Essen-Burgaltendorf. Der Wochenmarkt in Essen-Burgaltendorf hat nur noch einen einzigen Verkaufsstand. Dort bei den „Obstbrüdern“ gibt es Stammkunden und Galgenhumor.

Der Burgaltendorfer Wochenmarkt ist mit einem einzigen Verkaufsstand einer der kleinsten aller Essener Märkte. Die „Obstbrüder“ halten die Stellung. Mit Galgenhumor nimmt Händler Dieter Tischmann die Situation: „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner.“ Dann wird sein Blick jedoch ernst: „Junge Menschen haben eine andere Esskultur und eine andere Einkaufskultur. So ein Wochenmarkt alter Prägung passt da wohl nicht mehr. Früher standen hier die Stände in Zweierreihen. Dann wurden es immer weniger. Jetzt sind nur noch wir übrig geblieben.“

Vielleicht müsse man sich dazu durchringen, auch diesen Markt „sterben“ zu lassen. Wie etwa den in Karnap oder den auf dem Weberplatz. So ein Verkaufsstand auf einem Wochenmarkt sei ein finanzielles Wagnis. Tischmann rechnet vor, was es koste, von Null loszulegen: „Das sind sie alles in allem schnell bei 100.000 Euro. Einen etwa aus Altersgründen aufgegebenen Stand zu übernehmen, kommt natürlich günstiger. Aber sie müssen sogar den mitübernommenen Kundenstamm steuerlich verrechnen. Auf jeden Fall eine spannende Geschichte, wie das weitergeht mit den Essener Wochenmärkten.“

Söhne haben den Betrieb 2022 den Betrieb von den Eltern übernommen

Die „Obstbrüder“ haben offenbar einen längeren Atem als die Kollegen. Immerhin stehen sie auf gleich 13 Essener Wochenmärkten. Inzwischen gibt es sogar einen Lieferdienst. Tischmanns Söhne Dennis und Sven Längert haben 2022 den Betrieb von den Eltern übernommen und sind damit die dritte Generation im 1964 von den Großeltern gegründeten Familienunternehmen. Vater Dieter ist seit 1985 dabei und möchte es ruhiger angehen lassen. Doch das Verkaufen, das Fachsimpeln und der freundliche Austausch mit den Kunden stecken ihm im Blut.

Der Stand der Obstbrüder auf dem Marktplatz in Essen-Burgaltendorf ist der einzige.
Der Stand der Obstbrüder auf dem Marktplatz in Essen-Burgaltendorf ist der einzige. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Auch Verkäufer Cosmin Turcu ist jederzeit für einen Flachs gut, aber ebenso für handfeste Tipps: „Jetzt ist Zeit für Kirschen, Aprikosen, Beeren…“ Michael Steczek bleibt noch stehen und plauscht mit den Händlern. Den Beutel mit dem „Essener Wochenmärkte“-Aufdruck habe er hier zu Weihnachten geschenkt bekommen: „Das sind stabile Taschen. Die können sie so richtig vollpacken.“ Der 79-Jährige ist treuer Stammkunde: „Seit 23 Jahren komme ich hierhin und kannte den Stand schon aus Überruhr. Man hat ein persönliches Verhältnis aufgebaut. Die Mannschaft hier ist nett.“

Es tut weh, dass Essener Wochenmärkte langsam ausbluten

Warum kauft er auf dem Wochenmarkt? „Wir kochen noch selbst. Da wollen wir frische Ware haben und die bekommen wir hier.“ Dass aber immer weniger Kunden so denken und die Wochenmärkte langsam ausbluten, tue ihm in der Seele weh: „Das ist der Zug der Zeit. Ich kann die Uhr auch nicht zurückdrehen. Viele junge Frauen sind heute berufstätig“, glaubt er an einen Unterschied zu früher und die mangelnde Zeit, um auf dem Wochenmarkt einkaufen zu gehen.

Obst und Gemüse gibt es an dem einen Stand auf dem Wochenmarkt in Burgaltendorf – mehr nicht.
Obst und Gemüse gibt es an dem einen Stand auf dem Wochenmarkt in Burgaltendorf – mehr nicht. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die 82-jährige Kundin neben ihm nickt. Ihren Namen möchte sie nicht nennen, nur so viel: „Ich bin Burgaltendorferin. Früher bin ich regelmäßiger zum Markt gegangen, aber ich brauche ja nicht mehr so viel. Früher gab es hier sogar einen Fischstand, doch das lohnt sich wohl nicht mehr.“ Dann zeigt sie ihre Einkäufe vor: „Spargel, Rucola, Möhren, Rhabarber, Schnittlauch. Lauter gesunde Sachen. Heute kommt unser Sohn, dem serviere ich Spargelsalat.“ Sie stutzt: „Jetzt hätte ich doch fast die Radieschen vergessen.“

Cosmin Turcu ist derweil vor den Stand geeilt und packt einem deutlich älteren Kunden die Tasche: „Damit auch ja nichts zerquetscht wird.“

Burgaltendorfer Markt in Essen: Infos und Service Markttage, Erreichbarkeit und Parkplätze

Öffnungszeiten: Der Burgaltendorfer Wochenmarkt an der Alten Hauptstraße 45 ist donnerstags von 7 bis 13 Uhr geöffnet.

Erreichbarkeit: Bis zu den Bushaltestellen „Burgaltendorf Kirche“ und „Gemeindehaus“ der Linien 166 und SB 15 sind es jeweils keine 200 Meter. Da der eine Marktstand nicht viel Platz benötigt, müsste eigentlich genügend Raum fürs Parken bleiben. Doch Cosmin Turcu weist darauf hin, dass die Lehrer der gegenüber liegenden Schulen einen Großteil der Fläche zum Parken nutzen.

Vielfalt des Angebots: Die Auswahl an Obst und Gemüse ist riesig. Dieter Tischmann gibt auch offen zu, dass man durchaus weniger auftischen könnte, aber gerne den einen oder anderen Sonderwunsch erfüllen möchte.

Andere Einkaufsmöglichkeiten: Vom Marktplatz aus sind es keine 300 Meter bis zu einem Mittelzentrum mit kleinen Geschäften und Rewe-Markt. Bis zum Aldi sind es rund 600 Meter.

Snacks und Aufenthaltsqualität: Auf dem Markt selbst gibt es nichts, aber in Richtung Burgruine locken einige Cafés.

Toiletten und Sauberkeit: Eine öffentlich zugängliche Toilette gibt es an der Bushaltestelle „Burgaltendorf Kirche“. Der Marktplatz ist immer picobello.

Preise: Mit überteuerten Preisen dürfe ihm keiner kommen, betont Kunde Michael Steczek: „Aber die Qualität hier ist ihren Preis wert. Für ein gutes Essen muss man doch auch angemessen bezahlen.“ Er verstehe die Mentalität der Jüngeren nicht: „Sie schimpfen auf die großen Konzerne und sind dann bei den kleinen Händlern pingelig.“

Ambiente und Sozialstruktur: Der Marktplatz liegt recht idyllisch unterhalb der katholischen Herz-Jesu-Kirche, im Rücken wogen die Getreidefelder. Etwa zwei Drittel der Kundschaft seien Senioren, meint Dieter Tischmann: „Das sind dann die, die weitgehend zu Fuß zu uns kommen. Die Jüngeren sind doch alle mobil und kommen entweder hierhin oder aber zu unseren Ständen in Überruhr und Kupferdreh. Doch jetzt in den Schulferien sind alle ausgeflogen.“