Essen-Altenessen. Die Koi-Karpfen eines Essener Schalke-Fans können zum dritten Mal wegen einer Baustelle keine Winterruhe halten. Sieben Tiere seien schon tot.
Der Garten von Heiner Fischer besteht aus einem riesigen Teich. Darin wohnen Rudi, Cassandra, Eva und Kalle: Die Koi-Karpfen des Altenesseners. Eigentlich sollten die Japanfische um diese Zeit ihre Winterruhe pflegen. Wie das aussieht? Sie sinken zu Boden, kuscheln sich ein bisschen aneinander und verweilen fast regungslos. Problematisch ist jedoch die Baustelle an der angrenzenden Großenbruchstraße.
Dort verlegen die Stadtwerke einen neuen Abwasserkanal mit schwerem Gerät. Bagger und Rüttelplatte würden die Tiere derart in Stress versetzen, dass sie nicht zur Ruhe kommen. Schon sieben Tiere seien in den vergangenen drei Jahren gestorben, erklärt Fischer. So lange werde in der Straße schon gearbeitet.
Koi-Karpfen benannt nach Schalke-Maskottchen
Besonders traurig ist der Essener über den Tod von Erwin: „Das war unser Maskottchen.“ Der Koi-Fisch sei oben blau und unten weiß gewesen. – für den eingefleischten Schalke-Fan Fischer ein besonderer Schatz. Deswegen hatte er ihn auch nach dem Maskottchen des Traditionsvereins benannt. „Den konnte man auch streicheln.“ Irgendwann lag Erwin dann regungslos auf der Seite an der Wasseroberfläche. Tot.
Auch einige der anderen Fische hat der 58-jährige Heiner Fischer nach Schalke-Spielern oder Funktionären benannt. Er erkennt seine Tiere alle, obwohl sich manche für den Laien sehr ähneln. „Die Cassandra ist unsere Kleine“, sie sei erst zwei Jahre alt. Eva hingegen ist sein Liebling, sie misst fast einen Meter: „Im Sommer fressen sie sich dick und im Winter strecken sie sich.“ 24 Kilo kann ein ausgewachsener Koi-Karpfen auf die Waage bringen. Was die Tiere kosten, will Heiner Fischer nicht genau sagen. Ein Blick ins Internet zeigt, dass die Spannbreite enorm ist, 500 Euro für einen zweijährigen Koi aber keine Seltenheit sind.
Neuer Abwasserkanal für Essener Großenbruchstraße
Georgina ist den Kindheitsflossen längst entwachsen, mit 14 Jahren ist sie eine der ältesten Damen Fischers. Tatsächlich können die Tiere 50 bis 60 Jahre alt werden. „Sie brauchen gutes Futter, gutes Wasser und wenig Stress“, weiß Fischer.
Doch in puncto Stress gebe es seit drei Jahren Probleme. Eigentlich sei die Straße, in der Heiner Fischer mit seiner Frau und den Fischen lebt, eine ruhige Sackgasse. Sie mündet jedoch in die Großenbruchstraße und dort wird gebuddelt: „Wir verlegen einen neuen Abwasserkanal. Um Platz zu schaffen, mussten zunächst die Fernwärme- und Gasleitungen umgelegt werden“, erklärt Stadtwerke-Sprecher Roy Daffinger. Die Straße wurde zwischen Bäuminghaus- und Gladbecker Straße auf 300 Metern mehrmals aufgerissen, um im Erdreich zu arbeiten und provisorisch wieder verschlossen. „Logistisch und zeitlich ist das die beste Lösung“, so Daffinger.
Auf diese Art werde der Verkehr am wenigsten beeinträchtigt. Die Straße müsste nicht komplett gesperrt, Autos könnten an der Baustelle vorbeigeführt werden. Der Durchgangsverkehr könne gewährleistet sein. Die Arbeiten sollen Mitte kommenden Jahres abgeschlossen sein.
Stadtwerke-Arbeiten in Essener Großenbruchstraße noch bis Mitte 2023
Heiner Fischer wünscht sich, dass die Baustelle im Winter ruht: „Wenn die dort arbeiten, vibriert der ganze Boden, das überträgt sich auf den Teich und die Fische können keinen richtigen Winterschlaf machen.“ Laut Daffinger ist das keine Option: „Wir versuchen, auf die Befindlichkeiten von Anwohnern Rücksicht zu nehmen, haben aber letztendlich einen Versorgungsauftrag.“ Die Arbeiten würden so lange dauern, dass alle Jahreszeiten betroffen seien, man könne sie also nicht nur in die warme Jahreszeit legen.
Steigt die Wassertemperatur im Teich nämlich über 20 Grad, „ist richtig Stimmung im Teich“ weiß Heiner Fischer. Dann tummeln sich die Kois im Wasser, kommen auch zum Rand geschwommen und geben „Küsschen“. Jetzt liege die Wassertemperatur jedoch bei unter zehn Grad und die Tiere wollen ihr Ruhe haben.