Essen. Das bange Warten auf Schließungspläne hat bald ein Ende. Kündigungen in der Galeria-Zentrale sind derweil kaum nötig: Die Leute gehen von allein.

Die Stimmung? „Grottig“, sagt einer, der es wissen muss. Der Krankenstand? In Teilen enorm hoch, kein Wunder. Seit Monaten schon liegen beim Kaufhaus-Riesen Galeria Karstadt Kaufhof erklärtermaßen „die Nerven blank“: Welche Filiale wird im Zuge des laufenden Insolvenz-Verfahrens geopfert, welche hat Zukunft? Das soll, so hieß es am Montag auf einer Betriebsräte-Konferenz, am 13. März feststehen. Auch im Limbecker Platz werden sie vorsichtshalber ein paar Flaschen Sekt kaltstellen.

In der Hoffnung, dass man am Montag die Korken knallen lassen kann und nicht zum Selters greifen muss. Bis zuletzt wird verhandelt, heißt es, wobei die Skeptiker in der Mehrheit scheinen: All jene, die den Fortbestand der 20.000 Quadratmeter großen Essener Galeria-Landschaft im Einkaufszentrum arg anzweifeln, zumal das Haus doch schon vor drei Jahren auf der Streichliste stand und erst in letzter Minute heruntergenommen wurde. Auch diesmal sehen Immobilien-Fachleute für den Kaufhaus-Magneten am Limbecker Platz eher schwarz.

Laden zu, wenn das Aus kommt: Es verkauft sich so schlecht mit tränenerstickter Stimme

Immerhin, für das Netz des Kaufhaus-Riesen insgesamt, fällt der Kahlschlag nicht ganz so brutal aus wie anfangs befürchtet. Zwischendurch hatten die Arbeitnehmer-Vertreter das Aus von bis zu 90 Filialen an die Wand gemalt, jetzt spricht man von „40 bis 60 Häusern“. Und wenn nicht schon vor Montag, dem Termin der Aufsichtsratssitzung und Galeria-„Tag der Wahrheit“, Informationen durchsickern, dann solle man, so fordern die Betriebsräte, doch erst einmal alle Galeria-Standorte so lange geschlossen halten, bis die Entscheidung verkündet ist. Und hernach all jene Häuser, für die das Aus dann bittere Wahrheit wird, den Tag über auch gar nicht erst öffnen. Es verkauft sich so schlecht mit tränenerstickter Stimme.

Wer zuletzt lacht: Im August 2020 konnten Galeria-Chef Miguel Müllenbach und Oberbürgermeister Thomas Kufen gemeinsam mit Filialleiter Uw Mönninghoff, Abteilungsleiter Jörg Otto und Betriebsrats-Chefin Sandra Türnau die Schließungs-Schilder noch abhängen.
Wer zuletzt lacht: Im August 2020 konnten Galeria-Chef Miguel Müllenbach und Oberbürgermeister Thomas Kufen gemeinsam mit Filialleiter Uw Mönninghoff, Abteilungsleiter Jörg Otto und Betriebsrats-Chefin Sandra Türnau die Schließungs-Schilder noch abhängen. © Kerstin Kokoska / Funke Foto Services

Lenken Unternehmensleitung und Insolvenzverwalter ein, dann wird man am Montag also zu vorgerückter Stunde an den geöffneten oder geschlossenen Karstadt-Glastüren im Limbecker ablesen können, wie der Plan für die Essener Filiale mit ihren etwa 120 Beschäftigten aussieht.

Gute Job-Aussichten für Leute aus der Zentrale: Stadt und zwei Firmen stehen bereit

So zynisch sich das anhören mag: In der Galeria-Zentrale an der Theodor-Althoff-Straße kann die Belegschaft den anstehenden Entscheidungen eher gelassen entgegensehen. Denn erstens schrumpfte die Zahl der hier gefährdeten Jobs, für die sogar schon Namenslisten kursierten, auf zuletzt „nur“ noch rund 220 Personen. Zweitens ist ein Großteil dieser Zahl schon durch Kündigungen jener Mitarbeiter erreicht, die – zermürbt von der andauernden Sorge um den Arbeitsplatz – inzwischen von sich aus das Weite gesucht haben. Und drittens stehen für all jene, die noch nichts Neues haben, die Job-Aussichten durchaus gut: Sowohl die Essener Stadtverwaltung als auch zwei große Unternehmen haben großes Interesse an der Übernahme von Bürokräften signalisiert.

Schwieriger sieht es im Falle eines Falles für die Belegschaft im Logistikzentrum an der Hafenstraße aus, das gemeinsam mit einem weiteren Lager in Unna das Galeria-Filialnetz mit Ware bestückt. Rund 640 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dem Standort in Vogelheim können nur hoffen, dass ein deutlich ausgedünntes Filialnetz nicht einen der Standorte überflüssig macht – und sie womöglich den Job kostet.

Streit um das neue Regional-Modell „Horizon“ mit neu verteilten Kompetenzen

Bei der Gewerkschaft haben sie darauf genauso ein Auge wie auf den Streit zwischen der Unternehmensleitung und dem Team des Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz: Das Letzterer einem Kreis von fünf Regionalleitern in einer Art Direktorenrang mehr Entscheidungs-Kompetenzen zugestehen will – bei Personal, Sortiment und Ausrichtung – stößt an der Firmenspitze, die gerne das letzte Wort hätte, auf Widerstand. „Da knallt’s richtig“, sagt ein Betriebsrat und spricht von einem „reinen Machtgeschachere“.

„Horizon“ heißt das Konzept auf Englisch, „Horizont“ also. Und hinter dem geht es bekanntlich weiter.