Essen. Der Popstar und Klassikrebell Teodor Currentzis gastierte mit dem SWR Symphonieorchester in der Philharmonie Essen. Wie das Programm zündete.

Unter den Dirigenten ist er eine Art Popstar und Klassikrebell. So verwunderte es nicht, dass Teodor Currentzis bei seinem Essener Gastspiel auffallend viele junge Besucher in die Philharmonie lockte. Und die waren so angetan, dass der Applaus wie bei einem Rockkonzert ausfiel.

Der nicht unumstrittene griechisch-russische Maestro hatte natürlich mit seinem SWR Symphonieorchester im Großaufgebot ein sicher zündendes Programm mitgebracht: Einen Dreifach-Wumms aus Prokofjew, Strawinsky und Ravel. Seinen Hang zum theatralischen, armschaufelnden Dirigat – ohne Taktstock, klar – leugnete Currentzis nicht, und für den bemerkenswert melodisch ausgeformten „Boléro“ verzichtete er gar aufs Pult, um ganz auf Tuchfühlung mit seinen Musikern durchs Orchester zu tänzeln und dennoch immer wieder mal einen Blick ins Publikum zu werfen.

Solistin hat Sinn für skurrile Pointen

Wem das zu viel war, der konnte freilich die Augen schließen und hörte Musik zwischen Besessenheit und Poesie auf der Suche nach neuen Wegen. Im damaligen Skandalstück „Le sacre du printemps“ waren es die brutalen Ausdrucksextreme und die barbarische Urgewalt des Rhythmischen: der entfesselte Klang, den Currentzis in imponierender Kultur und Durchsichtigkeit zu sublimieren wusste.

In Prokofjews 2. Klavierkonzert spürte man die Nähe zum „Sacre“, wenn Yulianna Avdeeva als Solistin ohne virtuoses Geplänkel die perkussive Wucht mit der stählernen Linken beschwor und die Hände treffsicher über die sieben Oktaven fliegen ließ. Wie auf der anderen Seite ihre kantable Verführungskunst und ihr Sinn für skurrile Pointen bestach: zärtlich, vulkanisch, immer kontrolliert. Standing Ovations auch hier.