Essen-Kupferdreh. Linsen, Kokosmilch, Spinat oder Mangold: Bei „ruhrista“ in Kupferdreh gibt es alles – außer Fleisch. Was in dem Essener Lokal aufgetischt wird.

Es ist drückend heiß. Genau das Richtige ist jetzt die andalusische Suppe „Gazpacho“. Sie besteht zum Großteil aus Tomaten und wird kalt gegessen. Sven Scheffler serviert sie mit Gemüsestücken und Croûtons. Sein Lokal „ruhrista“ am Kupferdreher Markt bietet seit vier Jahren vegetarische und vegane Gerichte wie Mangold-Saag mit Kartoffeln oder orientalische Eintöpfe.

Absoluter Renner ist das indische Gericht Dal mit roten Linsen, Kokosmilch und Spinat. Dazu Basmatireis und traditionell gebackenes arabisches Fladenbrot. Glutenfrei und vegan. Der 59-Jährige entwickelte schon früh seine Leidenschaft fürs Kochen, die er an vielen gastronomischen Stationen weiterverfolgte. Inzwischen gilt seine Konzentration ganz der vegetarischen Küche: „Es ist erstaunlich, dass es in Essen da nur eine Handvoll Läden gibt.“

Vegetarische Eintöpfe gibt es auch zum Mitnehmen bei „ruhrista“ am Kupferdreher Markt in Essen-Kupferdreh.
Vegetarische Eintöpfe gibt es auch zum Mitnehmen bei „ruhrista“ am Kupferdreher Markt in Essen-Kupferdreh. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Die Aromen- und Zutatenvielfalt aus aller Welt mache doch gerade diese Küche innovativ und attraktiv. Zudem verbinde sie Nachhaltigkeit mit einem Gewinn an Genuss. Doch Scheffler möchte eines klarstellen: „Ich habe nichts Missionarisches an mir. Natürlich könnte ich referieren, dass wir den Fleischkonsum reduzieren müssen. Ich kenne nichts, was so schnell und einfach positive Ergebnisse fürs Klima brächte. Für Flächen, Wasser, Luft.“ Doch akademische Diskussionen brächten nichts: „Man muss die Kunden dort abholen, wo sie sind. Ich möchte zeigen, wie unglaublich lecker vegetarische Küche ist.“

Vegetarisch speisen mit Blick auf den Markt

Die Öffnungszeiten montags bis freitags von 11 bis 15 Uhr seien lediglich grobe Vorgaben, betont Sven Scheffler: „Wenn das Licht an ist, sind wir da.“ Die Kunden können ihre Mahlzeit auch draußen mit Blick auf den Kupferdreher Markt genießen.

Die gegrillten Wraps heißen hier Sonnenlicht, Purpur oder Regenbogen und glänzen mit Zutaten wie Dattelsirup, Ziegenkäse, Ingwer-Aprikosenchutney und Soffrito-Bulgur. Die beliebtesten Eintöpfe werden in Portionsgläser gefüllt und sind mehrere Wochen haltbar.

Weitere Infos sind unter www.ruhrista.de zu erhalten.

Fleischesser befürchteten nun mal Genussverluste: „Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Die Palette an Geschmäckern ist in der vegetarischen Küche ungleich größer.“ Es gehe ihm um harmonische und ausgewogene Gerichte: „Die mit Schmelz im Mund. Da kann man gar nicht anders, als sich den Bauch vollzuschlagen.“

Leerstehendes Ladengeschäft am Kupferdreher Markt gab den Ausschlag

Nach über 30 Jahren in Küche und Service war die Gastronomie mit ihren ausufernden Arbeitszeiten eigentlich das Letzte, was Sven Scheffler wollte. Doch er mochte einfach kein Fleisch mehr essen: „In Restaurants wurde ich als vegetarischer Kunde überhaupt nicht ernst genommen. Also habe ich angefangen, für mich zu experimentieren. Ich habe mich mit Gewürzen beschäftigt und eigene Mischungen hergestellt. Dabei sind viele attraktive Sachen herausgesprungen.“

Am Rande des Kupferdreher Marktplatzes liegt das Lokal ruhrista.
Am Rande des Kupferdreher Marktplatzes liegt das Lokal ruhrista. © sag | Bild

Als er immer neue Rezepte entdeckte und auch Freunde bekochte, wuchs da dieser Gedanke. Ein leerstehendes Ladengeschäft am Kupferdreher Markt gab den Ausschlag: „Die Parkplatzsituation ist überhaupt nicht so angespannt, wie immer behauptet wird. Und der Stadtteil ist einer der am besten an den ÖPNV angeschlossenen in Essen.“ Also eröffnete er im September 2018 sein Lokal: „Der Name ,ruhrista’ ist auch so gemeint. Ich bin mit Leib und Seele ein Ruhri. Ich liebe diese Region.“

Junge Familien denken ganz anders über Ernährung

Er sei absolut überzeugt gewesen von seinem Konzept: „Üblicherweise benötigt man zwei Jahre, um sich durchzusetzen. Ich dachte ernsthaft, das gelte nicht für mich. Die Leute kamen auch, waren begeistert. Doch dann kamen sie erst nach Monaten wieder.“ Kupferdreh sei ein alternder Stadtteil, da fielen Veränderungen schon schwer: „Essen hat ganz viel mit Gewohnheit zu tun.“ Die Beharrungskräfte waren groß, doch nun beobachte er vorsichtige Veränderungen: „Es kommen junge Familien nach Kupferdreh. Und die denken doch ganz anders nach über Ernährung. Die Leute haben sich Gedanken gemacht über ihr Essen, die kommen nicht zufällig.“

Vor seinem Lokal „ruhrista“ bietet Sven Scheffler Sitzmöglichkeiten auf dem Kupferdreher Markt an.
Vor seinem Lokal „ruhrista“ bietet Sven Scheffler Sitzmöglichkeiten auf dem Kupferdreher Markt an. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Als er in der Pandemie oft nur leere Stühle bewacht habe, sei die Karte drastisch reduziert worden auf ein Grundprogramm mit zwei Suppen und wenigen Gerichten, ergänzt durch Tagesangebote: „Heute schätze ich diese Flexibilität. Am Wochenende probiere ich aus, koche neue Sachen, die dann am Montag sofort angeboten werden.“

Sein Können stellt Sven Scheffler auch für große und kleine Veranstaltungen zur Verfügung: „Die Rezepte für große Mengen umzuarbeiten, ist eine Mischung aus exakter Buchführung und Experimentierfreude. Dann ist auch ein 200-Personen-Catering überhaupt kein Problem mehr.“ Er arbeite viel mit Kunstgalerien zusammen und liefere Fingerfood für Vernissagen: „Jedes Häppchen soll ein Geschmacks-Flash sein.“