Essen. Bühne frei für Grinsekatze, Hutmacher und die böse Herzkönigin: Essener Studio-Bühne hat den Klassiker „Alice im Wunderland“ neu interpretiert.

Vieles ist anders als im Kinderbuch von 1865. Doch die neue Fassung des jungen Ensembles der Studio-Bühne von „Alice im Wunderland“ begeistert: bunt, fantasievoll, schrill und poetisch schenkt das Stück Unterhaltung in Krisenzeiten.

Eine merkwürdige Uhr an der rechten Wand, ein riesiger Fliegenpilz auf dem Treppenabsatz, die Bühne in rotes Licht getaucht, das Premierenpublikum lässt sich mit Alice ins Wunderland entführen. Mit spürbarer Freude präsentiert der Ensemble-Nachwuchs des Krayer Traditionstheaters seine Klassikerinterpretation.

Das Team hinter „Alice im Wunderland“ an der Essener Studio-Bühne: Sarah Maus (Skript und Kostüm), Sebastian Hartmann (Regie) und Ann-Kathrin Hundt (Regie) v. links).
Das Team hinter „Alice im Wunderland“ an der Essener Studio-Bühne: Sarah Maus (Skript und Kostüm), Sebastian Hartmann (Regie) und Ann-Kathrin Hundt (Regie) v. links). © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Ein turbulentes Familienstück gepackt mit vertrauten Charakteren – die Grinsekatze, den Hutmacher, das Weiße Kaninchen, die Zwillinge, die böse Herzkönigin. Sie erobern mit geballter Fantasie die Bühne und locken in eine zauberhaft-skurrile Welt, die nicht nur die jüngsten Zuschauer ab 8 Jahren staunen lässt. Wunderbares und wie man damit umgeht, steht im Fokus der Eigenbearbeitung von Sebastian Hartmann, Ann-Kathrin Hundt und Sarah Maus.

„Alice im Wunderland“ in Essen: Die Hauptrolle ist gleich dreifach besetzt

Wer sich auf das rund 90-minütige Märchen – inklusive Pause – einlässt, entschwindet mit Alice, dem Mädchen im blauen Kleid und weißer Schürze, dem Alltag und erlebt im Wunderland hinter dem Kaninchenbau ein mitreißendes Abenteuer. An dessen Ende ist eines sicher: Wer den Mut findet, über sich hinauszuwachsen, kann übermächtige Gegner besiegen.

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Manches wurde in der Krayer Produktion vom Original abgewandelt: So verbringt Alice nicht mit ihrer Schwester, sondern mit ihrem Freund Will (Bora Sarp) die kurze Zeit vor der ersten Begegnung mit dem Weißen Kaninchen. Physikalische Hürden, wie das permanente Schrumpfen und Wachsen der Titelheldin umgeht das Regie-Team, was dem Stück nicht schadet. Und die Hauptrolle ist dreifach besetzt, wobei Stella Herzog als „Alice I“ sprachlich geschliffen und mimisch überzeugend in der Darstellung herausragt.

Die Kostüme in schönster Farbenpracht fallen besonders auf

Grandios mimt Konstantin Plewa den verrückten Hutmacher. Souverän meistert er die schrille Rolle und verliert selbst beim schnellen Aufsagen der Nonsens-Gedichte nicht den Textfaden. Spätestens bei der ersten Tee-Party mit dem Weißen Kaninchen (gut gespielt, Justin Dippel), dem Märzhasen und der Grinsekatze fallen die Kostüme der jungen Inszenierung auf: Sarah Maus schuf für alle 14 Mitspielenden eindrucksvolle Kleider in schönster Farbenpracht.

Bisweilen ein wenig zu wuchtig und für jüngere Zuschauer beängstigend, unterstreicht die Tontechnik die von Blitz, Donner und reichlich Nebel aus der Maschine begleiteten Auftritte der blutrünstigen Herzkönigin (Isabel de la Haye). Mobil aber dennoch detailliert gestaltet ist das wechselnde Bühnenbild. Die Lichttechnik sorgt für noch mehr Zauber. Fazit: ein wunderbares Stück über die Kraft der Fantasie, vom Publikum mit reichlich Schlussapplaus gewürdigt.

Termine und Karten: Tel. 0201/ 55 15 05 oder online auf www.studio-buehne-essen.de