Essen. Beherzt hat eine Essenerin einer jungen Ukrainerin (19) geholfen: Diese hatte bei einem Raketenangriff ein Bein verloren, drohte zu sterben.

Für Mira Dohin war der Angriff auf Kramatorsk erst eine schreckliche Nachricht aus dem fernen Krieg in der Ukraine – und dann so nah. Als sie liest, was ihre Nachbarin auf WhatsApp über das Schicksal von Anastasiia Shestopal schreibt, steht für sie fest: Das Mädchen muss zur Behandlung nach Essen kommen.

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Dohin ist weder Ärztin noch arbeitet sie in einer Hilfsorganisation: „Ich bin Personalreferentin, habe drei Söhne und bin recht gut vernetzt“, sagt sie schlicht. Ihr Netzwerk, zu dem auch Mediziner zählen, soll ihr helfen, den Transport für Anastasiia zu organisieren. Schnell wird dabei klar, dass eine Evakuierung auf eigene Faust zu gefährlich ist. „Bei Anastasiias Zustand fragte sich, ob sie das überlebt hätte.“

Befreundete Ärztin sieht TV-Beitrag über Unternehmen für Patiententransporte

Doch eine befreundete Ärztin hat einen Fernsehbeitrag über ein Hattinger Unternehmen für Patiententransporte gesehen „MedCareProfessional“, das Hilfseinsätze für die Ukraine macht. Kurzentschlossen ruft Dohin Geschäftsführer Michael Weber an, der sofort verspricht: „Wenn man sie rausholen kann, machen wir das.“ Allerdings könne er nur bis zur polnische Grenze fliegen, Anastasiia müsste bis ins grenznahe Lwiw kommen. Sie liegt am anderen Ende der Ukraine in Dnipro. Die deutschen Helfer wissen nicht mal, wo genau.

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Auf der Suche nach der Patientin, nehmen sie Kontakt zu Paramedic Brandenburg auf, die in der Ukraine arbeiten. Sie chatten mit Anastasiias Ex-Freund, der ihre Geschichte nach Essen getragen hatte. So finden sie endlich das Krankenhaus. Es ist überfüllt, dem Mädchen geht es schlecht. Bevor sie mit ihrer Mutter im Zug nach Lwiw fahren kann, muss sich ihr Zustand verbessern.

Anastasiia wird im Rettungswagen transportiert

Dohin erledigt derweil die Formalitäten für die Reise zweier Fremder: „Ich hatte Screenshots von allen medizinischen Unterlagen, von jedem Pass.“ Ihr Mann organisiert die Wohnung, in der Mutter und Tochter heute leben. Ein Arzt aus dem Freundeskreis sorgt dafür, dass die Uniklinik für Anastasiias Ankunft Anfang Mai ein Bett frei hält.

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Einen Flugtransport bekommt sie im letzten Moment doch nicht: Die Hattinger nehmen zwei Kinder in höchster Lebensgefahr an Bord. Anastasiia wird im Rettungswagen transportiert, mit kurzem Kontrollstopp in einer Klinik in Cottbus. Als sie in Essen eintrifft, liegt Mira Dohin selbst im Krankenhaus. Sie ruft „Werden hilft“ an, und Ehrenamtliche des Vereins begleiten Anastasiias Mutter bei Behördengängen.

„Alle waren so unkonventionell, auch die Stadt und die Uniklinik“, sagt Mira Dohin: „Es ging nur mit vielen Menschen mit großem Herz!“ Und denen sind die Shestopals unendlich dankbar: „Wir vergessen nie, dass sie das möglich gemacht haben.“

Wer für Anastasiia spenden möchte, kann das jetzt über das Konto von Werden hilft e.V. IBAN: DE45360501050001611805, BIC: SPESDE3E, Spendenzweck: Für Geflüchtete mit Behinderungen und/oder Kriegsverletzungen.