Essen-Heisingen/Steele. Radfahrer und Fußgänger: Zwei Welten auf dem Essener Ruhrtalradweg. Fahrradfahrer müssen aber nicht extra langsam fahren. Ein Kommentar.
Radfahrer sind die neuen SUV-Fahrer: zu schnell, zu raumeinnehmend, rücksichtslos und ignorant. Wenn sie dann noch mit einem Lastenrad oder gar ohne Helm unterwegs sind, werden sie förmlich von Spott und Unverständnis verfolgt. Wird das das Ergebnis der Verkehrswende sein: volle Radwege, verärgerte Fußgänger?
Fußgänger bangen um ihr Leben auf dem Essener Ruhrtalradweg
Der Essener Ralf Lopez Garcia beschwerte sich bei dieser Zeitung zuletzt bitterlich über das rücksichtslose Verhalten von Fahrradfahrern auf dem Ruhrtalradweg, Tiere und Fußgänger würden zwischen Heisingen und Dahlhausen regelmäßig gefährdet. Auch er fahre Fahrrad, aber „langsam und vorsichtig“. Kommentatoren, die sich in den sozialen Medien dazu äußern, begrüßen das. Nutzer schreiben bei Facebook, sie „bangen manchmal auf dem Ruhrtalradweg um ihr Leben“, konnten „im letzten Moment noch zur Seite springen, als ein Radfahrer anrauschte“, von Zweiradautobahnen auf denen geblitzt werden müsste ist dort die Rede. Einige Fußgänger wünschen sich offenbar, dass alles, außer dem Drei-Gang-Holland-Rad – natürlich ohne Elektroantrieb – von der Strecke verbannt wird.
Um Fakten zu schaffen: Laut Polizei wurden auf dem 30 Kilometer langen Teil des Ruhrtalradwegs zwischen Essen-Kettwig und Bochum-Dahlhausen in diesem Jahr sieben Unfälle gemeldet, bei denen Radfahrer beteiligt waren. Bei fünf Unfällen kam es zu Leichtverletzten, bei zwei Unfällen zu Schwerverletzten. „Schwerverletzt bedeutet, dass die Personen stationär im Krankenhaus aufgenommen wurden. Es kann aber auch nur eine Nacht zur Kontrolle gewesen sein. Die tatsächliche Schwere der Verletzung kann man so nicht ermitteln“, erklärt Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato.
Ruhrtalradweg: Rücksicht und Freundlichkeit schadet nicht
Ist der Ruhrtalradweg für Fußgänger also eine Gefahr? Dort wo sie auf Radfahrer treffen, sind Konflikte jedenfalls programmiert: Jede Gruppe ist genervt von der anderen. Nutzt der Radfahrer seine Klingel – oder eben nicht, ist das falsch: Entweder er jagt den Fußgängern einen Schrecken durch das „Ping“ ein, oder dadurch, dass er lautlos einfach so vorbei fährt. Nutzt eine Familie die ganze Gehwegbreite erntet sie oft ein Kopfschütteln seitens des Zweiradfahrers.
Was beide Gruppen offenbar vergessen: Auch Fußgänger fahren manchmal Rad und Radfahrer gehen ganz sicher manchmal zu Fuß. Sind Fuß- und Radweg auf dem Ruhrtalradweg also nicht getrennt, muss Rücksicht das A und O sein, und auch Freundlichkeit hat noch nie geschadet.
Fußgänger müssen auf einem Radweg mit Fahrradfahrern rechnen
Radfahrer müssen dann nicht zu jeder Zeit „langsam und vorsichtig fahren“, schließlich sind die meisten nicht auf einer Ausflugsfahrt, sondern wollen zeitnah irgendwo hin. Aber sie müssen Situationen richtig einschätzen und abbremsen, wenn beispielsweise Hunde, Kinder oder Senioren den Weg unter Umständen etwas kreativ nutzen und sie sollten keine riskanten Überholmanöver starten. Fußgänger wiederum sollten damit rechnen, dass auf einem Radweg auch Radfahrer von vorne und hinten kommen und sie sollten wissen, dass es mittlerweile E-Bikes, Lastenräder und Fahrräder mit Anhänger gibt, die dort unterwegs sind – anders als zu Zeiten, als der aus heutiger Sicht viel zu schmale Weg gebaut wurde.