Essen. Viele Jahre sah unser Autor vom Ufer aus die Stand Up-Paddler auf dem Baldeneysee in Essen und fasste sich dann ein Herz. Ein Erfahrungsbericht.

„Nicht das Wasser streicheln, Frank!“, ruft Nicole Rechenberg und zeigt mir, wie man mit dem Paddel ins Wasser „reinsticht“, um gut vorwärtszukommen. Klingt einfach, Trainerin! Doch im Moment bin ich hauptsächlich damit beschäftigt, auf dem Brett zu bleiben und nicht in den Baldeneysee zu fallen, was gerade etwas zulasten der Paddel-Technik geht.

Stand Up-Paddling (SUP) ist nicht gerade ein neuer Trend am Baldeneysee, schon seit Jahren sehe ich vom sicheren Uferweg aus sehnsüchtig zu, wie die Paddler sich mehr oder weniger gravitätisch auf dem See bewegen. Das sieht bei einigen sehr leicht aus und sehr entspannt, aber man ahnt, dass das nicht für Anfänger gilt. Also habe ich mir für meine ersten, nun ja, Gehversuche eine Privatstunde beim „Pott-Paddler“ gegönnt. Die SUP-Schule im Seaside Beach ist eine von mehreren, die rund um den See ihre Dienste anbieten.

Ein paar Grundlagen etwa zum Thema Vorfahrt sind Pflicht am Baldeneysee

Phil Mandeau sagt, damit hätte ich die richtige Entscheidung getroffen, und das nicht nur, weil er bei den Pott-Paddlern der Chef ist. Wer nicht nachweisen kann, dass er unter kundiger Anleitung das kleine SUP-Einmaleins gelernt hat, kriegt zumindest bei ihm keine Ausrüstung verliehen. Zu gefährlich. „Der Baldeneysee ist eines der meist frequentierten Freizeitgewässer Deutschlands“, sagt Mandeau. Ein paar Grundlagen zum Thema Vorfahrt etwa können da lebenswichtig werden. Und es sei zum Beispiel auch keineswegs ein Zufall, dass es am See weder einen Ruderboot- noch einen Tretbootverleih gibt. Das ohnehin schon recht hohe Gedränge nehme sonst an schönen Tagen einfach überhand.

Ab in den See und wieder zurück aufs Brett – ein Manöver, das zur Kurzausbildung dazugehört.
Ab in den See und wieder zurück aufs Brett – ein Manöver, das zur Kurzausbildung dazugehört. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Stand Up-Paddling ist als quasi unterste Stufe des Wasserverkehrs auf dem See überall erlaubt, doch um sich selbst und andere nicht zu gefährden, sollte man eben wissen, was man darf und vor allem was nicht. Dies zu vermitteln ist der Job von Nicole Rechenberg, die bei den Pott Paddlern Kurse gibt. Die 44-Jährige ist im Hauptberuf Krankenschwester, aber leidenschaftlich gerne auf dem Brett unterwegs und hat ihr Hobby zum Nebenberuf gemacht.

Bevor es aufs Wasser geht, kommt erst die Theorie

Bevor es mit ihr aufs Wasser geht, gibt es aber erst mal etwas Theorie: Was die Bojen auf dem See zu bedeuten haben, wo genau man fahren darf, wie man ein Brett zum Ufer trägt und wie es startklar gemacht wird, was Lee und was Luv, Nose und Tail bedeuten, wie man sich am Fußgelenk mit dem sogenannten Board-Leash sichert und wo die Füße auf dem Brett genau hingehören; schließlich, ganz wichtig, wie man das Paddel bedient.

So sichert man sich richtig: Nicole Rechenberg beim Anlegen des Board Leash.
So sichert man sich richtig: Nicole Rechenberg beim Anlegen des Board Leash. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Dann wird’s ernst. „Wenn du ablegst, kniest du dich am besten erst mal hin“, sagt sie. Okay, das ist mir gerade heute eh am liebsten. Denn es ist windig und das Wasser ziemlich unruhig – nicht die günstigsten Bedingungen für Anfänger. Nach ein paar Minuten Eingewöhnung kommt unweigerlich der spannende Moment des Aufstehens und der Versuch, dabei im Gleichgewicht zu bleiben. „Es ist normal, dass am Anfang deine Beine zittern“, tröstet mich meine Trainerin.

Irgendwann lässt die Verkrampfung in Beinen und Rücken nach

Stimmt, tun sie, aber das gibt sich dann überraschend schnell. Links rudern, rechts rudern, geradeaus fahren, im Kreis fahren – das sind so die Manöver-Essentials, die ich lerne. Auf jeden Fall sollte man nicht stehenbleiben, denn das ist wie beim Fahrradfahren die instabilste Option. „Guck nicht auf deine Füße, sondern dahin, wo du hinwillst“, sagt Nicole, um dann immer wieder meinen zaghaften Paddelstil zu korrigieren. Irgendwann lässt die Verkrampfung in Rücken und Beinen nach, und es fängt langsam an, Spaß zu machen.

Phil Mandeau ist Inhaber der Firma Pott Paddler am Seaside Beach und Präsident des Bundesverbandes der Stand Up-Paddler.
Phil Mandeau ist Inhaber der Firma Pott Paddler am Seaside Beach und Präsident des Bundesverbandes der Stand Up-Paddler. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Um die kleine Scheckkarte zu bekommen, die mich als lizenzierter Stand Up-Paddler ausweist, fehlt aber noch etwas. Nicole will sehen, ob ich aus dem Wasser selbstständig wieder aufs Brett komme. Wenn es nicht unfreiwillig passiert, was als SUP-Anfänger natürlich vorkommt, dann eben freiwillig. Als leidenschaftlicher Baldeneysee-Schwimmer mache ich das gerne, und die tropfnasse Rückkehr aufs Brett ist leichter als erwartet.

Das war’s auch schon, die Stunde ist vorbei. Phil Mandeau hatte nicht zu viel versprochen, als er SUP als rasch erlernbar bezeichnete. Persönliches Fazit: Das war nicht das letzte Mal. Stand Up-Paddling könnte glatt meine Sport-Palette ergänzen.

Dieser Text wurde erstmals im Sommer 2022 veröffentlicht.

Rund um den Baldeneysee gibt es mehrere Anbieter

Neben den Pott Paddlern bieten weitere SUP-Station am Baldeneysee Anfängerkurse für Gruppen und Einzelpersonen an, etwa „Kanu Tour Ruhr“ und „Paddel-Surf“ an der Kampmannbrücke und „Original sein“ in Heisingen. Nähere Infos und Tarife gibt es auf den jeweiligen Homepages und Facebook-Auftritten.

In der Regel vermieten die Anbieter auch Boards und Paddel, wobei ein Zertifikat Pflicht ist. Bei den Pott Paddlern etwa kostet eine Stunde 15 Euro, zwei Stunden 25 Euro. Hinzu kommt hier noch der Eintritt im Seaside Beach.