Essen. In Essens Innenstadt sollen Pkw-Stellplätze wegfallen, um sie für andere Zwecke zu nutzen. Dies fordert eine Mehrheit in der Bezirksvertretung.
Autos raus aus dem Stadtkern! Auf diesen kurzen Nenner lässt sich ein gemeinsamer Antrag von Grünen, SPD, Linken und Die Partei in der für die Innenstadt zuständigen Bezirksvertretung I bringen. Das Ziel: Mindestens 120 Parkplätze zwischen Theaterplatz und Weberplatz sollen für andere Zwecke genutzt werden.
Initiator des politischen Vorstoßes sind nicht etwa, wie man vielleicht vermuten könnte, die Grünen, die sonst gerne für sich in Anspruch nehmen in Sachen Verkehrswende besonders ambitioniert zu sein. Überholt werden sie diesmal von der SPD, namentlich von Urs Wohlthat, bis zu seinem Umzug nach Bergeborbeck Sprecher der Sozialdemokraten in der Bezirksvertretung. Den Antrag habe er gemeinsam mit Genossen aus dem Ortsverein Stadtmitte formuliert, Vertreter der anderen Parteien schlossen sich an. Ihre Motivation: „Wir wollen die Debatte über die Umgestaltung der Innenstadt beleben.“
Pkw-Stellplätze sollen für Gastronomie oder als Spielfläche genutzt werden
Parkende Autos gehören nach Überzeugung der Autoren nicht länger in den engeren Stadtkern, zumindest nicht auf den Straßen. Parkhäuser gebe es genügend, und die seien nicht einmal ausgelastet, eine Parkraumnot sei folglich nicht zu befürchten, bemühen die Verfasser des Antrages, ein oft gehörtes Argument zu entkräften. Zwischen Theater- und Weberplatz sollten Stellplätze und Parkbuchten deshalb umgestaltet werden in Abstellplätze für Fahrräder, in Flächen für Gastronomie, Händler oder damit Kinder dort spielen können. Diverse Diskussionsrunden hätten gezeigt, dass sich viele Bürger mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt wünschten. „Es muss wieder Spaß machen, in die Stadt zu gehen“, heißt es wörtlich.
Der Vorschlag spricht von mindestens 120 Stellplätzen mit einer Fläche von mindestens 1200 Quadratmetern Parkraum, die eingezogen werden sollen, um sie als öffentlichen Raum für alternative Planungen zurückzugewinnen. Die verbliebenen Stellplätze sollten als Anwohner-Parkplätze ausgewiesen werden. Um Fußgängern die Wege bis ins Zentrum rund um den Kennedyplatz zu verkürzen, sollen öffentliche Verkehrsmittel ausgebaut werden; die Antragsteller bringen dafür autonome Kleinbusse ins Spiel und greifen eine vor Jahrzehnten beerdigte Idee wieder auf: eine Straßenbahnlinie durch die Innenstadt; die Stadtverwaltung solle diese Möglichkeit prüfen.
Widerstand gegen die Vorschläge ist programmiert
In der Bezirksvertretung dürfte der Antrag eine Mehrheit finden. Widerstand ist gleichwohl programmiert, insbesondere der Einzelhandelsverband setzt sich dafür ein, dass Kunden die Innenstadt auch in Zukunft mit dem Auto erreichen können, was für die Antragsteller allerdings kein Widerspruch ist. Zuständig für Belange, die den Stadtkern betreffen, ist aber nicht allein die Bezirksvertretung, sondern der Rat der Stadt. Da die Grünen dort mit der CDU kooperieren, glaubt Urs Wohlthat nicht daran, dass auch dort eine Mehrheit den Vorschlägen folgen wird. In der Sache wünsche er sich im Rat eine Diskussion. In Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels gehe es in Sachen Verkehrswende zu langsam, kritisiert Wohthat und verweist auf die zuletzt heißen Tage mit Temperaturen um die 30 Grad.