Essen-Altenessen. Im Altenessen-Kalender erinnert ein Bergbau-Experte an den tiefsten Schacht der Stadt Essen. Wo man ihn findet und warum er beschützt werden muss.
Der tiefste Bergwerk-Schacht in Essen befand sich in Altenessen. Eine Schutzhaube auf dem ehemaligen Baggerübungsplatz an der Bäuminghausstraße zeugt noch heute davon. Das 33.000 Quadratmeter große Grundstück gehört dem Allbau und soll zu einem Wohngebiet entwickelt werden. Andreas Doczekala (48) hat für den Lesebuchkreis Altenessen die Geschichte des Bergbau-Schachtes aufgeschrieben – nachzulesen im Altenessen-Kalender 2023.
Vorhandene Wetterschächte genügten nicht aus
Demnach wurden die Schachtanlagen Amalie in Altendorf und Helene in Altenessen 1878 miteinander verbunden. In den weiteren Jahren kamen nicht nur neue Sohlen dazu, sondern auch die dazugehörigen Wetterschächte. Als man im Jahre 1922 den Durchschlag auf der siebten Sohle – circa 670 Meter – zwischen Helene und Amalie erreichte, genügten die vorhanden Wetterschächte nicht mehr aus, um den Bergleuten unter Tage frische Luft zu garantieren. Man entschloss sich, einen neuen zu bauen, auch um die Materialversorgung zu gewährleisten: Schacht Barbara. Dieser ging 1926 in Betrieb.
Seine Endtiefe erreichte er nach dem Zweiten Weltkrieg. Doczekala: „Mit 1215 Metern war er der tiefste Schacht auf Essener Stadtgebiet.“ Wenige Jahre später wurden die Zechen im Zuge der Bergbaukrise geschlossen. Die Schächte wurden verfüllt und mit einer Schutzhaube, Fachbegriff: Protegohaube, ausgestattet. Wer mit aufmerksamen Augen durchs Stadtgebiet fährt, findet diese pilzförmigen Pfosten, die entfernt an Laternen erinnern, an verschiedenen Stellen.
Schutzhauben sorgen für kontrollierten Gas-Austritt
Diese Sicherheitsventile sorgen dafür, dass verbliebenes Gas, wie etwa Methan, aus den Schächten kontrolliert entweicht und so keine Explosionsgefahr aufkommt. Regelmäßig wird der Gasaustritt kontrolliert und irgendwann können die Protegohauben abgebaut werden. Noch erinnert die an der Bäuminghausstraße jedoch an den tiefsten Schacht der Stadt.
Alle anderen Gebäudeteile auf Barbara wurden abgerissen und das Gelände diente bis vor einigen Jahren dem Bauindustrieverband NRW für Schulungen an Baugeräten. Unter dem Namen „Barbarapark“ soll dort jetzt ein komplett neues Wohnviertel entstehen. Bis zu 400 Wohneinheiten sind rein rechnerisch möglich.
Altenessen-Kalender ab sofort erhältlich
Der Lesebuchkreis Altenessen veröffentlicht seit 1987 einen Kalender mit Bildern, Geschichten und Geschichtlichem aus dem Stadtteil. Während der Corona-Pandemie konnten sich die Mitglieder nicht treffen und der Kalender erschien zwei Jahre in Folge nicht. Die Auflage lag einst bei 1200 Kalendern, jetzt noch bei 300. In Zukunft soll eine Internetseite erstellt werden, die sich mit der Stadtteilgeschichte beschäftigt.
Im aktuellen Kalender geht es unter anderem um den Bunker am Altenessener Bahnhof, die Berne-Kläranlage Essen-Nord, den Altenessener Schweinemarkt und um das Allee-Center, das 2023 sein 50-jähriges Bestehen feiert.
Interessierte können den Kalender zum Preis von 8 Euro bei Tabakwaren Mundt, Altenessener Straße 432, und bei Tabakwaren Holzky, Altenessener Straße 226, kaufen.
Die Mitglieder des Lesebuchkreises Altenessen kümmern sich darum, die Geschichte ihres Stadtteils in Erinnerung zu erhalten. „Wir würden uns wünschen, dass die Identität mit dem Stadtteil wieder zunimmt und möchten Altenessen mit einer bestimmten Wertschätzung behandelt wissen“, erklärt der Leiter und Ortshistoriker Christoph Wilmer.
Die Mitglieder freuen sich jederzeit über Verstärkung. Wer dabei sein will, meldet sich bei Christoph Wilmer per E-Mail an cw@cwilmer.de. Dort kann sich auch jeder melden, der noch einen Kalender der ersten Auflage aus dem Jahr 1987 hat, Christoph Wilmer fehlt dieser in seinem Archiv.
Andreas Doczekala erklärt, dass man sich um die noch vorhandenen Schachtanlagen in Zusammenhang mit dem Bauprojekt keine Sorgen machen müsste: „Die Kohlenschichten sind viel tiefer als die Gebäude, die dort errichtet werden.“ Der 48-Jährige kommt selbst aus dem Bergbau, war unter anderem für das Thema Arbeitssicherheit zuständig und leitete das kleine Bergbau- und Heimatmuseum an der Karlstraße, das 2014 geschlossen wurde. Sein Opa und Uropa haben unter Tage gearbeitet.
Bauprojekt sieht Wohnviertel rund um Schacht Barabara in Essen vor
An die Protegohaube auf dem Baggerübungsplatz kommt Doczekala nicht ran; sie steht weit hinter dem Zaun der das Grundstück absperrt. Eine genaue Planung dessen, was dort gebaut werden wird, steht noch aus. Vorgesehen ist ein Mix aus verschiedenen Wohnformen, inklusive öffentlich gefördertem Wohnungsbau.
Allbau-Sprecher Dieter Remy will zum Zeitplan des Bauprojektes keine Angaben machen: „Wir werten aktuell den städtebaulichen Entwurf des Wettbewerbssiegers aus, analysieren, warten ab und beobachten, wie sich durch den Bund und die Länder die Vorgaben zu energetischen Standards zu Wohngebäuden entwickeln.“ Ebenfalls müsste beobachtet werden, wie sich die Preisniveaus in der Bauindustrie und den Bauhauptgewerken entwickeln.