Essen-Südviertel. Auf der Huyssenallee sollen Radfahrer deutlich mehr Platz bekommen. Was das für Autos bedeutet und warum die Rad-Lobby dennoch unzufrieden ist.
Die Debatte um das Für und Wider der Fahrradstraße auf der Rüttenscheider Straße ist noch nicht beendet, im weiteren Verlauf der beliebten und vielbefahrenen Einkaufsstraße geht der Ausbau des Radverkehrs aber weiter. So will die Stadt Essen ab Frühjahr 2023 Fahrradfahrern auf der Huyssenallee deutlich mehr Platz einräumen, als es heute der Fall ist.
Nach Plänen des Amtes für Straßen und Verkehr sollen die Radfahrstreifen auf beiden Seiten der Fahrbahn deutlich verbreitert werden und zwar auf eine Breite von jeweils 3,50 Metern. Autofahrern stünden dann nicht mehr zwei Fahrspuren je Fahrtrichtung zur Verfügung, sondern nur noch eine. Die Stadt Essen setze damit die Forderungen des „Radentscheides Essen“ um, dem sich der Rat der Stadt im September 2020 angeschlossen hat, betont Amtsleiter Rainer Wienke.
Mit einer Breite von 3,50 Meter überschreiten die Radfahrstreifen das Mindestmaß
Die Huyssenallee gehört zum Fahrradhauptroutennetz der Stadt, das die wichtigsten Fahrradwege miteinander verbindet. Mit einer Breite von 3,50 Metern geht die Stadt jedoch deutlich über den Standard hinaus, den der Radentscheid für Radfahrstreifen einfordert. Dieser sieht eine Mindestbreite von 2,25 Metern vor.
Der Straßenraum der Huyssenallee sei groß genug, was es möglich mache, dem Radverkehr mehr Platz zuzuschlagen, erläutert Rainer Wienke die Beweggründe der Stadt. Der breitere Radfahrstreifen ermögliche es Fahrradfahrern, einander zu überholen oder „streckenweise im Pulk zu fahren“, wie es in der Beschlussvorlage der Verwaltung für den Verkehrsausschuss des Stadtrates heißt.
Berechnungen hätten ergeben, dass Autostaus nicht zu befürchten seien
Der Autoverkehr muss sich künftig mit weniger Platz begnügen. Die verbliebene Fahrspur soll ebenfalls 3,50 Meter breit werden. Eine breitere Fahrspur würde Autofahrer womöglich dazu animieren, zu schnell zu fahren oder zu riskanten Überholmanövern, was die Stadt verhindern möchte. Dass es künftig an Kreuzungen und Ampeln zu Staus kommen könnte, weil es statt zwei nur noch eine Fahrspur gibt, sei nicht zu befürchten, heißt es aus dem Amt für Straßen und Verkehr. Dies hätten Berechnungen ergeben. Die Verkehrsbelastung auf der Huyssenallee sei zu gering. Durchschnittlich 9300 Kraftfahrzeuge sind dort täglich unterwegs.
Den Radverkehr möchte die Stadt fördern. Heute nutzen durchschnittlich 856 Radfahrer jeden Tag die Huyssenallee, wo die Stadt eine von vier Zählstellen unterhält.
Bei „Radentscheid Essen“ stoßen die vorliegenden Pläne der Stadt jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung. So fehle eine durchgängige Markierung, teils sei der Radfahrstreifen rot markiert, teils nicht. Die Initiative kritisiert zudem, dass nach den Plänen der Stadt nur die Radfahrspur in Fahrtrichtung Rüttenscheid mit sogenannten Leitbaken von der übrigen Fahrbahn abgetrennt werden soll. Warum dies nicht auch in Fahrtrichtung Hauptbahnhof der Fall sein soll, erschließe sich nicht, heißt es in einer Stellungnahme von „Radentscheid Essen“.
Leitbaken werden installiert, sind aus Sicht der Stadt aber nicht erforderlich
Rainer Wienke verweist darauf, dass Autos in Fahrtrichtung Hauptbahnhof in Längsrichtung zur Fahrbahn parken, weshalb die Stadt dort auf Leitbaken verzichte. Auch in Fahrtrichtung Rüttenscheid seien Baken „aus objektiver Sicht“ nicht erforderlich. Es gehe allein um das subjektive Sicherheitsgefühl der Radfahrenden. „Wir sehen das als Pilotprojekt an“, sagt Wienke.
Kritisch für Fahrradfahrer sieht „Radentscheid Essen“ insbesondere die Anbindung der Huyssenallee. Das gelte für die Anbindung in Richtung Süden; der Radfahrstreifen sollte nach Ansicht der Initiative deshalb über die Kreuzung an der Friedrichstraße hinaus bis zur Rüttenscheider Straße verlängert werden.
Kopfschmerzen bereitet den Fahrradaktivsten aber vor allem die Anbindung der Huyssenallee an die Innenstadt, endet der Radfahrstreifen doch vor dem Kreisverkehr am Europaplatz. Hier fehle eine Sicherung Führung für Radfahrer, die das Amt für Straßen und Verkehr dringend ergänzen müsse, heißt es. Das aber würde wohl Probleme für den Autoverkehr bedeuten, denn der Kreisverkehr ist im Gegensatz zur Huyssenallee stark befahren.