Essen-Rüttenscheid. Ein Rüttenscheider ärgert sich: Er will seine Mülltonne dauerhaft an der Straße stehen haben. Die Stadt winkt ab. Doch er ist nicht der einzige.

Ein Rüttenscheider ist wütend. „Es stinkt nicht nur zum Himmel, sondern auch in unserem Treppenhaus“, klagt er. Denn mindestens einmal im Monat komme es vor, dass die Essener Entsorgungsbetriebe (EBE) den Müll aus dem Haus nicht mitnähmen. Grund: Sie kämen nicht hinein, um die Tonnen aus dem Keller zu holen. Der Bürger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, wünscht sich deshalb eine begrünte Müllbox, in der die Tonne dauerhaft an der Straße stehen könnte. Das ist laut Stadt allerdings nicht möglich – gerade weil er bei weitem nicht der einzige ist, der sich eine solche Lösung wünscht.

Normalerweise läuft es so: Die EBE-Besatzung klingelt an die Tür, holt die Mülltonnen aus dem Keller und stellt sie an die Straße, um anschließend den Müll einzuladen. Dafür muss allerdings naturgemäß jemand im Haus sein, der die Tür öffnet. Der Rüttenscheider schildert das Problem: „Die jungen Hausbewohner sind tagsüber bei der Arbeit. Und die Älteren kommen oft nicht so flott zum Türöffner.“ Häufig zögen die Müllwerker dann sofort weiter, ohne kurz zu warten, ob noch jemand öffne. Die Tonnen selbst an die Straße zu stellen, sei keine Option: „Die sind sehr schwer und es geht mehrere Treppenstufen hoch, das kann man insbesondere den Älteren nicht zumuten.“

Stadt Essen erteilt seit 20 Jahren keine Genehmigungen für private Müllboxen mehr

EBE-Sprecherin Nicole Rafalski wehrt sich gegen den Vorwurf, die EBE-Mitarbeiter würden nach dem Klingeln sofort wieder abrauschen: „Unsere Mitarbeiter klingeln und warten eine angemessene Zeit. In der Regel klappt das auch sehr gut, da die Bürgerinnen und Bürger mit unserer Arbeitsweise vertraut sind.“ Doch im Grunde richtet sich die Kritik des Bürgers auch nicht gegen sie. Vielmehr würde er sich von der Stadt eine alternative Lösung wünschen. „Ich habe mehrmals die Bitte an die Stadt gerichtet, bei uns eine begrünte, vorzeigbare Müllbox an der Straße aufzustellen.“, berichtet er. Das sei jedoch immer abgelehnt worden. „Dabei würde so eine Box nicht das Straßenbild beeinträchtigen. Von der Arbeitserleichterung für die Müllwerker gar nicht zu sprechen.“

Die Mülltonnen im Keller in Essen-Rüttenscheid: Um sie an die Straße zu stellen, muss man einige Treppenstufen gehen.
Die Mülltonnen im Keller in Essen-Rüttenscheid: Um sie an die Straße zu stellen, muss man einige Treppenstufen gehen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wie die Stadt erklärt, übersteigt die dauerhafte Aufstellung oder Errichtung von Gegenständen – hier: Mülltonnenboxen – auf öffentlicher Fläche den jedermann zustehenden Gemeingebrauch. Deshalb muss man in so einem Fall eine Sondernutzungserlaubnis beantragen. Aber: „Die Stadt Essen erteilt aus grundsätzlichen Erwägungen seit über 20 Jahren generell keine Erlaubnisse zur Aufstellung von privaten Mülltonnenverkleidungen bzw. Müllboxen auf öffentlichen (Verkehrs-)Flächen mehr“, so Stadtsprecher Burkhard Leise. Für vor diesem Zeitraum erteilte Genehmigungen bestehe ein Bestandsschutz. Begrünte Müllboxen sieht man zum Beispiel vereinzelt an der Eduard-Lucas-Straße.

Viele Essener Bürger wünschen sich Müllboxen

„Es trifft häufig zu und wird nicht bezweifelt, dass die Beförderung der Mülltonnen aus dem Haus bzw. vom Privatgrundstück auf die Straße oftmals beschwerlich ist“, betont Leise. „Auch das Problem, dass die Gebäude für die Müllabfuhr nicht regelmäßig zugänglich sind, weil Mieterinnen und Mieter wegen Berufstätigkeit tagsüber nicht anwesend sind, ist allgemein bekannt.“ Eine große Zahl davon betroffener Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sei deshalb sehr daran interessiert, die bestehenden Mülltonnenstandorte aufzugeben und die öffentliche Straßenfläche zu nutzen.

An den meisten Straßen in Rüttenscheid muss man die Tonnen zur Leerung nach draußen stellen.
An den meisten Straßen in Rüttenscheid muss man die Tonnen zur Leerung nach draußen stellen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Stadt sieht dauerhafte Sondernutzung kritisch

Stadtsprecher Burkard Leise betont, dass dauerhafte private Sondernutzungen grundsätzlich kritisch seien: „Öffentliche Verkehrsflächen sind vorrangig für den jeweiligen Verkehrszweck bestimmt.“ Auf dem Gehweg dürfen zum Beispiel Kinder bis acht Jahren Fahrrad fahren. Sie benötigten einen großen Freiraum, damit es nicht zu Unfällen mit Fußgängern komme, so Leise.Außerdem hat die Stadt eine ganze Reihe von weiteren Bedenken. Sie reichen von der Behinderung der Reinigung und Straßenunterhaltung über die Erschwerung der Verlegung oder Reparatur von Versorgungsleitungen bis hin zu Beeinträchtigungen des öffentlichen Verkehrs und Probleme bei der Umsetzung zukünftiger Straßenplanungen.

Das werde zwar nicht statistisch erfasst, so Leise. Es sei aber allgemein festzustellen, dass regelmäßig – sowohl telefonisch als auch per E-Mail oder Brief – Bürgerinnen und Bürger anfragten, ob bei ihnen eine Müllbox aufgestellt werden könne. Und hier liegt die Crux: „Gerade diese große Nachfrage nach öffentlichen Mülltonnenstandorten macht es aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht möglich, hierfür Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen“, erklärt Leise.

Denn, so führt der Stadtsprecher weiter aus: „Würde die Stadt Essen einzelne Anträge genehmigen, so wäre sie aus Gründen der Gleichbehandlung zur Zulassung zahlreicher weiterer Einrichtungen gezwungen. Die städtebauliche Qualität würde insgesamt erheblich leiden, da es bei Erteilung entsprechender Genehmigungen zu erheblichen Belastungen des Verkehrsraums sowie zu Störungen des Stadtbildes kommen könnte.“ Um Berufungs- und Präzedenzfälle zu vermeiden, scheide eine Genehmigung von neuen Mülltonnenstandorten daher aus.