Essen-Holsterhausen. Das Essener Café Sprenger geht in der Krise neue Wege: Die Konditorei investiert in ein Torten-Mobil. Auf welchen Wochenmärkten es zu finden ist.
Auf dem Wochenmarkt entlang der Gemarkenstraße in Essen-Holsterhausen zieht das neu Torten-Mobil der Konditorei Sprenger die Blicke auf sich: Das Gefährt mit den knallpinken Farbtupfern ist hier zum ersten Mal im Einsatz. Etwa ein Dutzend Torten, Bleche voller Pflaumenkuchen und Cupcakes sind an Bord – und sie finden schon nach kurzer Zeit spontane Käufer.
Für den Essener Traditionsbetrieb Sprenger mit fünf Standorten in Stadtwald, Rüttenscheid, Kettwig, Werden und Heisingen ist der Marktwagen eine Investition in besorgniserregenden Zeiten. Steigende Energiekosten und Einkaufspreise plus verändertes Konsumverhalten – dieser Mix fordert den Konditorei-Betrieb heraus.
Torten-Mobil der Konditorei Sprenger fährt durch Essen
„Unsere letzte Stromrechnung lag allein für die Produktion bei über 10.000 Euro“, sagt Konditorei-Chefin Patricia Silberbach. Zu Beginn des Jahres seien es noch rund 4000 Euro gewesen. Etwas Spielraum gebe es bei den Arbeitsabläufen, aber ohne Öfen und Kühlhaus funktioniere eine Konditorei nun einmal nicht. Auch in den Filialen steigen die Energiekosten, hinzu kommen Mieten und höhere Einkaufspreise für die Zutaten. „Alle Produkte, die wir zukaufen, sind teurer geworden – ob Mehl, Sahne oder Butter.“ Und auch das Verpackungsmaterial aus Papier und Pappe schlage zu Buche.
Um ungefähr 10 bis 15 Prozent habe die Konditorei ihre Verkaufspreise erhöhen müssen, man wolle aber nicht sämtliche Steigerungen an die Kundschaft weitergeben. Den Kopf in den Sand zu stecken oder Betriebszweige aufzugeben sei keine Option, im Gegenteil geht der Betrieb nun in die Offensive und startet einen zusätzlichen Vertriebsweg. Über ein Torten-Mobil habe sie schon in der Hochphase der Corona-Pandemie nachgedacht, als das Einkaufen an frischer Luft besonders hoch im Kurs gewesen sei, sagt Silberbach. „Ich kaufe selbst gerne auf Märkten ein und Torten gibt es auf keinem Wochenmarkt, den ich kenne.“
Die jetzigen finanziellen Bedingungen haben den Anstoß gegeben, die Idee umzusetzen. Gemeinsam mit Kollegin Nina Herrgesell fuhr Silberbach nach Niedersachsen, um den Wagen nach ihren Vorstellungen ausstatten zu lassen. Jetzt ist er bereit für den Betrieb und feiert Premiere in Holsterhausen. Jeden Donnerstag von 12 bis 18 Uhr wird das Torten-Mobil dort nun Halt machen.
Spontaner Tortenkauf auf dem Wochenmarkt
„Mein Mann hat den Wagen beim Spaziergang entdeckt und wir sind sofort hergekommen“, sagt Karin Mertsch, die eine der ersten Kundinnen ist. Und es werde bestimmt nicht der letzte Einkauf bleiben, sagt sie. Über den Zuwachs für den Wochenmarkt freut sich auch Gabriele Frase, die hier Stammkundin ist: „Ich finde die Idee super, weil es hier in der Nähe keinen Konditor gibt“, sagt sie. „Ich hoffe, dass es ein dauerhaftes Angebot wird.“
Das hofft auch Konditorei-Chefin Silberbach, denn der Schritt zum Marktmobil ist auch ein Wagnis. Langfristig aber soll er neue Kundschaft bringen und den Umsatz steigern. „Es ist erst einmal eine große Investition, aber man ist viel flexibler“, sagt sie. Von der Idee ist sie überzeugt und strahlt, während sie etwas abseits steht und beobachtet, wie die ersten Stücke Frankfurter Kranz, Schwarzwälder Kirsch und Mousse-au-Chocolat-Torte über den Tresen gehen. Zwei Stücke Torte kosten auf dem Markt sechs Euro, dieser Preis soll auch nach der Eröffnungsaktion bleiben.
Torten-Mobil hält auch in Haarzopf
Silberbach hofft, dass sie hier neue Stammkundschaft gewinnt und Menschen sich spontan etwas gönnen – auch wenn sie nicht vorhersagen kann, wie die Essenerinnen und Essener ihr Einkaufsverhalten in den kommenden Wochen und Monaten ändern werden. Wenn es am Monatsende eng werde in der Haushaltskasse, sei ein Stück Torte Luxus, dessen sei sie sich bewusst. Sie führt den Betrieb in dritter Generation und muss ihn nun durch die Krise navigieren. „Mein Opa hat früher gesagt: Gegessen wird immer“, sagt Silberbach. Doch heute ist die Aussage relativ geworden.
Mit dem Torten-Mobil will sie ihre Ware deshalb nun an viele verschiedene Orte bringen. Freitags wird es auf dem Markt in Haarzopf stehen und mittwochs in Mülheim-Saarn, eventuell auch samstags. „Wir könnten mit dem Mobil auch Hochzeiten, Firmenfeiern und Weihnachtsmärkte ansteuern“, sagt Silberbach. technisch und rechtlich wäre es sogar möglich, irgendwann wie ein Eiswagen klingelnd durch die Stadtteile zu fahren und spontan am Straßenrand zu verkaufen.