Essen. Die Evangelische Kirche hatte zum „Tag der Seelsorge“ in die Marktkirche geladen. Gesucht werden Leute, die „Erste Hilfe für die Seele“ leisten.
Wo bekommt man Hilfe beim Verlust eines Angehörigen? Wer hört zu, wenn der Arzt mitteilt, dass man schwer erkrankt ist? Diese Fragen wurden am Samstag (25. 3.) ausführlich beantwortet, als die evangelische Marktkirche in der Essener Innenstadt ihre Türen für alle öffnete, die sich für das Thema „Seelsorge“ interessieren.
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Das Netzwerk der Essener Seelsorge zeigte Hilfsangebote auf und knüpfte Kontakte zu Bürgerinnen und Bürgern, die sich dafür interessieren, selbst ehrenamtlich bei der Seelsorge der evangelischen Kirche mitzuwirken. „Es ist ein großer Schatz, dass die Menschen bereit sind, Seelsorge zu leisten, und ich freue mich, dass wir heute aufzeigen können, wie vielfältig das Hilfsangebot in unserer Stadt ist“, betont Jan Vicari, Pfarrer der Marktkirche in der Innenstadt.
Unter anderem waren Ehrenamtliche der Notfallseelsorge vor Ort und informierten über ihre Arbeit: „Wir in der Notfallseelsorge sind eine wichtige Stütze in Extremsituationen, wie Todesfällen im häuslichen Bereich oder bei Verkehrsunfällen. Wir leisten Erste Hilfe für die Seele und sind auch oft dabei, wenn die Polizei Angehörigen eine Todesnachricht überbringt “, erzählt Michael Lux, der als ehrenamtlicher Betreuer in der Notfallseelsorge arbeitet und hauptberuflich Lehrer ist.
Seelsorge im Krankenhaus – nicht nur für Patienten
Das Team besteht aus insgesamt 38 Mitarbeitenden, die oft die Ersten sind, denen sich Menschen, die einen schweren Schicksalsschlag erleiden mussten, anvertrauen. Nach dieser „Ersten Hilfe für die Seele“ übernimmt in vielen Fällen, vor allem im Krankenhaus, die Krankenhausseelsorge die weitere psychische Versorgung der Betroffenen. Sie ist in jedem Essener Krankenhaus vertreten und nicht nur für Patienten und deren Angehörige da, wie Jens Schwabe-Baumeister, Pfarrer und Krankenhausseelsorger im Philippusstift Essen, erklärt: „Wir sind ebenso für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses ein wichtiger Ansprechpartner, denn auch hier darf man nicht vergessen, dass die Menschen viele schlimme Dinge miterleben und sehen, die auch ihre Psyche sehr belasten können.“
Die Krankenhausseelsorge ist oft einfach für ein Gespräch da, versucht Perspektiven in noch so schwierigen Situationen zu geben, möchte aber auf keinen Fall missionieren, wie Schwabe-Baumeister betonte: „Wir sind für alle Religionen da, auch wenn jemand eigentlich gar nicht gläubig ist, jedoch die Angst bei etwa einer schweren Krankheit so groß ist, dass ein Gebet etwas Hoffnung schenkt. Dann beten wir auch für die betroffene Person.“
Grüne Damen: Manchmal holen sie auch einfach nur ein Eis
Unterstützend in vielen Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen gibt es außerdem die Grünen Damen und Herren. Sie besuchen Bewohner und Patienten, machen Spaziergänge mit Menschen, die alleine nicht dazu in der Lage wären. Sie führen Gespräche oder besorgen bei Bedarf auch einfach einmal ein Eis, erzählte Sylvia Rominsky von den Grünen Damen und Herren.
Ein weiteres, wohl recht bekanntes Hilfsangebot stellte Elisabeth Hartmann, Stellenleiterin der Telefonseelsorge Essen vor: „Wir sind mit insgesamt 120 ehrenamtlichen Mitarbeitenden seit über 60 Jahren rund um die Uhr im Einsatz und bieten jederzeit ein hilfreiches Gespräch an. Am Tag erhalten wir rund 50 Anrufe, seit der Corona-Pandemie steigt die Tendenz deutlich.“
Der häufigste Grund für die Suche nach einem Gespräch sei Einsamkeit. Auch die Anzahl der suizidalen Gedanken sei seit der Corona-Krise sehr stark angestiegen, so Elisabeth Hartmann. Die Telefonseelsorge hat zuletzt ihr Hilfsangebot ausgeweitet, um vor allem mehr junge Menschen zu erreichen: Sie können sich nun per Mail-Seelsorge schriftlich mit den Ehrenamtlichen austauschen.
Um auch Menschen mit einer Kommunikationsbehinderung adäquate Hilfsangebote machen zu können, gibt es zudem die Gehörlosen- und Schwerhörigenseelsorge. „Wir haben die Möglichkeit, Seelsorge auch in Gebärdensprache anzubieten und können somit den Menschen, die nicht in der Lage sind, die normale Unterstützung in Anspruch zu nehmen, zur Seite stehen und sie durch schwierige Situationen begleiten“, so Volker Emler, Pfarrer und Ansprechpartner für die Gehörlosen- und Schwerhörigenseelsorge.
Um die stetig steigende Zahl der Hilfegesuche in Essen bewältigen zu können, ist das gesamte Netzwerk der Seelsorge auf weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer angewiesen.