Essen. Die Vermarktung ehemaliger Bergbauflächen in Essen und Bottrop soll Fahrt aufnehmen. So geht es weiter mit „Freiheit Emscher“.

Für die einen ist es ein Jahrhundertprojekt, für andere der letzte große Schritt des Strukturwandels der Region: An großen Worten mangelte es nicht im Rat der Stadt Essen, als dieser am Mittwoch die „Entwicklungsgesellschaft Freiheit Emscher“ auf den Weg brachte. Unter deren Dach wird Essen gemeinsam mit Bottrop und der RAG Montan Immobilien GmbH ehemalige Bergbauflächen entwickeln und vermarkten. „Flächen, die an das Ruhrgebiet der 1960er und 1970er Jahre erinnern und die heute aussehen wie eine Mondlandschaft“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen. Daraus werden sollen blühende Landschaften.

Es ist eine Mammutaufgabe, die sich die Partner vorgenommen haben für ein Gebiet – 1700 Hektar groß, zu beiden Seiten des Rhein-Hernekanals gelegen –, das vom Rand ins Zentrum rücken soll. 2016 haben beide Städte dieses interkommunale Projekt mit der RAG als Partner angestoßen. Nun wird es ernst. Die gemeinsame Entwicklungsgesellschaft soll die Fäden zusammenführen, damit Wirklichkeit wird, was sich bislang anhand von bunten Plänen nur erahnen lässt: Gewerbe, Forschung, Kultur und Freizeit, wo sich einmal Förderräder der Zechen drehten.

Konkret geht es um fünf Flächen: Emil-Emscher (31 Hektar) und Coelln-Neuessen (33 Hektar) auf Essener Stadtgebiet, das ehemalige Kohlenlager Sturmshof (20 Hektar) auf der Stadtgrenze sowie die Welheimer Mark (27 Hektar) und Prosper II (15 Hektar) in Bottrop.

Die Entwicklungsgesellschaft Freiheit Emscher erwirbt die Flächen von der RAG

Der Ansatz: Die Entwicklungsgesellschaft erwirbt Flächen vom Eigentümer RAG, entwickelt diese und veräußert die Grundstücke möglichst gewinnbringend weiter. Als Starthilfe wird sie von drei Gesellschaftern mit insgesamt rund 7,2 Millionen Euro ausgestattet. Das soll für die ersten drei Jahre reichen.

Auf insgesamt 22 Millionen Euro haben Gutachter den Wert der fünf Entwicklungsflächen taxiert, wobei es sich um eine vorsichtige Schätzung handelt. Unwägbarkeiten schlummern im Untergrund in Form von Altlasten. Emil-Emscher an der B224 wäre das Filetstück und allein 15 Millionen Euro wert. Ende des Jahres soll das ehemalige Zechengelände aus der Bergaufsicht entlassen werden. Es wäre die erste Fläche, die an den Markt gebracht werden dürfte.

Nicht alles, was nach einer glänzenden Zukunft klingt, wird sich vergolden lassen. Für einen symbolischen Euro soll das Areal Sturmshof veräußert werden. Ein schwieriger Baugrund, besagte Altlasten und Rohrleitungen, die über das Gelände verlaufen, schränken dessen zukünftige Nutzung ein.

Entwässerung und Verkehrserschließung schlagen mit Millionen zu Buche

Die Sorge, dass die Kosten am Ende womöglich gar höher ausfallen könnten als der Ertrag, wurde im Rat vorsichtig am linken Rand formuliert. „Die RAG darf nicht aus der Verantwortung entlassen werden“, forderte Ratsfrau Heike Kretschmar. Denn laut Gesellschaftervertrag darf sich die RAG ein Jahr nach dem Auslaufen der Bergaufsicht aus der Entwicklungsgesellschaft zurückziehen. Danach müsste die RAG nicht mehr als Verursacher für die Beseitigung von Altlasten zur Kasse gebeten werden. Im Rat warb Oberbürgermeister Kufen für Vertrauen: „Die RAG ist ein Partner, den wir seit 100 Jahren kennen.“ Eine Verpflichtung zum Ankauf von Grundstücken gibt es laut Gesellschaftervertrag übrigens nicht.

Nicht nur die Aufbereitung der Flächen lässt gewaltige Summen erwarten, die aufgebracht werden müssen. Mit 58 Millionen Euro schlagen nach dem Stand der Dinge die Entwässerungskosten zu Buche. Weitere 110 Millionen Euro werden für die verkehrliche Erschließung veranschlagt. „Alleine werden wir das nicht schaffen“, sagte OB Kufen. Die Partner setzen auf die finanzielle Förderung durch das Land, den Bund und die Europäische Union. Gelder soll dort die Entwicklungsgesellschaft einwerben.

Bei allen Unwägbarkeiten überwiegt die Hoffnung, weil Freiheit Emscher „Zukunftsperspektiven bietet für ein Gebiet, das für unsere Entwicklung bislang nicht zur Verfügung stand“, so Kufen. Und das, so die Erwartung, im Erfolgsfall ausstrahlt auf die gesamte Region.

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