Essen. Die Essener Karnevalisten freuen sich auf eine neue Session frei von Corona-Auflagen. Nur wegen „Alaaf im Pott“ liegen sie über Kreuz.
Abgesagte Rosenmontagszüge, ausgefallene Karnevalssitzungen: Nach zwei Jahren Kummer wegen der Pandemie steht bei den Essener Jecken wieder alles auf Grün. Mit dem Toleranz-Motto „In Essen geht’s rund, unser Brauchtum ist bunt“ startet am 11. November offiziell die fünfte Jahreszeit. Auf das traditionelle Hoppeditz-Erwachen folgen tags darauf die Prinzipiaden mit der Inthronisierung der neuen Stadtprinzenpaare.
„Wir haben zwei Jahre verzichten müssen, jetzt geht das soziale Leben endlich wieder los“, freut sich Volker Saßen. Und das aus mehrfachem Grund: Der Essener ist Vorsitzender des Festkomitees Essener Karneval (FEK) und seines Essener Karnevalvereins (EKV). Am meisten freut er sich aber darauf, das Essener Narrenvolk 2022/23 als Prinz Volli I. zusammen mit seiner Tochter Prinzessin Assindia Julia I. regieren zu dürfen.
Statt Innenstadt: Hoppeditz-Erwachen bleibt im Stadion am Uhlenkrug
Die Karnevalisten erwartet in der neuen Session einige Neuerungen: etwa die dauerhafte Verlegung des Hoppeditz-Erwachens in das ETB-Stadion am Uhlenkrug. Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr mit 800 Teilnehmern hat sich das Festkomitee entschieden, dem Fußballstadion den Vorzug vor dem Burgplatz zu geben. Beginn: 17.11 Uhr, Einmarsch 16.30 Uhr, Einlass 15.30 Uhr. „Es gibt dort weniger Laufkundschaft, dafür ist die Tribüne überdacht“, sagt der FEK-Chef. Der Eintritt ist frei, der Verzehr von Würstchen und Getränken geht auf eigene Rechnung. Bekannte Künstler wie Tim Toupet und „Bohei“ bestreiten das Rahmenprogramm, außerdem tritt die Tanzgarde der 1. GKG Völl Freud aus Werden auf.
Neu bei der Prinzipiade am nächsten Tag: Die Inthronisierung des Kinder- und Stadtprinzenpaares 2022/23 geht neuerdings an ein und demselben Tag über die Bühne – am 12. November in der Weststadthalle. Los geht’s um 17.30 Uhr bzw. um 20.11 Uhr. Das Abendprogramm bestreiten Jürgen Peters, Miljö, die Erdnuss, Dave Davis und die „Fauth Dance Company Gentlemen“. Eintritt für beide Veranstaltungen: 33 Euro.
Die Weststadthalle fasst bis zu 480 Personen, das Festkomitee rechnet angesichts des zum Teil zögerlichen Vorverkaufs mit 420 Gästen. „Leider haben wir wie andere Stadtverbände auch mit schleppenden Kartenverkäufen zu kämpfen“, berichtet FEK-Sprecher Oliver Weiß.
Gutes Beispiel: Neuer Stadtprinz Volli I. lässt sich vor jeder Veranstaltung testen
Das trifft wohl auch auf den 47. Volkskarneval des EKV am 17. Februar in der Grugahalle zu. Er ist mit normalerweise 1300 Besuchern die größte Saal-Veranstaltung in Essen. Dieses Mal erwarten die EKV-Verantwortlichen deutlich weniger Publikum – „zwischen 800 und 900“.
Corona-Auflagen wird es nicht mehr geben. Trotzdem erwartet FEK-Chef Volker Saßen, dass sich Besucher des Sitzungskarnevals freiwillig testen lassen. „Ich werde vor jeder Veranstaltung freiwillig einen Antigen-Test machen, so viel Verantwortungsbewusstsein traue ich auch anderen zu.“ Letztlich müsse jeder selbst entscheiden, ob er endlich wieder mitschunkelt oder dem jecken Treiben vorsichtshalber fernbleibt. „Aber man sollte bitte nicht dem Finger auf jene zeigen, die gerne feiern.“
Im vergangenen Jahr seien die Karnevalisten von der Landesregierung wegen der Pandemie zum „freiwilligen Verzicht“ auf Veranstaltungen gedrängt worden. „Das machen wir nicht mehr mit“, stellt Saßen klar. Noch immer warte man auf eine Entschädigung durch das Land in Höhe von 20.000 Euro.
Einzelne Gesellschaften haben bereits die ersten Raketen gezündet. Bei den „Rittern des Frohsinns“ stand letzten Freitag (4. November) die 60. Ritter-Kür in der Heimlichen Liebe an. Einen Tag später trafen sich die Frauen des Essener Damen Elferrats, die sogenannten „EDE-Girls“, im Hotel Franz, und am 6. November zelebrierte der Festausschuss Kupferdreher Karneval auf dem Markt das Hoppeditz-Erwachen.
Festkomitee verärgert wegen „Alaaf im Pott“ - Veranstalter hält dagegen
Ausgelassen gefeiert haben in der Grugahalle am Freitagabend gut 2500 Jecken aus der ganzen Region bei „Alaaf im Pott“: ein Format, das Top-Stars des Kölner Karnevals wie Brings, Kasalla, Klüngelköpp und die Höhner ins Ruhrgebiet bringt. Sechs Stunden lang ließen es die Künstler aus der Domstadt krachen. „Sie waren überrascht, wie fantastisch im Ruhrgebiet gefeiert wird“, sagte Veranstalter Lars Becker, Inhaber des Restaurants „Löwe am Kopstadtplatz“.
Während der Veranstalter bereits die 3. Auflage von „Alaaf im Pott“ in Essen plant, macht das Essener Festkomitee aus seiner Verärgerung über die Terminierung dieses Events kein Hehl. „Wir sind mehr als unglücklich, die Veranstaltung ist für uns ein rotes Tuch“, sagt Volker Saßen. Dass das Essener Stadtprinzenpaar in diesem Jahr nicht eingeladen gewesen sei, sei ein „absolutes No-Go und mehr als traurig“. Bei der Premiere im vergangenen Jahr seien die Essener Tollitäten noch in der Grugahalle mit von der Partie gewesen.
Nach Ansicht des Essener Festkomitees kollidiert „Alaaf im Pott“ mit lokalen Karnevals-Veranstaltungen wie der Prinzenpaar-Proklamation. Damit man sich nicht gegenseitig ins Gehege komme, sei für „Alaaf im Pott“ ein früherer Termin im Oktober oder später im Januar wünschenswert.
„Alaaf im Pott“-Veranstalter Lars Becker hingegen weist den Vorwurf zurück. „Ich habe schon lange vor der ersten Veranstaltung von Alaaf im Pott das Festkomitee Essener Karneval an meine Seite holen wollen.“ Leider habe das Festkomitee nicht reagiert. Lars Becker: „Was möchte das Festkomitee eigentlich? Dass Alaaf im Pott nicht mehr stattfindet, weil es zu gut ist, oder möchte das Festkomitee dieses Format nur übernehmen? Oder ist es schlicht Neid oder Eifersucht?“.