Essen. Reifen von SUVs sind im Essener Süden platt gemacht worden. Umweltaktivisten haben Flugblätter hinterlassen, der Staatsschutz ermittelt.
Umweltaktivisten haben in Essen-Heidhausen die Luft aus Reifen von SUVs gelassen. Davon geht die Polizei aus, bei der seit Montag (12.9.) mehrere Anzeigen eingegangen sind. Bekannt hat sich für die Vorfälle eine Gruppierung namens „The Tyre Extinguishers“. Der oder die Täter haben Flugblätter unter anderem an einem Volvo XC 90 sowie eines Audi Q7 hinterlassen. Auf Twitter rühmt sich die international auftretende Gruppe gar, im Essener Süden acht SUVs „disarmed“ (deutsch: entwaffnet) zu haben. Der Staatsschutz ermittelt, es geht um den „Verdacht des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“.
Auf den hinterlassenen Flugblättern heißt es unter der Überschrift „Achtung – Ihr Spritfresser ist tödlich“ unter anderem: „Sie werden wütend sein, aber nehmen Sie es nicht persönlich. Es liegt nicht an Ihnen, sondern an Ihrem Auto.“ Eine Frau (47), die laut eigener Aussage betroffen ist, sagt über die Aktion der Aktivisten: „Sie disqualifizieren sich selbst damit. Das ist das falsche Engagement an der falschen Stelle.“
Platte SUV Reifen – Facebook-Nutzer: „Vandalismus ist das und kriminell zugleich“
Polizeisprecherin Sonja Kochem berichtet am Mittwochmorgen (14.9.) über den Fahrer eines SUVs, dass dieser mit plattem Reifen losgefahren sei, was potenziell hätte gefährlich für ihn und andere Verkehrsteilnehmer hätte werden können. Bemerkt habe der Mann das Flugblatt mit der Warnung erst später. Anders bei der Fahrerin eines zweiten Wagens, die das Papier bemerkte und vor Fahrtantritt den platten Reifen entdeckte.
Zwei der Polizei zur Anzeige gebrachten Fällen haben sich in den Straßen Spillheide und Grüne Harfe abgespielt – Einfamilienhäuser, Vorgärten, viel Grün. In einer lokalen Facebook-Gruppe des benachbarten Stadtteils Werden sind Ärger und Aufregung wegen der platten SUV-Reifen groß. Ein Nutzer bietet „für den Notfall“ einen sicheren Stellplatz an, wieder andere wollen von weiteren Vorfällen wissen, ein Mann schreibt: „Vandalismus ist das und kriminell zugleich.“
Polizei Essen: Keine Anzeichen, dass Reifen zerstochen wurden
Wie genau der oder die Täter die Luft aus den Reifen gelassen haben, ermittelt die Polizei nun. Deren Sprecherin Sonja Kochem teilt im Gespräch mit unserer Redaktion mit, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass Reifen zerstochen wurden. Ihr Kollege Pascal Schwarz-Pettinato hatte am späten Dienstagnachmittag gesagt, dass auch das Herauslassen der Luft aktives Handeln voraussetze. „Das funktioniert nicht so einfach, da muss man schon mehr machen, als eine Kappe abdrehen.“ Da die hinterlassenen Flugblätter auf politisch motivierte Taten hinweisen, hat sich der Staatsschutz der Sache angenommen.
Die betroffene 47-Jährige berichtet, dass sie den Reifen nun fachmännisch kontrollieren lassen wird. Sie hofft, dass dieser nicht kaputt ist. Denn das würde bedeuten, dass sie nicht nur den einen, sondern alle vier Reifen austauschen müsse. Bei dem Leasing-Fahrzeug sei das Herstellermaßgabe. Mit Blick auf die ökologische Bilanz sagt sie, dass diese negativer ausfallen würde, wenn sie vier Reifen entsorgen müsse und vier neue zu kaufen.
Sie erzählt zudem, dass ihre Familie mit Mann und zwei Kindern nachhaltig leben würde. „Wir produzieren kaum Müll, bauen selbst an“, sagt sie. Auch in den energetischen Ausbau des Hauses hätte man investiert. Ihr Vater sei im Auto tödlich verunglückt. „Deswegen habe ich ein großes Sicherheitsbedürfnis im Auto“, sagt sie.
Betroffene Frau (47) von Aktion nicht beeindruckt
Die Umweltaktivisten der „The Tyre Extinguishers“ schreiben in ihrem Flugblatt: „SUVs sind die zweitgrößte Ursache für den weltweiten Anstieg der Kohlendioxidemissionen in den letzten zehn Jahren – mehr als die gesamte Luftfahrtindustrie.“ Außerdem würden bei „Zusammenstößen mit SUVs (...) eher Menschen getötet als bei normalen Autos“. SUVs seien „unnötig und reine Eitelkeit“. Direkt an die SUV-Besitzer gerichtet heißt es weiter: „Sie werden keine Schwierigkeiten haben, sich ohne ihren Spritfresser fortzubewegen, sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.“
Die betroffene Frau aus Heidhausen sagt: „Mit Handlung muss man beeindrucken – und das beeindruckt mich nicht.“
In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Reifen zerstochen wurden. Die Polizei meldet am Mittwochmorgen (14.9.), dass es dafür keine Anzeichen gab. Wie die Reifen platt gemacht wurden, soll ermittelt werden.