Essen-Rüttenscheid. Schüler des Maria-Wächtler-Gymnasiums haben „Stolpersteine“ in Rüttenscheid gereinigt. Der Zeitpunkt der Aktion war kein Zufall.
In dieser Woche war der 9. November, der 9. November ist der Jahrestag der Pogromnacht 1938, und Alexandra Heimann, Geschichtslehrerin am Maria-Wächtler-Gymnasium, sagt: „Wenn man sich nicht an etwas erinnert, verschwindet es irgendwann aus dem kollektiven Gedächtnis, dann ist es nicht mehr da.“
So ähnlich hat es mal der hessische Künstler Gunter Demnig formuliert: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Demnig ist Initiator der bundesweiten und mittlerweile internationalen Kunst-Aktion „Stolpersteine“; Demnig verlegt quadratische Messingblöcke in den Gehweg – dort, wo früher Menschen wohnten, die von den Nazis umgebracht wurden. In den „Stolpersteinen“ eingraviert sind die Namen der Opfer. Es sind Juden zumeist, auch Homosexuelle oder Intellektuelle. Demnig verlegt „Stolpersteine“ seit Jahrzehnten in Deutschland, hat eigenen Angaben zufolge mittlerweile knapp 1300 Städte und Dörfer mit „Stolpersteinen“ versehen; allein in Essen gibt es etwa 400.
Wie kann man konkret an die Opfer der Nazis erinnern? „Wenn Schülerinnen und Schüler sehen, dass in Häusern, die direkt am Schulweg liegen, früher Menschen wohnten, die von den Nazis umgebracht wurden, dann ist das eine konkrete Erinnerung. Das ist eindrücklicher, als wenn man etwas über sechs Millionen Tote in Geschichtsbüchern liest“, sagt Lehrerin Alexandra Heimann. Und so ließ sie am Mittwoch, 9. November, Schülerinnen und Schüler des Geschichts-Zusatzkurses in der Stufe Q2 einige „Stolpersteine“ säubern.
Mit Schwämmen und Essigreiniger gegen den Jahre alten Dreck
In Kleingruppen steuerten die jungen Erwachsenen „Stolpersteine“ an der Brassertstraße an, der Emma- und von-Einem-Straße, an der von-Seeckt-Straße, auf der Rüttenscheider Straße, und im Ratsherrenweg.
Dort, im Ratsherrenweg, wohnten Jakob und Claire Goldberger, deportiert 1941 und gestorben im Ghetto von Minsk. Die beiden „Stolpersteine“ sind dunkelgrau angelaufen, und die Schüler vom Maria-Wächtler-Gymnasium haben Schwämme und Essigreiniger mitgebracht. Sie scheuern die Messingblöcke wieder blank, schon nach kurzer Zeit strahlen sie wieder golden. „Ich finde gut, dass es diese Steine gibt“, sagt Schüler Alex, und seine Mitschülerin Sofia findet, dass die Messingblöcke „eine gute und würdevolle Art sind, an diese Menschen zu erinnern.“ Auch wenn die Gymnasiasten einräumen, dass man die Steine im Alltag schnell übersieht, vor allem, wenn sie während der Jahre farblich anlaufen und dunkel werden, so wie diese beiden, die an Familie Goldberger erinnern.
Immerhin: Die Steine, die vom Geschichts-Kurs an diesem Tag gesäubert werden, glänzen wieder wie am ersten Tag. Und halten die Erinnerung aufrecht an die Opfer der Nationalsozialisten.