Essen-Holsterhausen. Der Verein „Erlebnisraum Mensch Natur“ startet in Essen seine mobilen Zuhör-Bänke: Eine Ehrenamtliche möchte Menschen mit Redebedarf zuhören.
Der gemeinnützige Verein „Erlebnisraum Mensch Natur“ möchte an möglichst vielen Orten in Deutschland mobile „Zuhör-Bänke“ anbieten. Geschulte Ehrenamtliche richten ein regelmäßiges und kostenloses Gesprächsangebot an alle Menschen, die Redebedarf haben. Eine dieser Bänke wird an der Kirche St. Mariä Empfängnis in Holsterhausen stehen. Dort können sich Interessierte am Montag (21. November) alles von der Seele reden, was sie bewegt.
Die Holsterhauserin Michaela Göddenhoff wird ab Montag zweimal im Monat jeweils für zwei Stunden ganz Ohr sein: „Die letzten Jahre haben uns doch allen nicht gutgetan. Menschen möchten einfach mal erzählen, was ihnen am und auf dem Herzen liegt. Ich höre zu.“ Auf der Suche nach einem gut zu erreichenden und zentral gelegenen Platz sei sie auf die Wiese hinter der Kirche St. Mariä Empfängnis gestoßen, mit Zugang über die Barthel-Bruyn-Straße. Natürlich habe sie bei der Gemeinde um Erlaubnis gefragt: „Ich kann mich da ja nicht einfach so breitmachen.“
Essenerin arbeitet beruflich mit hochsensiblen Menschen
Beruflich begleitet die 42-Jährige Menschen, möglichst in der Natur, möglichst in Bewegung: „Zu mir kommen zum Beispiel Menschen, die sich beruflich umorientieren wollen. Ich gebe Hilfestellungen. Da kann ich aus eigener Erfahrung schöpfen.“ Denn eines habe sie schmerzlich erkennen müssen: „Wer gegen sein Naturell handelt, kann körperlich und psychisch krank werden.“ Ein Thema sei „Hochsensibilität“. Ihr gehe es da um Menschen, die sehr feinfühlig seien und mit Reizüberflutung nicht klar kämen: „Menschen, die anders wahrnehmen als andere. Das werte ich nicht. Es gibt da kein Besser oder Schlechter. Ich sehe das auch gar nicht als Problem, sondern als Geschenk.“
Michaela Göddenhoff hatte im Sommer Kontakt aufgenommen mit dem im unterfränkischen Stadtprozelten beheimateten Verein „Erlebnisraum Mensch Natur“: „Wir tauschten uns intensiv aus.“ Das ganze Projekt sei angelehnt an die gelben Zuhör-Bänklis in der Schweiz oder den Zuhör-Kiosk in einer Hamburger U-Bahnstation. Der Vorsitzende Carsten Gans berichtet, man habe bundesweit zehn „Zuhörer“ qualifiziert: „Einige haben bereits begonnen, die meisten werden aufgrund des kälteren Wetters aber erst im Frühjahr starten.“ Wer selbst auch ehrenamtlicher Zuhörer werde wolle, könne zunächst per E-Mail an info@natur-verein.de Kontakt aufnehmen: „Gerne finden wir weitere Mitstreiter. Uns ist wichtig, dass sie gut vorbereitet sind und es auch rechtlich sicher und korrekt zugeht.“
Am 21. November startet Zuhör-Bank-Projekt in Essen
Noch drei Zuhör-Termine 2022
Am Montag, 21. November, wird Michaela Göddenhoff von 12 bis 14 Uhr da sein, wie auch am Montag, 5. Dezember. Am Mittwoch, 21. Dezember, wird sie von 14.30 bis 16.30 Uhr zuhören. Unter www.seelen-bewegen.de/zuhoerbank sind Anmeldungen möglich.
Der Verein „Erlebnisraum Mensch Natur“ ist unter www.natur-verein.de zu erreichen. Umfangreichere Infos zur Zuhör-Bank wird es dort aber erst im neuen Jahr geben.
Zunächst erfolge ein Kennenlernen mit der Frage nach der Motivation. Wer ehrenamtlich zuhören möchte, müsse Vereinsmitglied werden, das erste Jahr sei beitragsfrei. Dann gebe es zwei Onlineschulungen. Nach Zusendung der Ausstattung könnten die Zuhörer dann beginnen. Das Engagement der Holsterhauserin begeistert den Vorsitzenden: „Ich finde es ganz toll, wie Michaela als neues Mitglied zu uns gekommen ist, eben auch über das Interesse an unserem Zuhör-Bank-Projekt. Sie ist eine unserer engagiertesten Kursleiterinnen. Weitere Angebote von ihr sind für das neue Jahr geplant und werden dann auch auf der Internetseite sichtbar sein.“
Nun könne es endlich losgehen, sagt Michaela Göddenhoff: „Am Montag ist Premiere.“ Auf ihrer Homepage www.seelen-bewegen.de gibt es nun eine eigene Zuhör-Bank-Seite: „Sie können dort vorab einen Termin vereinbaren. Oder Sie kommen spontan vorbei. Die jeweilige Zuhör-Zeit beträgt maximal 30 Minuten. Wir wollen auf Augenhöhe miteinander reden, mit Respekt und Toleranz. Ich urteile nicht und ich erteile keine Ratschläge. Ich höre zu. Natürlich werde ich alles vertraulich behandeln. Meine Gesprächspartner müssen mir nicht einmal ihre Namen nennen.“ Das Zuhören ersetze allerdings keine Therapie: „Sollte ich spüren, dass hier etwas richtig im Argen liegt, würde ich natürlich Anlaufstellen nennen, wo professionell geholfen werden kann.“
Zwei mobile, tragbare Zuhör-Bänke sollen bequeme Sitzmöglichkeiten bieten: „Man erkennt sie am grünen Banner. Bitten bringen Sie warme Kleidung mit und vielleicht auch einen Regenschirm. Wärmende Decken besorge ich. Bei Unwetter fällt’s aus, das vermerke ich dann auf der Homepage.“ Ob überhaupt und wenn wie viele Menschen ihr Angebot annähmen, sei völlig offen: „Ich bin echt gespannt, was passiert. Ich lasse das einfach auf mich zukommen. Neugierig und offen.“