Essen. Böllerwurf aus dem MSV-Fanblock führte zu vier Verletzten, und auch die RWE-Fans hatten einen unrühmlichen Auftritt. So reagiert Rot-Weiss Essen.
Ein umkämpftes Spiel, packende Zweikämpfe: Auf dem Platz brachte das Derby zwischen Rot-Weiss Essen und dem MSV Duisburg am Sonntag im Stadion an der Hafenstraße alles mit, was sich Fans von einem solchen Spiel versprechen. Doch nach dem Spiel überschatteten Gewalt und Verletzte den Eindruck eines Fußballfestes. Der traurige Höhepunkt: Durch einen Böllerwurf aus dem Duisburger Fanblock wurden nach Angaben der Polizei vier Personen verletzt.
Der Sprengkörper war unmittelbar nach Spielende im Gästeblock gezündet und von dort in den Sitzplatzbereich der Gottschalk-Tribüne geschleudert worden, wo RWE-Fans die Partie verfolgt hatten. Durch die Detonation erlitten drei Ordner und eine Zuschauerin Knall-Traumata und teilweise Verbrennungen an der Haut. Zwei der Verletzten wurden zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht, berichtete Polizei-Sprecher Thomas Weise.
Im Kurznachrichtendienst Twitter meldete sich ein weiterer Geschädigter: „Mein Kind hört auf beiden Ohren nur ein Piepen. Wir fahren jetzt erstmal ins Krankenhaus.“ Es folgen sarkastische Dankesworte an die Adresse der Gäste aus Duisburg-Meiderich: „Ganz groß MSV.“
Als sich die Stadionränge etwa 25 Minuten nach Spielende bereits weitgehend geleert hatten, missbrauchten RWE-Anhänger den Platz als Bühne und sorgten dort für einen Polizeieinsatz. Etwa 50 Fans stürmten auf das Spielfeld, nachdem es ihnen gelungen war, ein Flucht-Tor der Rahntribüne zu öffnen.
Seit dem Aufstieg steigt bei einem Teil der RWE-Fans die Gewaltbereitschaft
Von dort liefen sie auf den Gästeblock zu, wo sich zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Hundert Gästefans aufhielten, der harte Kern des MSV-Anhangs. Als Polizeibeamte ihrerseits auf das Feld stürmten, um einen möglichen Zusammenstoß beider Fanlager zu verhindern, traten die Randalierer den Rückzug an und rannten zurück in ihren Block. So schilderte es Polizei-Sprecher Thomas Weise. Die Polizei prüfe nun auch mit Hilfe von Videoaufzeichnungen, ob Beteiligte sich strafbar gemacht haben.
Auch Rot-Weiss Essen wird sich nach den Worten von Vorstand Marcus Uhlig mit den Vorfällen auseinandersetzen. Seit RWE nach Jahren in der Regional- und sogar Oberliga der Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse gelungen ist, verzeichnet der Traditionsverein in Teilen der Ultraszene eine wachsende Gewaltbereitschaft.
Davon berichtete Uhlig erst jüngst vor dem Sportausschuss des Stadtrates. Gegen 76 Personen hat der Verein ein Hausverbot verhängt, da diese bereits mehrfach negativ aufgefallen seien. Zwischen Verein und Fanszene herrschte danach Funkstille. Mittlerweile seien beide Seiten wieder im Dialog. „Mein Gefühl ist, dass wir den Tiefpunkt überwunden haben“, sagte Markus Uhlig vor dem Ausschuss.
RWE-Vorstand Marcus Uhlig zeigt sich besorgt über Böllerwürfe im Stadion
Am Morgen nach dem Spiel gegen den MSV zeigte sich Uhlig im Gespräch mit der Redaktion vor allem besorgt über den Böllerwurf. Es war nicht der erste Vorfall. Schon beim vorangegangen Heimspiel gegen Halle waren im Gästeblock Knallkörper gezündet worden, mehrere Ordner erlitten Knalltraumata.
Dabei sind Böller in vielen Fanszenen ein Tabu. „Unsere Fans halten sich glücklicherweise daran“, so Uhlig. Allerdings gilt auch das leider nicht für alle.
In der vergangenen Saison sorgte ein Böllerwurf aus dem RWE-Fanblock beim Spiel gegen Preußen Münster für einen Spielabbruch. Ein 29-jährige Marler wurde deshalb wegen gefährlicher Körperverletzung und der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Der Täter konnte auch dank der Hinweise von Zuschauern identifiziert werden. Nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden handelte es sich um einen Einzeltäter.
Vor dem Spiel gegen den MSV sei das Thema Böller in Gesprächen mit dem Ordnungsdienst eigens noch einmal thematisiert worden. Dennoch gelang es Gästefans, verbotene Feuerwerkskörper ins Stadion zu schmuggeln. Unmittelbar vor dem Anpfiff brannte Duisburger auf den Stehrängen ein Feuerwerk ab.
Auch während des Spiels zündeten einige Unbelehrbare immer wieder „Bengalos“ und vereinzelt auch Raketen, die sich allerdings im vor der Tribüne gespannten Sicherheitsnetz verfingen. Da konnte Stadionsprecher Walter Ruege noch so oft an die Vernunft appellieren und dazu auffordern, dies zu unterlassen.
Bereits auf der Anreise hatte ein Fan des MSV bei der Einfahrt des Fan-Sonderzuges in den Essener Hauptbahnhof ein bengalisches Feuer gezündet. Bundespolizisten nahmen den 44-jährigen Duisburger vorläufig fest.
Rot-Weiss Essen hat in dieser Saison bereits 30.000 Euro an Strafen gezahlt
Das Abrennen von Pyrotechnik ist strafbar. In Fanszenen gehören Leuchtfeuer jedoch zu einem Fußballspiel dazu, vor allem wenn es auf fremden Plätzen ausgetragen wird. Fernsehkameras fangen die Bilder gerne ein. 30.000 Euro Strafe musste RWE laut Marcus Uhlig bereits in der laufenden Saison zahlen, weil Fans des Vereins sich nicht an das Verbot hielten und zündelten. Diesmal dürfte dem MSV eine satte Rechnung des DFB ins Haus stehen.
Der Rauch der Bengalos war im Stadion schnell verflogen. Welche Konsequenzen RWE und der MSV und womöglich die Polizei aus den unerwünschten Begleiterscheinungen eines Fußballnachmittags ziehen, bleibt abzuwarten. Zurück bleiben vorerst vier Verletzte, ein erneuter Imageschaden für beide Vereine – übrigens auch ein verwüstetes Wartehäuschen am Bahnhof Bergeborbeck, mutmaßlich zerlegt von abreisenden MSV-Fans. Ein Fall für die Bundespolizei.