Essen. Investor Whitefield wollte die angeschlagene Essener Harfid-Gruppe wieder auf die Beine stellen. Jetzt gibt es eine überraschende Ankündigung.
Die Rettung der finanziell schwer angeschlagenen Essener Harfid-Gruppe droht jäh zu scheitern. Die Whitefield-Gruppe, die im vergangenen Oktober noch vollmundig angekündigt hatte, als Investor und Sanierer bei Harfid einsteigen zu wollen, hat überraschend einen Rückzieher angekündigt. „Wir haben die Reißleine gezogen und werden den Vertrag mit Harfid auflösen“, erklärte Whitefield-Inhaber Gebro Aydin Tasci am Freitag (17. Februar) gegenüber unserer Redaktion. Harfid hingegen bestreitet auf Anfrage energisch, dass Whitefield das Recht habe, vom Vertrag zurückzutreten.
Am Premium-Sponsoring für den sportlich wie finanziell gebeutelten Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 will Whitefield trotz eines Rückzuges bei Harfid festhalten. „Der Klub spielt in dieser Region eine so wichtige Rolle, wir werden ihn nicht im Regen stehenlassen“, fügte der Geschäftsmann hinzu.
Die Whitefield-Geschäftsleitung macht erneut kein Hehl daraus, dass sie sich von Harfid „arglistig getäuscht“ fühlt. Daher könne der Vertrag keinen Bestand haben. Nach der Insolvenz der Harfid GmbH – der Bausparte – sei die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe im vergangenen Herbst von der Harfid-Geschäftsführung viel rosiger dargestellt worden, als sie tatsächlich war. Whitefield war Ende Oktober 2022 noch davon ausgegangen, Harfid binnen sechs bis acht Wochen wieder auf die Beine stellen zu können.
Whitefield steht zu Schalke-Sponsoring: „Wir lassen den Klub nicht im Regen stehen“
Vier Monate später macht sich auf beiden Seiten – bei Whitefield wie bei Harfid – Verbitterung breit. Insider gehen von einer hohen Überschuldung der Harfid-Gruppe aus, dem Vernehmen nach soll es sich um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag handeln. Nach Darstellung der Whitefield-Geschäftsleitung sollen inzwischen nicht weniger als 23 Insolvenzanträge enttäuschter Gläubiger vor liegen.
Der letzte Tropfen, der das Fass für Whitefield zum Überlaufen brachte, sei eine weitere Geld-Forderung von rund acht Millionen Euro gewesen, die dieser Tage aufgeploppt sei. „Wir haben schon viel Geld verloren und wollen bei Harfid kein weiteres Geld mehr reinwerfen“, erklärte daraufhin die Whitefield-Geschäftsleitung. Nach dem geplatzten Deal, so heißt es, gehe es nun in erster Linie um Schadensbegrenzung. Man steige mit einem „blauen Auge“ aus dem Harfid-Engagement aus.
Überregionale Bekanntheit hatte das Essener Bauunternehmen durch sein Fußball-Sponsoring bei gleich zwei Traditionsvereinen des Ruhrgebiets erzielt. Beim Drittligisten Rot-Weiss Essen war Harfid seit 2019 Hauptsponsor, bei Schalke 04 seit der Saison 2020/21 ein so genannter Ärmel-Sponsor. Davon ist infolge der Turbulenzen nichts mehr übrig geblieben. Den Platz auf RWE-Trikot hat seit der Rückrunde der neue Sponsor „Deutsche Saatgut GmbH“ übernommen – und Premium-Sponsor bei Schalke 04 ist seit Januar Whitefield: nicht nur auf dem Trikotärmel, sondern auch auf der Bande.
Essener Bauunternehmen macht Corona und Ukraine-Krieg für schwierige Lage verantwortlich
Ganz rund läuft das Sponsoring für die Königsblauen trotz dieser Rochade immer noch nicht. Denn Whitefield muss nicht nur das Sponsoring in der laufenden Rückrunde stemmen, sondern eigenen Angaben zufolge auch noch für Alt-Schulden von Harfid geradestehen. Offen seien jetzt noch Schulden von drei Millionen Euro. Gleichwohl beteuert die Whitefield-Geschäftsleitung: „Schalke wird sein Geld bekommen.“
Das Bauunternehmen ist von Harfid Hadrovic (45) gegründet worden, der in den 1990er-Jahren als bosnischer Bürgerkriegsflüchtling nach Deutschland kam, zunächst eine Maurerlehre absolvierte und an der Universität Duisburg-Essen den Titel „Dr. Ing“ erwarb. Innerhalb weniger Jahre stieg Harfid zu einem wichtigen Akteur in der Region auf.
Für die schwierige Lage des Unternehmens machte die Harfid-Gruppe mit zwischenzeitlich rund 300 Beschäftigten in erster Linie die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges verantwortlich. Zuerst ging Mitte September 2022 die GmbH in die Insolvenz, dann an Heiligabend auch die Hochbau-Tochter. Als Insolvenzverwalter ist in beiden Fällen der Essener Rechtsanwalt Dr. Biner Bähr bestellt worden.
Die Verantwortung für zum Teil seit Monaten nicht gezahlte Gehälter an Beschäftigte der Harfid-Holding weist Whitefield von sich. „Was wir an Löhnen haben zahlen müssen, haben wir gezahlt“, betont der Whitefield-Inhaber und verweist auf Dankesschreiben von Beschäftigten. Für noch offenstehende Gehaltszahlungen sei nicht Whitefield, sondern die Geschäftsführung der Holding zuständig.
Mit dem Abstieg der Harfid-Gruppe haben sich offenbar auch ehrgeizige Pläne zerschlagen, an der Hindenburgstraße/Ecke Hachestraße (früher Geno-Bank) eine neue Firmenzentrale zu errichten. Schlimmer noch: Spätestens am 1. März muss Harfid die 2000 Quadratmeter große Etage im Deutsche Bank-Gebäude an der Lindenallee räumen, so die Whitefield-Geschäftsleitung.