Essen. Stand-Up-Paddeln boomt auf dem Baldeneysee in Essen. Doch so mancher, der sich aufs Wasser wagt, kennt weder Regeln noch Risiko.

Anfangs waren es nur einige wenige, die sich aufs Wasser wagten. Inzwischen sind Stand-Up-Paddler auf dem Baldeneysee ein vertrautes Bild. Und es werden immer mehr. Die Sportart boomt. Spätestens seit auch Lebensmittel-Discounter regelmäßig Boards für einen bezahlbaren Preis im Angebot haben, bestätigt Phil Mandeau.

Mandeau ist Präsident der German Stand Up Paddling Association. Der eingetragene Verein versteht sich als bundesweite Interessenvertretung der Stand-Up-Paddler und hat seine Zelte am Baldeneysee aufgeschlagen.

Vorfahrtsregeln und Manöver sollten Anfänger auf dem See beherrschen

Seit betreibt Jahren betreibt Mandeau dort eine Schule fürs Stand-Up-Paddeln mit dem schönen Namen „Pott-Paddler“.Am Seaside Beach bringt er Anfängern in zweistündigen Kursen die Grundlagen der noch jungen Wassersportart in Theorie und Praxis bei. Vorfahrtsregeln zählen ebenso zum Programm wie Manöverübungen. Beides sollte beherrschen, wer auf den See hinaus paddelt, wo es bei schönem Wetter auch ohne die „Neuen“ ziemlich voll ist. Denn Weiße Flotte, Segler, Ruderer und Kanuten sorgen bereits für jede Menge Verkehr.

Über mangelnde Nachfrage könne er sich nicht beklagen, berichtet Phil Mandeau. Acht Instruktoren zählen mittlerweile zum Team. Dass der Sport immer beliebter wird, freut ihn als Verbandschef und als Unternehmer. Dennoch sieht Mandeau die Entwicklung durchaus kritisch.

So mancher seiner Schüler habe keine Ahnung, was die roten und grünen Tonnen bedeuten, welche die Fahrrinne der Schifffahrt auf See und Ruhr markieren. Und sie wissen nicht zu unterscheiden zwischen Lee und Luv. Geschweige denn, wie sie sich bei den durchaus tückischen Windverhältnissen auf dem Baldeneysee verhalten sollten.

Böen bis Windstärke 5 sind auf dem Baldeneysee nicht ungewöhnlich

Trainerin Nicole Rechenberg zeigt, wie es geht.
Trainerin Nicole Rechenberg zeigt, wie es geht. © FUNKE Foto Services | Foto: André Hirtz

Wer diese Bedingungen unterschätzt, der riskiert abzutreiben und es nicht mehr aus eigener Kraft zurück zu schaffen. „Dann können Sie sich in Heisingen ein Taxi nehmen. Nur müssen Sie dem Fahrer erklären, dass sie ein vier Meter langes Bord dabei haben“, sagt Mandeau nur halb im Scherz.

Das wäre aber nicht das Schlimmste, was passieren kann. Mandeau beobachtet immer wieder, dass sich Paddler ohne jede Einweisung aufs Wasser wagen und die eigenen Fähigkeiten dabei überschätzen. Bei Böen bis Windstärke 5, die auf dem Baldeneysee nicht ungewöhnlich sind, kann das im Einzelfall sogar lebensgefährlich werden. Dass Paddler immer wieder ohne Bord-Leach unterwegs sind, ohne die Sicherheitsleine, die am Knöchel befestigt wird, damit das Board nicht davon treibt, wenn man ins Wasser fällt, kommentiert Mandeau mit einem Kopfschütteln.

Den ein oder anderen Paddler mussten er und seine Trainer schon zurück ans Ufer holen. Damit es dazu möglichst erst gar nicht kommt, erwerben seine Schüler durch die Kursteilnehmer ein Zertifikat. Nur wer ein solches vorlegen kann, darf am Seaside Beach ein Paddle-Board ausleihen.

Stand-Up-Paddeln ist eine Sportart für Individualisten

Wer sich auf eigene Faust mit seinem eigenen Board aufs Wasser wagt, braucht dafür weder ein Zertifikat noch eine Fahrerlaubnis. In der Ruhrschifffahrtsverordnung tauchen die Bretter, SUBs genannt, gar nicht auf. Ob es sich beim Stand-Up-Paddeln über einen Surfsport handelt oder doch dem Kanusport näher, darüber streiten sogar die jeweiligen Verbände.

Für viele Sportler hat das Stand-Up-Paddeln auch deshalb seinen besonderen Reiz, weil sie ihr Sportgerät nahezu überall mühelos zu Wasser lassen können, um es nachher wieder mit nach Hause zu nehmen, weiß Mandeau. Ähnlich wie das Surfen sei es eine Sportart für Individualisten. Und die lassen sich eben nicht gerne dreinreden. Fürs Fahrradfahren benötige man auch keinen Führerschein, bekomme er oft zu hören, berichtet Mandeau. „Aber die Verkehrsregeln lernen wir schon als Kind, sei es in der Grundschule oder von unseren Eltern.“

Was den Baldeneysee angeht, sehe er noch keinen Handlungsbedarf, sagt Mandeau. Das mag sich ändern, wenn die Zahl der Unvernünftigen weiter zunimmt. Auf anderen Gewässern gehe es längst strikter zu. „Auf dem Bodensee haben sie sieben große Flächen definiert, auf denen das Stand-Up-Paddeln verboten ist.“ Als Verbandschef kann Mandeau das nicht gefallen. Ob es eines Tages auf dem allerdings deutlich kleineren Baldeneysee soweit kommt? Die Stand-Up-Paddler haben es auch selbst in der Hand.

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