Essen. Erstmals haben sich Klimaaktivisten auch in Essen auf eine Straße geklebt und einen Großeinsatz der Polizei provoziert. Wie die Aktion ablief.
Aktivisten der Klimagruppe „Letzte Generation“ haben sich am Freitag Nachmittag an der Ecke Kruppstraße/Hindenburgstraße festgeklebt, es ist ihnen gelungen, den Verkehr zumindest zu stören. Es war in Essen die erste Aktion dieser Art, in Städten wie Berlin gehört derlei zur Tagesordnung.
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Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, regelte zunächst den Verkehr und begann dann, die festgeklebten Blockierer von der Straße zu entfernen. Bei den „Haupt-Klebern“ handelte es sich um zwei Männer und eine Frau, die auf einer der Fahrbahnen der Kruppstraße in Richtung Holsterhausen sitzen, und zwar dort, wo die Autos von der A 40 kommend vorbei müssen.
Eine der meistbefahrenen Kreuzungen in Essen
Die Kreuzung ist vor allem während der Stoßzeiten morgens und spätnachmittags eine der meistbefahrenen in Essen. Die Autos können, von der Polizei geleitet, zunächst aber einfach an den Blockierern vorbeifahren, einige sind trotzdem sauer über die Störung. Ein Autofahrer brüllt: „Ihr Vollidioten!“
Die Polizei sperrt die A 40-Ausfahrt Essen-Stadtmitte in Fahrtrichtung Duisburg dann kurzerhand, auch dies nimmt der Aktion viel Wind aus den Segeln, da nun kaum noch Autos an den blockierten Fahrstreifen herankommen. Besonders wirkungsvoll haben sich die Kleber nicht platziert, nennenswerte Staus gab es während der gesamten Aktion keine.
„Boah, Essen ist aber echt eine krasse Stadt“
Insgesamt sind es neun Aktivisten, die sich mit ihren orangenen Westen als solche zu erkennen geben. Neben den drei auf der Kruppstraße, hat sich eine Frau etwas abseits auf einen Zebrastreifen geklebt - allerdings sehr nah am Fahrbahnrand Richtung Bismarckstraße. Zwei Polizeibeamtinnen stehen um sie herum, sodass die Autos gefahrlos vorbeifahren können.
Passanten haben wenig Verständnis, etliche sind wütend
Die anderen Aktivisten stehen oder sitzen, machen mit Plakaten auf sich aufmerksam. Derweil haben Passanten wenig Verständnis für die Aktion. „Das ist ein richtiges Anliegen, aber der falsche Weg“, sagt eine Frau, die anonym bleiben will. Vielfach schlägt den Blockierern aber auch blankes Unverständnis bis hin zu unflätigen Beschimpfungen entgegen. Etliche Auto- und Motorradfahrer, die auf den nicht blockierten Fahrspuren die Gruppe passieren, hupen oder lassen wütend die Motoren aufheulen. Einer der Aktivisten kommentierte dies so: „Boah, Essen ist aber echt eine krasse Stadt.“
Malte (19) aus Bottrop ist auch wieder dabei
Mit dabei ist auch der in der Szene bekannte Malte Nierobisch aus Bottrop: „Ziviler Ungehorsam ist nötig, um unignorierbar Druck auf die Regierung auszuüben“, sagt der 19-Jährige, der sich mit einem Gemisch aus Sand und Sekundenkleber auf die Fahrbahn geklebt hat - mit einem Spray, was für eine schnellere Verhärtung des Gemisches sorgen soll. Die anderen Aktivisten haben nur Sekundenkleber gewählt.
Nach 18 Uhr erklärt ein Polizist die nicht angemeldete Aktion ultimativ für beendet und fordert noch einmal auf, die Straße zu verlassen. Schon wegen der Kleberei bleibt das aber zunächst wirkungslos. Dann beginnt die zahlenmäßig noch einmal verstärkte Polizei mit der mühseligen Prozedur, die drei Hauptkleber von der Straße frei zu bekommen. Dabei ging es recht cool zu: „Ich nehme an, Sie haben keine Allergie gegen Sonnenblumenöl?“, fragt ein Beamter höflich.
Gegen 19 Uhr sind zwei der drei Geklebten dank Öl und Holzspachteln befreit, nur Malte, der junge Mann mit dem Sand-Mischung, ist noch immer schwer von der Kruppstraße zu trennen. Um 19.30 Uhr gelingt aber auch das, mit einem Hammer wird Maltes kleine Sandburg vom Asphalt entfernt.
Fazit der Aktion: Verletzt wurde niemand, rund 40 Polizisten waren über Stunden gut beschäftigt, einige Autofahrer hatten Blutdruck, und ob das Klimathema einen Schritt weitergekommen ist, muss hier offenbleiben. Vier der Neun mussten mit auf die Wache, Nötigung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz lautet der Vorwurf.
Klima-Gruppe will mit Blockaden auch Druck auf Bürgermeister ausüben
Begründet wurde die Blockade-Aktion in einer Mitteilung der Klima-Gruppe mit der Absicht, Druck auf die Bürgermeister von Städten auszuüben. Diese sollen sich mit dafür einsetzen, die Nutzung fossiler Rohstoffe schon bis zum Jahr 2030 komplett zu beenden. Bürgermeister, die sich kooperativ im Sinne der Blockierer zeigten, erhielten quasi zur Belohnung die Zusage, dass ihre Städte von Blockaden verschont würden
Bisher begnügte sich die „Letzte Generation“, die so heißt, weil sie eine Art klimawandelbedingten Weltuntergang befürchtet, in Essen mit weniger spektakulären Aktionen, etwa Protest vor der RWE-Zentrale.
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