Essen. Reizvolle Raritäten und eine besondere Annäherung an das Werk von Bach: Essener Domorganist verspricht dem Publikum „ziemlich heftige Musik“.

„Ziemlich heftige Musik“ versprach Sebastian Küchler-Blessing vorab. Und tatsächlich geriet seine Eröffnung zum 18. Internationalen Orgelzyklus am Essener Dom ausgesprochen spektakulär. Sechs Konzerte und sechs unterschiedliche Wege, sich Johann Sebastian Bach zu nähern, erwarten in den nächsten Wochen die Freunde der Orgelmusik.

Mit Bach und Reger stellte der „Hausherr“ am ersten Abend die Eckpfeiler der deutschen Orgeltradition monumental in den Raum: Die Fantasie und Fuge BWV 542 als expressiv kontrastreichen, strömenden Ausgangspunkt und die Phantasie und Fuge über B-A-C-H als Hommage des Spätromantikers. Opulent und zügellos (wie bei seinen legendären Essgewohnheiten) gab sich Max Reger in einer extrem geweiteten Tonsprache, die der Essener Domorganist hochvirtuos ausreizte zwischen mystischem Pianissimo an der Hörgrenze und rauschhaft gesteigerten Klangmassen, wie sie sich über Pedal und die vier Manuale ergossen.

In die Mitte setzte Küchler-Blessing drei reizvolle Raritäten, von denen das Stück „Gebrochene Flügel“ an die modernere Musik anknüpfte, wenngleich Tilo Medek nie als Avantgardist galt. Und doch lassen hier auch nach 50 Jahren die unwirklichen Farben der halbgezogenen Register, die die Rieger-Orgel im Dom technisch ermöglicht, ebenso aufhorchen wie die clusterhaften Dissonanzen und das apokalyptische Bass-Donnern.

Grummelnde Stille vor dem Sturm und realistische Gewitterdarstellung an der Orgel

Das führte nach einem reizenden barocken Kuckucks-Intermezzo von J.C. von Kerll zum Mozart-Zeitgenossen J.H. Knecht und seinem skurrilen Orgelwerk „Die durch ein Donnerwetter unterbrochene Hirtenwonne“. Waschechte Programmmusik von spieluhrenhafter Harmonie über grummelnde Stille vor dem Sturm bis zur realistischen Gewitterdarstellung – als hätte Beethoven nur wenig später mit seiner „Pastorale“ bei dem Vergessenen abgespickt …

Der 18. Internationale Orgelzyklus am Essener Dom im Überblick, die Konzerte beginnen jeweils mittwochs um 19.30 Uhr: 24. August: „Bach und Frankreich“ mit Michelkantor Jörg Endebrock, Hamburg, 31. August: „Nicht Bach, Meer sollte er heißen“ mit Prof. Christian Schmitt, Rotterdam/Bamberg, 7. September: „Wege zu Bach“ mit Léon Berben, Köln/Ostönnen, 14. September: „Liszt und Bach“ mit Hoforganist Stéphane Mottoul, Luzern, 21. September: „Die Kunst der Fuge“ mit Prof. Dr. Ludger Lohmann, Stuttgart.

Der Eintritt zu allen Konzerten des Orgelzyklus ist frei.