Essen. Der Bund will den Ausbau der A52 nördlich der Essener Stadtgrenze beschleunigen. Was das für die Verkehrsbelastung in der Stadt bedeuten würde.

Jahrzehntelang bestimmte der Ausbau der A52 die politische Diskussion. Seit das umstrittene Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan unter ferner liefen einsortiert wurde, ist es still geworden um den Autobahnausbau durch den Essener Norden. Nun aber deutet einiges daraufhin, dass die Debatte wieder Fahrt aufnehmen dürfte.

Hintergrund: Der Ausbau der A52 ist eines der Projekte, deren Umsetzung der Bund wegen eines „überragenden öffentlichen Interesses“ per Gesetzgebung beschleunigen will. Auf der von Bundesverkehrsminister Volker Wissing vorgelegten Liste stehen 145 Projekte, allein 66 davon aus Nordrhein-Westfalen.

Konkret geht es nicht um das Trassenstück der A52 durch Essen, sondern um die Erweiterung der Bundesstraße B224 nördlich der Stadtgrenze. Der Ausbau der vielbefahrenen Bundesstraße zur Autobahn wird aber nicht ohne Einfluss bleiben auf die Verkehrsbelastung in der Stadt.

Der Ausbau des 7,6 Kilometer langen Teilstücks zur A52 kostet 575 Millionen Euro

Die Planungen der Bundesautobahn GmbH sehen vor, dass die B224 auf einer Länge von 7,6 Kilometern zwischen dem Autobahnkreuz Essen-Nord und der Anschlussstelle Gelsenkirchen Buer-West in insgesamt drei Bauabschnitten erweitert wird. Für den 3,6 Kilometer langen Teilabschnitt „Bottrop“ sind die Planungen am weitesten fortgeschritten. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahren bereitet die Behörde für die zweite Jahreshälfte 2023 den sogenannten Erörterungstermin bei der Bezirksregierung vor, bei dem Einwände gegen das Vorhaben diskutiert werden. Die Autobahn GmbH geht davon aus, dass die Bauarbeiten im kommenden Jahr beginnen. Man rechnet mit einer Bauzeit von vier Jahren.

Auch der zweite, 1,4 Kilometer lange Bauabschnitt von der Stadtgrenze Bottrop/Gladbeck bis zur A2 befindet sich im Planfeststellungsverfahren, das ebenfalls bereits weit fortgeschritten sei, so ein Sprecher der Autobahnbehörde. Dort rechnet man ebenfalls mit einem Baustart im kommen Jahr.

Die Bauarbeiten nördlich der Essener Stadtgrenze sollen 2024 beginnen

Bis die Bagger anrollen, um den dritten Bauabschnitt nördlich des Autobahnkreuzes Essen/Gladbeck bis zur Anschlussstelle Gelsenkirchen Buer-West zu fertigzustellen, wird noch Zeit verstreichen. Laut Autobahn GmbH werden derzeit die Planunterlagen erstellt. Werden diese von der Bezirksregierung genehmigt, kann das Planfeststellungsverfahren auch für den dritten und letzten Bauabschnitt beginnen. Mit einer Länge von 2,6 Kilometern wird dieser die Lücke zur bestehenden A52 schließen.

Die Bundesautobahn GmbH geht nach derzeitigem Stand von Gesamtkosten in Höhe von 575 Millionen Euro aus. Der Ausbau der durch Staus hoch belasteten B224 zur Autobahn soll den Verkehrsfluss beschleunigen, das Verkehrsaufkommen wird aber spürbar steigen. Die Prognose geht davon aus, dass die Verkehrsbelastung auf dem zur Autobahn ausgebauten Abschnitt südlich und nördlich des Autobahnkreuzes Essen-Nord ab 2030 bei 65.500 Kraftfahrzeugen pro Tag liegen wird. Heute sind es binnen 24 Stunden dort durchschnittlich 52.300 Kfz.

Lobende Worte für den Autobahnausbau gibt es von der Industrie- und Handelskammer

Wie will der Bund den Autobahnausbau beschleunigen? Projekte mit „überragendem öffentlichen Interesse“ erhalten bei Abwägungsprozessen in Genehmigungsverfahren oder bei etwaigen Streitfällen vor den Verwaltungsgerichten ein höheres Gewicht, erläutert ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Dadurch könnten Entscheidungen schneller getroffen getroffen und Verfahren schneller abgeschlossen werden. Im Klartext: Gerichtsprozesse sollen den geplanten Ausbau nicht ausbremsen.

Applaus gibt es dafür von der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Das in der Ampel-Koalition auf Bundesebene verhandelte Paket beinhaltet eine große Chance für Nordrhein-Westfalen und insbesondere für Essen, Mülheim und Oberhausen mit den Autobahnen A3, A40, A42 und A52“, betont IHK-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Groß. Lobende Worte hat die Kammer für die Landesregierung übrig: „Gut, dass Minister Krischer die Vorlage aus Berlin verwertet hat“, so Groß. Das Zusammenspiel zwischen Bund und Land sei wichtig für die Wirtschaft in der MEO-Region.

Bundestagsabgeordneter Kai Gehring rät Bund, lieber Brücken zu sanieren

Dass NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) den Vorschlägen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nur zähneknirschend zugestimmt, lässt die IHK-Geschäftsführerin unter den Tisch fallen. Den Ausbau von Autobahnen betrachten die Grünen nach wie vor kritisch. Essens Bundestagsabgeordneter Kai Gehring legt dem Bund nahe, „schneller marode Brücken zu sanieren, statt neue Straßen zu bauen“.

Ungeachtet der Berliner Bemühungen um mehr Tempo beim Autobahnausbau liegen die Planungen für das Essener Trassenstück von der A40 am Autobahndreieck Essen-Ost und dem Autobahnkreuz Essen/Nord auf Eis. Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan, der die wichtigsten Autobahnprojekte bis 2030 festschreibt, wird die A52 in Essen unter „weitere Projekte“ geführt. Planungen für diesen Teilabschnitt gibt es laut Autobahn GmbH aktuell nicht. Nach dem Ausbau der A52 in Bottrop und Gladbeck ist im weiteren Verlauf der B224 in Essen mit mehr Verkehr zu rechnen. Die Verkehrsprognose rechnet mit 49.500 Kraftfahrzeugen täglich.

Mahnende Worte gibt es mit Blick auf die Berliner Pläne vonseiten der Grünen im RVR-Parlament: „Lokale Verkehrsströme auf Essener Stadtgebiet neu zu denken und intelligent zu lenken, werden durch den geplanten Ausbau der A52 konterkariert.“