Essen.. Domorganist Sebastian Küchler-Blessing hat der Rieger-Orgel auf YouTube internationale Wahrnehmung beschert. Zum Domjubiläum gibt’s besondere Konzerte.

Als Sebastian Küchler-Blessing 2014 nach Essen gekommen ist, hat er seinen neuen Wirkungsort mit dem „Steigerlied“ begrüßt. Die Aufnahme konnte man damals auch auf YouTube erleben, ein Vorstellungsgruß, der nicht nur bei treuen Kirchgängern ankommen sollte. Das Ziel, die Dommusik und die Rieger-Orgel auch im Internet öffentlich bekannter zu machen, verfolgt Küchler-Blessing seither kontinuierlich.

An jedem Montag lädt der Musiker ein neues Orgel-Video auf YouTube hoch, mit eigenen Einspielungen, aber auch mit Auftritten von Gastmusikern. Wichtigstes Kriterium: „Es muss hohe Qualität haben“, sagt Küchler-Blessing, dessen Aufnahmen im Internet bisweilen zigtausend Aufrufe haben. Der Aufbau des Online-Orgel-Archivs soll weitergehen. Die Kritik, die der 29-jährige Organist vor Jahren noch für den Umgang mit der von manchen Kollegen verpönten Videoplattform geerntet hat, sie sei verflogen. „Meiner Meinung nach ist YouTube dabei, sich zu dem Leitmedium in der Musik zu entwickeln.“

Frischer Wind im Essener Dom

Das Youtube-Projekt ist nur ein Beispiel dafür, dass mit dem immer noch jüngsten Domorganisten Deutschlands ein frischer Wind in der Hohen Kirche zu Essen eingezogen ist. Was Kirchenmusik neben der musikalischen Gestaltung der Pontifikal- und Kapitelämter alles kann, das will Küchler-Blessing in der nächsten Woche auch im Rahmen der 700-Jahrfeier zum Bestehen des Gotischen Doms zeigen. Ab Montag beispielsweise lädt er jeweils um 12 Uhr zum 25-minütigen „Lunchkonzert“ in den Kreuzgang. Ein Happen Besinnlichkeit für die Mittagspause gewissermaßen, wechselweise mit Oboen, Trompeten und dem Essener Mädchenchor. Man soll die Vielfalt des musikalischen Angebots kennen lernen und den Zauber des Ortes gleich mit, den auch Küchler-Blessing bei seinem Amtsantritt in Essen empfunden hat.

Auszüge aus dem Jubiläumsprogramm


Vom 4. bis 9. Juli, jeweils 12 Uhr, gibt es kurze Lunchkonzerte im Kreuzgang.

Der Kino-Abend im Dom startet am 4. Juli, 20 Uhr. Domorganist Sebastian Küchler-Blessing und Murat Coskun begleiten den Film „Unsere Erde“ musikalisch.


Das Sacred Concert von Duke Ellington spielen die Big Band der Bundeswehr und die schwedischen Sopranistin Margareta Bengtson am 5. Juli, 19.30 Uhr.


Am 8. Juli erklingt Gregorianik: Um 21 Uhr spielen Folkwang-Absolventen des Masterstudiengangs „Musik des Mittelalters“ ihr Semesterabschlusskonzert. Um 23 Uhr lädt die Gregorianikschola der Domsingknaben zum Gottesdienst bei Kerzenschein.

Wie man das Spektrum der Kirchenmusik im 21. Jahrhundert erweitern kann, hat Küchler-Blessing schon auf viele Arten durchgespielt. Probleme, im Bistum Unterstützung für seine im Kirchenraum bisweilen noch ungewöhnlichen Projekte zu bekommen, kennt er nicht. „Wenn Inhalt und Begründung stimmen, gibt es keine Schwierigkeiten.“ Was Küchler-Blessing plant, sind schließlich keine auf den Aha-Effekt ausgerichteten Events, sondern immer langfristig gedachte und aus der Musikgeschichte heraus entwickelt Projekte. Und wenn er wie unlängst den Filmklassiker „Das Kabinett des Dr. Caligari“ im Dom zeigt, dann improvisiert er nicht nur über die Bilder dieses expressionistischen Meisterwerks, sondern auch über die Entwicklung der Mehrstimmigkeit in der Musik durch die Jahrhunderte. Für die Zukunft plant Küchler-Blessing auch, den Tanz und die Pantomime in die Dommusik-Reihe zu integrieren.

Große Aufmerksamkeit im Publikum

Neben der Begegnung unterschiedlicher Kunstformen zählt für ihn auch die Professionalisierung der Dommusik. Zu den Konzerten gibt es inzwischen eigene Programme und ein Publikum, das Küchler-Blessing als „unendlich feinfühlig und aufmerksam“, aber auch als „unermesslich herzlich“ lobt. Dem jungen Domorganisten aber geht es nicht nur um schöne Klänge, sondern auch darum, religiöse Fragen nach Vergänglichkeit, Nächstenliebe und dem Bösen auf der Welt künstlerisch aufzugreifen. Das nächste Konzert der Reihe „Dimension Domorgel“ steht deshalb unter dem Titel „Inferno“.