Essen-Rüttenscheid. . Max Strecker ist neuer evangelischer Seelsorger am Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid. Zuhören und Halt geben sind seine wichtigsten Aufgaben.

Im kleinen Büro von Max Strecker ist von Weihnachten keine Spur, „ich bin ja kaum dazu gekommen, meine Kisten auszupacken“, sagt der evangelische Pfarrer fast entschuldigend. Viel wichtiger aber sei ohnehin, bei den Patienten anzukommen: Seit Oktober ist der 55-Jährige neuer Seelsorger am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid.

Eines hat ihn schon jetzt überrascht: „Die Patienten öffnen sich erstaunlich schnell. Für viele ist es gut mit jemandem zu reden, der keinen weißen Kittel trägt.“ Dabei haben Strecker und sein katholischer Kollege Ulrich Altegör auch ein offenes Ohr für das Klinikpersonal, das nicht selten an die Grenze der psychischen Belastung geht.

Glauben wird auf eine harte Probe gestellt

„Wir stehen unter absoluter Schweigepflicht. Selbst Menschen, die ihr Leben lang nicht gläubig waren, verspüren oft den Wunsch, mit einem von uns zu reden“, erinnert sich Strecker an eine Frau, Mitte 40, die er kürzlich am Sterbebett begleitete. „Natürlich haben auch wir keine Antwort auf die Frage, was nach dem Tod passiert. Das ist das letzte große Abenteuer. Aber wir können zuhören und nehmen uns Zeit, das ist das Wichtigste“, sagt Max Strecker.

Dass die Menschen in ihrem Glauben an Gott in einem von Leid und Schmerzen bestimmten Klinikalltag auf eine harte Probe gestellt werden oder ihn gar ganz verlieren, daraus macht der Pfarrer keinen Hehl. „Gott ist ‘raus aus der Nummer“ habe ein junger Vater neulich zu ihm gesagt, als sein zweieinhalbjähriges Kind im Sterben lag.

„Ich hatte in der Nacht meine erste Rufbereitschaft, die teilen wir uns unter allen Klinik-Seelsorgern in Essen auf. Der Anruf kam aus der Uniklinik. Die Mutter des Kindes wollte gerne einen Pfarrer an ihrer Seite. Ich habe die Familie dann über die ganze Nacht begleitet, bis die Maschinen abgestellt wurden und das Kind in den Armen seiner Eltern verstarb. Natürlich begleitet eine solche Erfahrung einen bis heute. Es war todtraurig und berührend zugleich, wieviel Liebe diesem Kind entgegengebracht wurde“, sagt Max Strecker.

Krupp-Stiftung finanziert Stelle mit

Das Bedürfnis, getröstet und gehalten zu werden, habe jeder Mensch in gewissen Situationen – völlig unabhängig von seiner Religiosität, davon ist Strecker überzeugt. „Wir Seelsorger haben dann unsere Instrumente in Form von Gesprächsführung im Gepäck, mit denen wir helfen können“, sagt Strecker, der mehrere psychologische Zusatzqualifikationen besitzt und zuletzt als Seelsorger der Uni Duisburg-Essen viele Erfahrungen sammelte.

Die Seelsorgerstelle im Krankenhaus wird zum einen Teil von der evangelischen Kirche, zum anderen Teil durch die Krupp-Stiftung finanziert. Nachdem sein Vorgänger Jens Schwabe-Baumeister nach 16 Jahren zu den Kliniken Essen-Mitte gewechselt war, sei schnell der Entschluss zur Neubesetzung der Stelle erfolgt. „Das ist nicht selbstverständlich“, lobt Strecker die Krupp-Stiftung.

Sie betreibt mit der Altenhof-Kapelle im Schatten des Krankenhauses zudem das wohl schönste Klinik-Gotteshaus der Stadt: Für den Bau der mittlerweile überkonfessionellen Kapelle hatte Friedrich Alfred Krupp 1896 eine eigene Stiftung ins Leben gerufen.