Essen/Herne. Klimaaktivisten haben Polizei und Feuerwehr in Essen mit falschen Alarm-Meldungen auf Trab gehalten. Der Staatsschutz ermittelt weiter.

Selbsternannte Klimaaktivisten sollen am Dienstagabend (20. 12.) in Essen mehrfach die Notruf-App „nora“ missbraucht und Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei unnötig in Bewegung gesetzt haben. „Im Nachgang bekannte sich eine Gruppe von selbst ernannten Umweltaktivisten zu den Taten“, meldet die Polizei einen Tag danach. Nach Angaben der Feuerwehr sollen nicht nur in Essen falsche Notrufe abgesetzt worden sein, sondern bundesweit. Im Ruhrgebiet habe es falsche Notrufe auch in Herne gegeben, so Essens Feuerwehrsprecher Christoph Riße im Gespräch mit der Redaktion.

Der oder die Täter sind noch nicht ermittelt. „Die Ermittlungen laufen“, sagt Polizeisprecher Thomas Weise am späten Donnerstagnachmittag (22.12.) im Gespräch mit unserer Redaktion.

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Die Polizei Essen teilte am Mittwoch mit, dass sie über die „nora“-App zu mehreren mutmaßlich dringenden Einsätzen im Essener Stadtgebiet gerufen wurde – unter anderem ging es um einen angeblichen Gas-Austritt im Stadtteil Frintrop. Angeblich sollte es dort auch eine blutüberströmte Person, hieß es. Weder das eine noch das andere stimmte.

Polizei Essen: Angeblich „blutüberströmte Person“

Am späteren Dienstagabend wurden von den unbekannten Klimaaktivisten erneut falsche Notrufe an die Polizei gesandt: Dass es einen Einbruch mit bewaffneten Tätern gebe, außerdem trete an einer weiteren Stelle erneut Gas aus. Auch in diesen Fällen handelte es sich um falschen Alarm, so die Behörde.

Christoph Riße, Sprecher der Feuerwehr Essen: „Es war reiner Zufall, dass nicht parallel etwas anderes passiert ist – die alarmierten Kräfte wären nicht umgedreht.“
Christoph Riße, Sprecher der Feuerwehr Essen: „Es war reiner Zufall, dass nicht parallel etwas anderes passiert ist – die alarmierten Kräfte wären nicht umgedreht.“ © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Nach dem ersten Fehlalarm in Frintrop schrieb einer der Tatverdächtigen über die App „nora“, die auch eine Chat-Funktion besitzt, an die Rettungskräfte: „Ihr dachtet, es wäre ein Notfall, doch der wahre Notfall – die drohende Klimakatastrophe – durch die Millionen von Menschen sterben werden, wird von unseren Politikern konsequent ignoriert. Wir werden diese Form des Protests fortsetzen, bis unsere Bundesregierung effektive Gesetze erlässt, um die Klimakatastrophe zu verhindern.“

Polizei und Feuerwehr: „Wer die App missbraucht, macht sich strafbar“

Die Polizei weist darauf hin, dass während dieser vielen falschen Einsätze die Rettungskräfte nicht für echte Notfälle zur Verfügung standen: „Werden bewusst falsche Notrufe über die Notruf-App „nora“ abgesetzt, hat dies dieselben Konsequenzen wie ein telefonischer Notrufmissbrauch über die Rufnummern 112 und 110. Wer die Notruf-App missbräuchlich nutzt, macht sich strafbar.“

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„Wir verurteilen das aufs Schärfste“, sagt Feuerwehrsprecher Christoph Riße über die falschen Meldungen. „Wir sind alarmiert worden, daraufhin müssen wir Kräfte rausschicken.“ Man hoffe bei der Essener Feuerwehr, dass es nun keine „Trittbrettfahrer“ gebe. „Es war reiner Zufall, dass nicht parallel etwas anderes passiert ist – die alarmierten Kräfte wären nicht umgedreht“, so Riße.

Auch Essens Ordnungsdezernent Christian Kromberg äußerte sich am Mittwochabend: „Das ist eine Form des Klima-Protests, die weder hinnehmbar noch tolerierbar ist. Die Feuerwehr Essen unterstützt die Ermittlungen des Staatsschutzes vollumfänglich. Damit wird denjenigen, die diese Notrufe nur vorgetäuscht haben, hoffentlich deutlich, dass Aktionen wie diese zu Lasten Dritter gehen und nicht folgenlos bleiben.“

Staatsschutz ermittelt wegen Notruf-Missbrauch

Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen des Missbrauchs von Notrufen aufgenommen. „Nach ersten Erkenntnissen komme eine Gruppe von selbst ernannten Umweltaktivisten aus Süddeutschland in Betracht“, heißt es seitens der Polizei. Einzelheiten will die Behörde „aus ermittlungstaktischen Gründen“ derzeit nicht bekanntgeben. Es war offenbar das erste Mal, dass die Notruf-App „nora“, die seit Herbst 2021 bundesweit heruntergeladen werden kann, in Essen missbraucht wurde.

Wer „nora“ benutzt, muss sich über eine sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung zu erkennen geben. Die App erkennt den jeweiligen Standort des Besitzers und ist eigentlich gedacht für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung, die mit dem üblichen Telefon-Notruf Probleme haben. Feuerwehrsprecher Christoph Riße erklärt dazu: „Das ist ein weiterer Kanal für Leute, die den telefonischen Notruf nicht benutzen können.“

Klimaaktivisten: Radikalität nimmt zu

Manche Klimaaktivisten haben sich in diesem Jahr auch in Essen erkennbar radikalisiert, um auf ihre Ziele aufmerksam zu machen. So waren zum Beispiel mehrfach in den südlichen Stadtteilen Mitglieder einer Aktionsgruppe aktiv, die sich „Tyre Extinguishers“ nennt. Diese ließen mehrfach die Luft aus Reifen großer Autos (SUVs) und bekannten sich mit Flugblättern an der Windschutzscheibe zu ihren Taten.

In Essen suchten die „Tyre Extinguishers“ unter anderem Autos in den Stadtteilen Heidhausen und Heisingen auf. Erwischt wurde bislang niemand. Ermittelt wird in diesen Fällen unter anderem wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

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