Die Stadt Essen und Rot-Weiss Essen legen einen Zeitplan für den Ausbau des Stadions an der Hafenstraße vor. Einigen geht das zu schnell.
Rot-Weiss Essen surft auf einer Euphoriewelle. Der langersehnte Aufstieg in die dritte Liga ist endlich geschafft, die Vorfreude der Fans auf die kommende Saison ist riesig. Auf der Jahreshauptversammlung am Sonntag nutzte Marcus Uhlig die Gunst der Stunde: Der RWE-Vorstand brachte den Ausbau des Stadions an der Hafenstraße ins Spiel. Zur Spielzeit 2026/2027, so Uhlig, könnte das Stadion Platz für 27.000 Fans bieten. Entscheidungsträger in der Politik reagieren zurückhaltend.
Träumen ist erlaubt. Doch was Uhlig dort vortrug, war sehr wohl abgestimmt mit der Stadt Essen und der städtischen Grundstücksverwaltung GVE als Eigentümer der Immobilie, wie der RWE-Vorstandsvorsitzende im Gespräch mit der Redaktion betonte. Nach dem Aufstieg sei er mit Oberbürgermeister Thomas Kufen und GVE-Geschäftsführer Dirk Miklikowski darüber ins Gespräch gekommen, wie es mit dem Stadion weitergehen könnte.
Für internationale Begegnungen sind 20.000 Sitzplätze nötig
Bereits für die Jahreshauptversammlung verständigte man sich auf eine gemeinsame Sprachregelung: mit Blick auf die Anforderungen an moderne Spielstätten für Spiele der 3. bis 2. Bundesliga, aber auch für die Anforderungen, die unter anderem die FIFA an internationale Spielbegegnungen im Männer- und Frauenfußball stellt, wollen Stadt und Rot-Weiss Essen das Stadion an der Hafenstraße ausbauen, um mehr Zuschauerplätze zu schaffen.
Uhlig erinnert daran, dass im Stadion bereits Länderspiele ausgetragen wurden. Die U21 unter Horst Hrubesch lief an der Hafenstraße auf und auch die Frauen-Nationalmannschaft. Fußballstadien kämen in Zukunft nur dann für internationale Begegnungen in Betracht, wenn sie 20.000 Sitzplätze bieten könnten. Aktuell sind es 11.000. Insgesamt passen rund 20.000 Zuschauer hinein.
Und natürlich setzt auch RWE auf eine steigende Nachfrage nach Tickets. Für die kommende Drittliga-Saison kalkuliert der Verein mit einem Zuschauerschnitt von 13.500 Besuchern. Das ist weit entfernt von 27.000 Zuschauern, die nach einem Ausbau hineinpassen würden. Die zweite Mannschaft des SC Freiburg beispielsweise dürfte nicht mehr als eine Handvoll Fans mitbringen. Wenn es aber gegen den MSV Duisburg oder andere attraktive Gegner geht, könnte die Hütte schnell voll bis unters Dach sein. Vieles wird davon abhängen, wie RWE in die Saison startet. Natürlich gilt es erst einmal die Klasse zu halten. Sonst hätten sich alle Gedankenspiele über einen Stadion-Ausbau ohnehin gleich wieder erledigt.
Die Ecken des Stadions zu schließen, wäre die Erste von zwei möglichen Ausbaustufen
Warum hat es der Verein so eilig? Bereits vor zwei Jahren hatte Uhlig das Thema bei der GVE platziert. Schon damals hatte sich der Verein ehrgeizige Ziele gesetzt. Nun hat die Mannschaft geliefert. Die positive Stimmung rund um den Verein will Uhlig offenbar nutzen.
Eine 2020 erstellte Machbarkeitsstudie soll nun konkretisiert werden, heißt es vonseiten der städtischen Grundstücksverwaltung. Dabei geht es um die luftigen Ecken des Stadions, diese sollen geschlossen werden. Das 2012 eröffnete Stadion war baulich bereits so angelegt worden. Es wäre die zweite von drei möglichen Ausbaustufen.
Uhlig schwebt vor, dass Stehplätze zu besonderen Anlässen wie Länderspielen, aber auch Konzerten zu Sitzplätzen umgebaut werden. Ein weiterer Vorteil: Nach außen würde weniger Lärm dringen, die Akustik im Stadion würde verbessert.
Dass RWE den Stadion-Ausbau forciert, ist keine Überraschung. Dass Uhlig auf der Jahreshauptversammlung auf der Jahreshauptversammlung bereits einen mit der Stadt und der GVE vereinbarten Zeitplan skizzierte, überrascht dann doch.
Mindestens ein Jahr lang dürfte der Planungsprozess in Anspruch nehmen, bei dem es auch um eine verbesserte Anbindung an den öffentlichen Personen-Nahverkehr gehen soll und um die Frage, wo die vielen Zuschauer, die mit dem Auto kommen, denn parken sollen. Schon in der Regionalliga war das ein Problem. 2024 könnten die Bauarbeiten beginnen, heißt es. Zur Saison 2026/27 könnte das Stadion 27.000 Besucher fassen. Schon nach den Sommerferien solle sich die Politik mit dem Vorhaben befassen.
Die Politik reagiert vorsichtig zurückhaltend auf die Pläne
Dem ein oder anderen scheint das ein bisschen zu schnell zu gehen. CDU-Fraktionschef Fabian Schrumpf tritt schon mal vorsichtshalber auf die Euphoriebremse. Es sei RWE zu wünschen, dass der Verein weiterhin Erfolg hat und der Ausbau des Stadions mit diesem Erfolg einhergehe. Letzteres sei jedoch „kein Automatismus“. Er könne nur davor warnen, dass der Eindruck entstehe, „schon morgen rücken die Bagger an“.
Hiltrud Schmutzler-Jäger, Sprecherin der Ratsfraktionen der Grünen will sich erst zum Thema äußern, wenn ihr nähere Details bekannt sind. Vor allem: „Was kostet der Spaß?“ Fest steht: Stadt Essen, GVE und RWE haben das Thema Stadion-Ausbau gesetzt, die Erwartungshaltung vieler RWE dürften sie damit noch befeuert haben.