Essen. Die Essener Polizei hatte Videos von den Silvester-Krawallen veröffentlicht. Der gesuchte Böllerwerfer hat sich gestellt, das sagt sein Anwalt.

Das ging schnell: Nach den Silvester-Krawallen hatte die Essener Polizei am Mittwochabend (18.1.) zum ersten Mal brisantes Videomaterial veröffentlicht: Es zeigt einen unbekannten Mann, der offenbar, Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei in Kray mit einem Feuerwerkskörper gezielt bewirft. Es dauerte nicht lange, dann war die Suche schon beendet. Noch am Abend habe sich der Gesuchte, ein laut Polizei 24-Jähriger Türke, bei der Polizei gemeldet. Der Mann habe nach der Veröffentlichung des Bildmaterials Druck aus seinem Umfeld bekommen, sich zu stellen. „Weitere Ermittlungen am heutigen Vormittag erhärteten den Verdacht gegen den 24-Jährigen“, meldet die Polizei am Donnerstagmittag.

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Nach Angaben des Rechtsanwaltes und Strafverteidigers Volker Schröder äußere sich sein Mandant zu den Vorwürfen nicht. Er habe sich gestellt, als der Fahndungsdruck auf ihn durch die Veröffentlichung des Foto- und Videomaterials der Polizei enorm gestiegen sei. Sein Mandant räume lediglich ein, die Person zu sein, nach der die Polizei gesucht hat. Volker Schröder geht davon aus, dass die strafrechtlichen Vorwürfe der Polizei auf tönernen Füßen ruhen. „Das Foto- und Filmmaterial reicht nicht aus, um meinem Mandaten einen Angriff auf Einsatzkräfte und damit eine Straftat nachzuweisen“, sagt der Strafverteidiger dieser Zeitung.

Welche Vorwürfe standen im Raum? Es ging um einen Vorfall in der Silvesternacht gegen 0.30 Uhr. Feuerwehrleute und Polizei waren zur Gabelung Krayer Straße/Heinrich-Sense-Weg gerufen worden, weil Jugendliche dort eine Palette und Teile einer Außendeko in ein bereits entfachtes Feuer geworfen hatten. Dabei kam es zu den Böllerwürfen auf Einsatzkräfte. Die Polizei versuchte dann am Mittwochabend anhand von zwei Videos, Licht ins Dunkel zu bringen.

Silvester in Kray: Das TikTok-Video ist martialisch aufgemacht

Eines der beiden Essener Silvester-Videos war im Portal „TikTok“ veröffentlicht worden und gerade einmal neun Sekunden lang. Es trägt den Titel „Silvester_Essen_Kray“, ist martialisch aufgemacht und zeigt zunächst die lichterloh brennende Palette mitten auf der Straße. In der nächsten Szene nimmt ein unbekannter junger Mann Anlauf und schleudert einen Feuerwerkskörper Richtung Einsatzkräfte. Eine größere Gruppe beobachtet die Szenerie. Der Böllerwerfer trägt eine schwarze Jacke, dunkle Jeans, ein weißes Shirt und weiße Schuhe. Die Bilder sind verwackelt, der Angreifer ist kaum zu erkennen.

Das zweite, aussagekräftigere Video ist nach einem öffentlichen Aufruf der Essener Polizei im Hinweisportal eingegangen. Zeugen waren aufgefordert worden, beweiskräftiges Material aus der Silvesternacht einzuschicken, um die Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr aufzuklären. Der nur 16 Sekunden kurze Clip zeigt fast dieselbe Szene in Kray wie das TikTok-Video, ist jedoch mitten aus der Gruppe auf dem Gehweg heraus gefilmt worden. Der Absender ist nach Polizeiangaben anonym.

Mutmaßlicher Böllerwerfer dreht grinsend ab – und die Menge hat Spaß

Das Video zeigt einen weiteren Böllerwerfer, nach dem dann öffentlich gefahndet wurde. Der bärtige Mann – schwarze Lederjacke, Jeans, weiße Schuhe – zündet einen Böller. Man sieht deutlich die sprühenden Funken. Dann schleudert er den Feuerwerkskörper offenbar gezielt in Richtung Einsatzkräfte und taucht mit grinsendem Gesicht und triumphierender Geste in der Gruppe unter. Der Angriff des Böllerwerfers auf die Einsatzkräfte wird lautstark gefeiert, die Gruppe grölt und freut sich. Wenige Sekunden später tritt in dem Video der Böllerwerfer in Aktion, der auch im TikTok-Clip zu sehen ist.

Als die Polizisten den Sachverhalt an der Gabelung Heinrich-Sense-Weg /Krayer Straße aufnahmen, hätten sie von Passanten den Hinweis erhalten, dass geflüchtete Jugendlichen nicht weit entfernt an der Seitenstraße Tempelhof eine weitere Brandstiftung begangen hätten. Wie der Polizeisprecher berichtet, hätten die Beamten am zweiten Schauplatz einen 16 Jahre alten Essener vorläufig festgenommen, der ihnen schon vorher aufgefallen war. Es sei eine Strafanzeige gegen den Heranwachsenden wegen mutmaßlicher Sachbeschädigung mit Feuer geschrieben worden. Danach sei er seinen Eltern übergeben worden.

Gangster-Rap von Veysel: „Du weißt, dass ich schieß’, für mich ist das kein Spiel“

Der auf TikTok veröffentlichte Clip ist mit einer Passage aus dem 2017 aufgenommenen Song „Bargeld“ des Gangster-Rappers Veysel unterlegt. Darin heißt es: „Du weißt, dass ich schieß’ / für mich ist das kein Spiel / und ich ziel, scheiß auf deinen Deal / Flughafenkontrolle, meine Knarre aus Acryl“.

Der Rapper Veysel Gelin ist im kurdisch-türkisch-arabischen Milieu in Essen sehr beliebt. Veysel, Jahrgang 1984 und in Altendorf aufgewachsen, ist nicht nur als Rapper, sondern auch als Schauspieler erfolgreich. In der TNT-Kultserie „4 Blocks“ spielt er sehr authentisch die Rolle des Abbas Hamady: einen brachial-brutalen Berliner Gangster aus dem Clan-Milieu.