die Bäume zu fällen, sondern richtig, sagt Maria Lüttringhaus dazu.

Die Bäume sind nun weg. Alle Bemühungen sie zu erhalten, liefen ins Leere. Wäre es einen Versuch wert gewesen? Oder wäre das Risiko zu hoch gewesen? Die „RaumbotschafterInnen“ sind enttäuscht. Sie werfen der Stadt und dem Verein vor, nicht alles versucht zu haben. Jens Wachowitz betont, letztendlich sei der Etuf ein Sportverein.