Essen-Frohnhausen. In der Essener Diergardtstraße sitzen Ratten in den Mülltonnen, rennen über den Gehweg und kommen ins Haus. Anwohner fühlen sich alleingelassen.

  • Seit zwei bis drei Monaten klagen die Anwohnerinnen und Anwohner der Diergardtstraße in Essen-Frohnhausen über ein massives Rattenproblem.
  • Von der Stadt Essen fühlen sie sich alleingelassen, obwohl die Rattenplage schon mehrmals gemeldet worden ist.
  • Auch auf die Straße geworfener Müll trägt nicht dazu bei, das Problem zu lösen.

Anwohnerinnen und Anwohner der Diergardtstraße wissen nicht mehr weiter. Seit zwei bis drei Monaten, so schildern sie, habe sich an ihrer Straße eine große Rattenpopulation angesiedelt. „Sie sitzen in den Mülltonnen, rennen über die Straße und durch die Büsche und kommen mittlerweile sogar ins Haus“, sagt Rüdiger Schminke, der gemeinsam mit seiner Frau in einer Eigentumswohnung in der Diergardtstraße lebt. Von der Stadt fühle man sich im Stich gelassen.

Ein Ortsbesuch zeigt: Beim Aufklappen der Mülltonne, die in einer Müllbox an der Straße steht, kommt tatsächlich sofort eine Ratte zum Vorschein. In die Tonnen gelangen die Tiere immer dann, wenn die Deckel offenstehen, damit die Müllabholung durch die EBE reibungslos verläuft. Später huscht noch eine Ratte aus dem Gebüsch am Straßenrand auf den Bürgersteig.

Essen-Frohnhausen: Anwohnerin traut sich nicht mehr an die Mülltonnen

Ein Blick in Rüdiger Schminkes Mülltonne in Essen-Frohnhausen: Ratten fühlen sich darin wohl.
Ein Blick in Rüdiger Schminkes Mülltonne in Essen-Frohnhausen: Ratten fühlen sich darin wohl. © Rüdiger Schminke

Anwohnerin Esther Heß, die ebenfalls in einer Eigentumswohnung an der Diergardtstraße lebt, meidet die Mülltonnen mittlerweile. „Ich erinnere mich noch genau, wie ich einmal den Deckel aufgemacht habe. Da saß eine Ratte oben und hat mich direkt angeschaut“, erzählt sie. Sie habe große Furcht vor den Tieren. „Das kann man den Bürgern doch nicht zumuten. Ich habe einen schwachen Kreislauf und wirklich Angst, dass ich eine Herzattacke bekomme, wenn eine Ratte auf mich zuspringt.“ Nun bittet sie meist Nachbarn, ihren Müll für sie in die Tonne zu werfen. Zum Beispiel Rüdiger Schminke – der die Mülltonnen aber auch nur noch vorsichtig öffnet.

„Eine andere Nachbarin klopft vor dem Öffnen immer mit dem Schuh gegen die Tonne“, sagt Heß. Schminke erinnert sich, dass auch einmal eine ausgewachsene Ratte mit Jungtieren aus der Müllbox gelaufen sei: „Die vermehren sich ja unheimlich schnell.“ Bei Anwohner Michael Hendricks sind die Ratten schon durch den Garten gelaufen. „Ich habe dann mehrere spezielle Rattenköder ausgelegt, die auch schnell weg waren“, berichtet er.

Essener hat schon einen Kammerjäger engagiert

An der Diergardtstraße in Essen-Frohnhausen und an angrenzten Parkplätzen und Grünflächen werfen Unbekannte oft ihren Müll hin. Anwohner Rüdiger Schminke befürchtet, dass dies das Rattenproblem noch schlimmer macht.
An der Diergardtstraße in Essen-Frohnhausen und an angrenzten Parkplätzen und Grünflächen werfen Unbekannte oft ihren Müll hin. Anwohner Rüdiger Schminke befürchtet, dass dies das Rattenproblem noch schlimmer macht. © Rüdiger Schminke

In der Zwischenzeit haben die Tiere offenbar auch das Haus gekapert, in dem Rüdiger Schminke lebt. „Wir haben ein Apartment im Haus für unseren Sohn ausgebaut. Irgendwann berichtete er, dass er Geräusche in der Zwischendecke hörte“, erzählt der Frohnhauser. Er habe dann selbst einen Kammerjäger engagiert, der das Problem dort durch Auslegen von Ködern beseitigt habe. Doch die Rattenplage im öffentlichen Raum bleibe. „Ein zusätzliches Problem ist, dass an der Straße und auf den Grünflächen immer wieder Leute ihren Müll hinwerfen. Der lockt die Ratten natürlich an“, schildert Schminke. Er melde sich inzwischen wöchentlich deswegen bei der Stadt.

Wie Stadtsprecherin Jacqueline Schröder bestätigt, ist dem Ordnungsamt der Stadt Anfang Mai zum ersten Mal ein Rattenbefall im Bereich der Diergardtstraße gemeldet worden. „Daraufhin erfolgte eine örtliche Ermittlung durch den Außendienst. Dabei konnten keine Rattenschlupflöcher festgestellt, allerdings eine Ratte beobachtet werden, die aus dem Straßenbegleitgrün lief“, erklärt Schröder. Für die Pflege der Grünflächen an der Straße sei das Amt für Straßen und Verkehr zuständig.

Essener Amt für Straßen und Verkehr hat eine Rattenfalle aufgestellt

Deshalb habe man das Ermittlungsergebnis zuständigkeitshalber an diesen Fachbereich weitergeleitet – mit der Bitte, in den sich in der Diergardtstraße befindlichen Sträuchern und Baumscheiben Rattenbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen, so Schröder. Anfang Juni habe der zuständige Quartiershausmeister dem Ordnungsamt dann erneut einen Rattenbefall am Gemeinschaftsgarten in der Diergardtstraße sowie in den Baumbeeten an der Sybelstraße und der Lüneburger Straße gemeldet.

„Daraufhin wurde der Bereich Diergardtstraße noch mal im Rahmen einer örtlichen Ermittlung überprüft“, führt Schröder weiter aus. „Dabei konnte ein großes Rattenschlupfloch festgestellt werden. An diese Stelle wurde eine Rattenfalle vom Amt für Straßen und Verkehr aufgestellt.“ Eine Überprüfung des Bereichs Sybelstraße/Lüneburger Straße sei bereits veranlasst worden. Dabei wolle man schauen, ob die Rattenfalle ihre Wirkung zeige. Das Ergebnis liege jedoch noch nicht vor. Die Anwohner der Diergardtstraße betonten, es habe sich gar nichts verändert.

Ein Gebüsch an der Essener Diegardtstraße: Hier haben die Ratten zahlreiche Löcher gegraben.
Ein Gebüsch an der Essener Diegardtstraße: Hier haben die Ratten zahlreiche Löcher gegraben. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Essener Kammerjäger: Mehrere Köder auszulegen, ist sinnvoll

Kammerjäger Volker Skor, dessen Büro sich direkt an der Frohnhauser Straße befindet, hat tagtäglich mit Schädlingen zu tun. Seiner Erfahrung nach kann es verschiedene Gründe haben, wenn sich Ratten auf der Straße tummeln. Einer davon: „Wenn Rohre in der Kanalisation kaputt sind, kommen die Ratten über diesen Weg an die Oberfläche.“ Denn die Tiere haben einen angeborenen Nagetrieb, der auch vor Metallrohren nicht Halt macht. Durch die Löcher könnten sie sich dann durchquetschen, erklärt Skor: „Ein oder zwei Zentimeter Durchmesser reichen für eine Ratte.“

Skors Expertise zufolge sollte man bei Rattenbefall mehrere Köderstationen aufstellen. Die müssen jeweils so beschaffen sein, dass sie für Kinder, Vögel oder Haustiere ungefährlich sind. „Wichtig ist auch, dass die Ratten erst nach drei bis fünf Tagen verenden“, sagt der Kammerjäger. Sonst könnten die intelligenten Tiere nämlich nachvollziehen, woran ihre Artgenossen gestorben seien.