Essen-Bredeney. Bislang gab es kein gastronomisches Angebot im Park und in der Villa Hügel in Essen. Warum sich das ändern soll und was die Krupp-Stiftung plant.
Tafeln wie die Krupps, das ist für Gäste in der Villa Hügel nicht vorgesehen. Ein Picknick auf der Wiese in dem weitläufigen Park ist schon deshalb nicht möglich, da das Grün geschützt werden soll. Kurzum: In oder um den Prachtbau oberhalb des Baldeneysees zu essen oder zu trinken, blieb Besuchern bislang verwehrt. Nun aber gehen die Verantwortlichen der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung neue Wege, zumindest versuchsweise vom 21. bis 23. Oktober: mit einem Foodtruck. Eine Premiere.
Die Villa Hügel hat 269 Zimmer, der Park 28 Hektar und etwa 7000 Bäume. Eine Gastronomie aber gab es bislang nicht, stattdessen den Hinweis auf der Homepage: „Die nächsten Restaurants und Cafés befinden sich in der Nähe des Baldeneysees.“ Nun steht George Balikcioglu mit seinem kleinen, viereinhalb Meter langen VW-Westfalia-Anhänger direkt neben dem imposanten Bau. Wirkt der kleine Oldtimer (Baujahr 1963) auf den ersten Blick auch ein wenig verloren, so leuchtet das frisch restaurierte Gefährt doch mintfarben vor der historischen Fassade und zieht schon in den ersten Tagen zahlreiche Besucher und Besucherinnen an.
Das Angebot war mit Blick auf denkmalgeschützten Bau und Park bislang nicht möglich
Eine Schulgruppe, Gäste von den Philippinen und eine Familie aus Oldenburg, sie alle testen gleich am ersten Tag Muffins und Chili (mit Fleisch oder Tofu, 6 Euro) und sind ebenso begeistert wie das etwa 30-köpfige Stiftungs-Team, das sich zum Mittagessen am Truck trifft. „Köstlich“, fasst Barbara Wolf zusammen, versichert, dass es ausschließlich hausgemachte Speisen gebe, und berichtet auch davon, wie viele Gedanken sie sich als Stiftungsmitglieder um dieses Angebot gemacht hätten.
Immerhin ist so manches mit Blick auf die denkmalgeschützten Gebäude und den Park nicht möglich. Da gilt es vielmehr, beides zu schützen, zertrampelte Wege, wie Picknick auf der Wiese zu vermeiden, und das Areal bestenfalls für die kommenden 150 Jahre ebenso zu erhalten wie bislang. Denn genau dieses Jubiläum feiert die Villa Hügel im kommenden Jahr.
Seit 1954 werden die Villa und das Gelände für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht
Das veranlasste die Stiftungsmitglieder einerseits, sich Gedanken um den Service während des Programms zu machen, das es dann geben soll (Blick hinter die Kulissen, Salonveranstaltungen, digitale Formate). Sie verknüpften das andererseits mit der Frage, wie und ob es ein dauerhaftes gastronomisches Angebot geben könnte. Denn dieses müsste sich schließlich mit dem geschichtsträchtigen Gebäude, das die Familie Krupp von 1873 bis 1945 bewohnte, und seinem Park vereinbaren lassen.
„Beides fiel nach der Besatzung durch die Alliierten 1952 zurück an die Krupps, die jedoch nicht dorthin zurückkehrten“, berichtet Barbara Wolf aus der Historie. Seit 1953 werden die Villa und das Gelände für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, werden alle zwei Jahre Ausstellungen organisiert. Ob nun Gruppen aus dem Ausland oder Jahreskarteninhaber: „Wir merken verstärkt, dass die Gäste ihre Eindrücke gern bei einem Kaffee vor Ort auf sich wirken lassen möchten“, weiß Barbara Wolf.
Im Foodtruck gibt es Waffeln, Bananenbrot und Kaffeespezialitäten
Diesen innerhalb des Gebäudes anzubieten, haben sie rasch ausschließen können. Denn dazu hätten sie einen Raum finden und umnutzen und den finanziellen Aufwand berücksichtigen müssen. So entstand die Idee, einen Foodtruck außerhalb der Villa aufzustellen und dazu externe Anbieter ins Boot zu holen. Sie knüpften den Kontakt zum Kölner George Balikcioglu, der seinen Anhänger bereits gern auf Zollverein aufstellte, vom ersten Anblick der Villa Hügel dann aber überwältigt wurde („Extraklasse ist allein die Zufahrt, gigantisch“).
Hier bot er jetzt erstmals auch Waffeln, Bananenbrot und Kaffeespezialitäten aus seinem Anhänger heraus an, den er für diese Zwecke elf Monate lang umgebaut hat. 2015 ist er umgestiegen, da hatte er bereits sein Jura-Studium vor dem Staatsexamen abgebrochen, ein duales Studium zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen abgeschlossen und entschieden, sich selbstständig zu machen. Entstanden ist ein Familienunternehmen mit drei Anhängern („Chocolate Monkeyz“), das er Anfang kommenden Jahres von seinem Vater übernehmen möchte.
Überlegungen, den gastronomischen Service von April bis Oktober täglich anzubieten
Nach den drei Probe-Tagen auf der Villa Hügel könnte er sich durchaus vorstellen, einen richtigen Truck anzuschaffen und mit diesem wiederzukommen. Vielleicht ließen sich auch ein, zwei Tische aufstellen – an Ideen für den Standort mangelt es George Balikcioglu jedenfalls nicht, da er zufrieden auf die Premiere blickt. Vor allem die Kaffeespezialitäten seien gut angekommen. Generell sei das Feedback positiv. Dazu zählen etwa die Rückmeldungen von den zahlreichen Jahreskartenbesitzern und -besitzerinnen, die den Hügel ohne gastronomisches Angebot kennen und sich sehr darüber freuen, sich bei ihrem Besuch ein wenig stärken zu können.
Die Stiftungsmitglieder erfreut wiederum der gelungene Auftakt, sie blicken optimistisch auf das Jubiläumsjahr 2023 und könnten sich noch mehr vorstellen. „Wir überlegen, den Service beispielsweise von April bis Oktober täglich anzubieten“, sagt Barbara Wolf zum Foodtruck. Damit möchten sie den Service ausbauen und vielleicht um einen Aspekt rund um die Krupps erweitern: den Kulinarischen. Denn es existiert ein historisches Koch- und Backbuch mit Rezepten wie einer Maronentarte. So könnten die Gäste der Villa Hügel dann doch auf diese Weise speisen wie einst Familie Krupp.