Essen-Katernberg. Auf einer Tour durch den Essener Norden haben Teilnehmer die Infrastruktur für Radfahrer geprüft. Auch Autoparkplätze für Radfahrer waren Thema.
Mehr Poller, mehr Fahrradstraßen und Schwebebahn statt Straßenbahn: Das sind die Wünsche von Radfahrern, die sich auf Einladung der Radentscheid-Gruppen für die Bezirke V und VI zu einer Rundtour von Essen-Katernberg nach Altenessen und wieder zurück getroffen hatten. Sie wissen: Einige dieser Wünsche sind illusorisch. Daher lieferten sie auch weitere Ideen – unter anderem zum Thema Fahrradstellplätze auf Auto-Parkplätzen.
20 Autoparkplätze pro Essener Stadtteil für Fahrradstellplätze benötigt
„Autofahrer, die wirklich auf ihr Auto angewiesen sind, sollten dankbar sein für eine gute Radinfrastruktur“, so die Argumentation von Dennis Wegner, Mitglied des Radentscheid-Teams. Wenn mehr Menschen aufs Rad umsteigen würden, werde es für die Autofahrer auf Essens Straßen entspannter. Und die meisten seien schließlich selbst sowohl Auto- als auch Radfahrer.
Und alle sind ständig auf der Suche nach freien, sicheren Parkplätzen. 5000 Fahrrad-Stellplätze will die Stadt, wie berichtet, bis zum Jahr 2030 ausweisen, auf Kosten von bis zu 1000 Pkw-Parkplätzen. Wo heute ein Auto parkt, könnten bis zu fünf Fahrräder abgestellt werden, heißt es. Wegner macht dazu diese Rechnung auf: „1000 Parkplätze auf 50 Stadtteile gerechnet sind 20 Parkplätze pro Stadtteil. Das ist nicht allzu grausam.“ Bei rund 3300 Straßen in Essen sei das ein Parkplatz alle drei Straßen.
Vorzeige-Stellplätze für Fahrräder bei Aldi
Hauptsächlich in Stadtteilzentren und an Schulen herrsche Mangelware, so etwa auf dem Katernberger Markt und auf dem Karl-Meyer-Platz in Schonnebeck. Dort könne man beispielsweise welche errichten, ohne auf Autostellplätze zu verzichten. Als Vorzeige-Stellplatz nennt Wegner jene bei den modernisierten Aldi-Märkten. Dort stehen relativ hohe Bügel, an die man die Räder anlehnen kann – auch Lastenräder haben dort Platz. Außerdem sind die Aldi-Stellplätze überdacht und beleuchtet, ein abgesenkter Bordstein führt die Zweiradfahrer am Schonnebecker Aldi-Markt zu ihrem Parkplatz.
Diese Stellplätze tauchen in der Rechnung der Stadt aber gar nicht auf, da sie nicht auf öffentlichem Grund stehen. Fahrradstellplätze würden aber auch immer dort Sinn machen, wo Autos derzeit illegal parken, beispielsweise auf Gehwegen, findet Wegner.
Fahrradbügel an einigen Stellen in Essen auch auf Gehwegen möglich
An der Wilhelm-Nieswandt-Allee etwa würden immer wieder Autotransporter in den Parkboxen so weit nach vorne fahren, dass sie mit ihrer Front den halben Radweg verdecken. „Ein Poller am Ende jeder Parkbox würde Abhilfe schaffen“, glaubt Wegner, der das auch an der Ecke der Nienkampstraße zum Stauderkreisel empfiehlt: „Dort parken Autos immer wieder auf dem Gehweg und stellen eine Gefahr für Radfahrer und Fußgänger dar“, so Wegner und ergänzt: „Ich bin Pollerfan, Poller retten die Welt.“
Statt Poller würden an einigen Stellen laut Wegner auch Fahrradbügel Sinn machen. Fußgänger müssten dann zwar einen Teil des Gehwegs opfern, ein Fahrrad würde jedoch wesentlich weniger Platz wegnehmen, als ein Auto – auch auf dem Gehweg. Zudem sei die Sicht durch ein parkendes Fahrrad viel weniger eingeschränkt, was wiederum der Sicherheit diene.
Wegner weiß, dass sich bei diesem Thema jene melden, die schlecht zu Fuß sind und darauf angewiesen sind, in der Nähe etwa von Arztpraxen parken zu dürfen. Dafür schlägt er sogenannte Arztbesuch-Parkplätze eben genau für diesen Zweck vor.
Schulstraße an Immelmannstraße in Essen-Schonnebeck empfohlen
Auch für andere Problemlagen hätten die Mitglieder der Radtour am vergangenen Wochenende Verbesserungsvorschläge geliefert, die Stimmung sei durchaus konstruktiv gewesen. Unter anderem diskutierten die Teilnehmer noch diese Orte zwischen Katernberg und Altenessen:
- Das Hauptroutennetz der Stadt Essen empfiehlt Radfahrern den Weg über die Köln-Mindener-Straße. Dort gibt es keinen Radweg und die Strecke kreuze die Straßenbahnschienen der Linie 107, was eine Gefahr für Zweiradfahrer ist. Den Vorschlag, die Straßenbahn in eine Schwebebahn umzuwandeln ,äußerten die Tour-Mitglieder zwar, wissen aber, dass die Chancen schlecht stehen – nicht zuletzt aus Kostengründen.
- Als Alternative zur Köln-Mindener-Straße könnten Radfahrer etwas nördlicher parallel auch durch das Waldstück am Graitengraben fahren. Dort sei der Untergrund derzeit jedoch äußerst uneben und zudem fehle es an Beleuchtung.
- Die Theobaldstraße ist eine Fahrradstraße und nur für Anlieger freigegeben – Lob vom Tourenteam. Allerdings ende sie relativ unvermittelt auf Höhe der Hegestraße. „Man könnte sie locker bis zur Zollvereinstraße durchziehen und hätte dann eine saubere Achse bis nach Katernberg“, findet Wegner.
- Für die Immelmannstraße in Schonnebeck schlägt das Team eine temporäre Schulstraße vor, wie es sie mittlerweile auch in Köln gebe. Schulstraße bedeute, die Straße könne morgens und mittags stundenweise für den Autoverkehr gesperrt werden, Kinder der beiden Schulen könnten so sicher zu Fuß, mit dem Rad oder Roller zum Ziel gelangen. Da die Immelmannstraße eine wichtige Verbindungsstraße sei, könne man sie schlecht komplett für Kinder freigeben.
- Als Positivbeispiel hob das Tourenteam den modalen Filter am Leibniz-Gymnasium hervor. Der Schleichweg von der Stauder- zur Altenessener Straße könne durch die Absperrung nicht mehr genutzt werden, die Umgebung sei seit der Einführung verkehrsberuhigt. Dennis Wegner: „Den Filter gibt es schon ewig und er ist schon ewig gut.“