Essener Süden. In einigen Wohngebieten im Essener Süden gibt es mehr kühle Luft als in anderen. Das wird in heißen Sommern zum Standort-Vorteil.

Hitze, Wasserknappheit und Starkregenereignisse nehmen durch den Klimawandel zu. Für die Zukunft sind die Essener Stadtteile unterschiedlich aufgestellt, ergibt eine von der Stadt Essen beauftragte Klimaanalyse. Viele der Wohnsiedlungen im Süden der Stadt sind lockerer bebaut, verfügen über Gärten und liegen oft nicht weit von größeren Grünflächen wie Parks, Wäldern und Feldern entfernt. Ein großer Pluspunkt, denn hier gibt es Schatten, Wasser kann versickern und wieder verdunsten.

Doch das allein verschafft den Bewohnerinnen und Bewohnern dort in heißen Sommern nicht automatisch mehr Abkühlung. Entscheidend ist auch die Lage und die Richtung, in die sich Luftmassen bewegen. Die Klimaanalyse zeigt auf, welche Wohnlagen wirklich davon profitieren und warnt teilweise auch vor weiterer Verdichtung durch Neubauprojekte. Der Überblick:

Mehr Bäume entlang Verkehrsachse in Bredeney empfohlen

Aufgelockert und „durchgrünt“ ist die Siedlungsstruktur von Bredeney laut Klimaanalyse. Bis auf eine kleine Ausnahme: Der Bereich zwischen dem Bredeneyer Kreuz und dem Wochenmarkt ist stark versiegelt. Hier wird die Begrünung von Innenhöfen, Dächern und Fassaden empfohlen sowie entlang der Bredeneyer Straße die Pflanzung schattenspendender Bäume. Zu potenziell erhöhten Immissionen in den angrenzenden Wohngebieten könnte der Verkehr auf der A52 und der B224 führen.

Entlang der Hauptverkehrsstraßen von Essen-Bredeney werden Baumpflanzungen empfohlen.
Entlang der Hauptverkehrsstraßen von Essen-Bredeney werden Baumpflanzungen empfohlen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Kennzeichnend für Bredeney ist aber auch der hohe Waldanteil. „Der Heissiwald, Krupp-Wald und Stadtwald zeichnen sich durch sehr geringe bioklimatische Belastungen aus und haben eine lokale bis (über-)regionale Bedeutung als klimatische Erholungsräume und Frischluftproduzenten“, heißt es in der Analyse. „Zudem weisen sie aufgrund des ausgeprägten Reliefs eine teils hohe Kaltluftproduktion auf.“ Diese Kaltluftmassen sorgen allerdings nicht für einen kühlenden Effekt in den Bredeneyer Wohngebieten, weil sie reliefbedingt in Richtung Ruhrtal abfließen. Allzu kritisch ist das für den Wohnstandort wegen der lockeren Bebauung mit Grünflächen den Expertinnen und Experten zufolge jedoch nicht.

Klima-Oasen in Stadtwald, Rellinghausen und Bergerhausen

Eine eher lockere Bebauung mit ausreichend Grün gibt es auch in Bergerhausen, Rellinghausen und Stadtwald, zudem gibt es eine geringe Entfernung zu großen klimatischen Ausgleichsräumen, wie dem Stadtwald, dem Schellenberger Wald, dem Walpurgistal oder dem Siepental.

„Diese weisen teilweise Grünvernetzungsstrukturen auf und dienen als wichtige Klima-Oasen mit wohnnaher Freizeit- und Erholungsfunktion, sogar mit regionaler Bedeutung“, so das Expertenteam. „Zudem sind die Wälder aufgrund der Filterfunktion für gas- und partikelgebundene Luftschadstoffe als Frischluftproduzenten anzusehen.“ Von den Kaltluftmassen aus den Wäldern können die Bewohnerinnen und Bewohner in Bergerhausen, Rellinghausen und Stadtwald jedoch in den meisten Fällen nicht profitieren, weil sie erhöht oder sogar auf Kuppen wohnen.

„So fließen beispielsweise die Kaltluftmassen aus dem Schellenberger Wald in das Ruhrtal ab und haben somit keine Relevanz für die Bebauung von Stadtwald und Rellinghausen“, heißt es. „Aufgrund der in weiten Teilen lockeren und gut durchgrünten Bebauungsstrukturen in diesen Stadtteilen ist die mangelnde oder fehlende Kaltluftversorgung allerdings hier nicht so kritisch zu bewerten.“ In jedem Fall sei die aufgelockerte und durchgrünte Bebauungsstruktur zu erhalten, nur teilweise seien maßvolle Nachverdichtungen durch die Schließung von Baulücken stadtklimatisch vertretbar.

Gutes Bioklima: Margarethenhöhe, Fulerum und Haarzopf

Ausreichend Grün und die Nähe zu Wäldern und Parks gibt es auch in den Stadtteilen Fulerum, Margarethenhöhe und Haarzopf – wegen der Kuppenlage einiger Teile Haarzopfs und der Margarethenhöhe kommt aber hier keine zusätzliche kalte Luft an. Grundsätzlich sind die bioklimatischen Verhältnisse in den Stadtteilen laut Analyse positiv zu bewerten, weshalb auch hier empfohlen wird, die Bebauungsstruktur beizubehalten.

In Essen-Haarzopf können aus stadtklimatischer noch einige Baulücken geschlossen werden, die Grüngürtel im Süden sollen aber erhalten bleiben.
In Essen-Haarzopf können aus stadtklimatischer noch einige Baulücken geschlossen werden, die Grüngürtel im Süden sollen aber erhalten bleiben. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Eine Ausnahme: „Insbesondere in Haarzopf sind allerdings maßvolle Nachverdichtungen durch Schließung vereinzelter Baulücken möglich.“ Am südlichen Siedlungsrand von Haarzopf soll es dennoch zum Schutz der Kalt- und Frischluftproduktionsflächen sowie zur Vermeidung einer Zersiedelung der Landschaft eine klimatische Baugrenze geben. Die bestehenden Grün-, Freiland- und Waldflächen sollen erhalten bleiben.

Südostviertel und Huttrop sollen baulich nicht weiter verdichtet werden

Im Essener Stadtbezirk I wird dem Moltkeplatz im Südostviertel und großen Teilen von Huttrop im Gegensatz zur Innenstadt eine „deutlich lockerere und offenere Bebauungsstruktur mit erhöhtem Grünanteil“ attestiert. Ein Pluspunkt sind zum Beispiel die Parkanlage am Moltkeplatz, der Parkfriedhof in Huttrop und das Siepental.

Die Grünflächen und Gärten innerhalb der Bebauung werden als „kleinräumige Klimaoasen“ gewertet, die etwas gegen nächtliche Wärmeinseln ausrichten können. Punktuell könne die Wärmebelastung tagsüber im Sommer jedoch auch hier erhöht sein. Hier gilt wie für die meisten Teile des Stadtbezirks die klare Empfehlung: „Da auch diese Bereiche keine Anbindung an große klimatische Ausgleichsflächen des Umlandes aufweisen, sollten die aufgelockerten und durchgrünten Bebauungsstrukturen erhalten bleiben und zur Wahrung der positiven klimatischen Bedingungen sollte keine weitere bauliche Nachverdichtung erfolgen.“