Essen. Im Handwerk sind Frauen immer noch in der Unterzahl, doch bei der Besten-Ehrung in Essen belegen sie die vorderen Plätze. Die Hintergründe.
Bei der Besten-Ehrung im Essener Handwerk landen vor allem Frauen auf den vorderen Plätzen, obwohl sie insgesamt weiterhin deutlich in der Unterzahl sind. Die Kreishandwerkerschaft hat kürzlich Auszubildende geehrt, die ihre Gesellenprüfung im vergangenen Jahr mit mindestens „gut“ abgeschlossen haben. Die drei Besten von ihnen sind Frauen, zwei Auszubildende aus Essen wurden sogar NRW-Landessiegerinnen im praktischen Wettbewerb.
Für Kreislehrlingswart Markus Bredenbröcker ist es nicht verwunderlich, dass unter den Innungsbesten fast nur Frauen sind. „Junge Frauen sind in ihrer Ausbildung häufig fokussierter, deswegen überraschen uns die vorliegenden Prüfungsresultate nicht. Bei den prämierten Kammer- und Landessiegerinnen liegt das Verhältnis bei neun weiblichen zu einem männlichen Azubi. Dies ist mehr als beachtlich“, so Bredenbröcker. Betrachtet man die Statistik zur Gesellprüfung insgesamt, sind die Männer weiterhin deutlich in der Überzahl: 549 Männer und 100 Frauen traten zur Prüfung an.
Frauen punkten im Essener Handwerk mit Bestnoten
Durch solche Resultate nähmen die Bemühungen, mehr Frauen für Handwerksberufe zu gewinnen, an Fahrt auf, meint Martin van Beek, Essens Kreishandwerksmeister. Auf Platz zwei der Innungsbesten landete Leah Backhaus. Die Essenerin arbeitet im Sanitärhandwerk, ihr Vater Hans-Günther Backhaus leitet ein mittelständisches Unternehmen in Kray mit 30 Mitarbeitern. Wie er will seine Tochter auch bald einen Meistertitel tragen. Dafür lernt sie, nachdem sie die Gesellenprüfung mit Bestnote bestanden hat. „Wenn ich mir etwas vornehme, dann packe ich das auch“, sagte die 24-Jährige im Interview mit dieser Redaktion.
Eine gewisse Portion Selbstbewusstsein sei nötig, um sich gegen immer noch bestehende Vorurteile gegenüber Frauen im Handwerk zu behaupten. Schon als Kind bekam sie den Alltag im Betrieb mit und entschied sich früh, dass sie ihn irgendwann einmal übernehmen möchte. Für die Meisterschule nimmt die Essenerin viele Mühen auf sich. Die Plätze seien begehrt, ihr Kurs in Dortmund sei abgesagt worden, in Osnabrück habe sie kurzfristig noch einen Platz bekommen. Donnerstags bis samstags lebt sie deshalb nun in Niedersachsen.
Hohe Durchfallquote bei der Gesellenprüfung in Essen
Während Leah Backhaus eines der besten Prüfungsergebnisse erzielte, ging die Gesellenprüfung für viele andere junge Menschen in der Kreishandwerkerschaft Essen ganz anders aus. Mehr als ein Drittel der Prüflinge fiel durch, oftmals im theoretischen Teil. „Hier spürt man die Auswirkungen der Schulausfälle zur Corona-Zeit“, meint Kreishandwerksmeister van Beek. „Wir sehen diesbezüglich die Politik in der Pflicht entgegenzusteuern. Wir brauchen mehr Lehrkräfte, bessere Schulen und eine modernere Ausstattung für die duale Ausbildung.“ Geprüft wurde in verschiedenen Gewerken wie Sanitär- und Heizungstechnik, Fotografie, Konditorei, Gold- und Silberschmiede, in kaufmännischen Berufen, in der Metall-Innung, der Friseur-Innung und anderen.
Die drei Innungsbesten des Jahres waren Tabea Weberskirch (PR-Fotografie Köhring in Mülheim, Verband der Berufsfotografen Ruhr), Leah Backhaus (Hans-Günther Backhaus GmbH in Essen, Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Essen) und Britta Posdziech (Emschergenossenschaft, Tischler-Innung). NRW-Landessiegerinnen wurden Lina Blümer (Ulrike Strelow in Essen, Damen- und Herrenschneider und Modisten-Innung) und Lisa Hüttermann (Universität Duisburg-Essen, Tischler-Innung).