Essen/Dortmund. Tolles Wetter und keine Coronabeschränkungen mehr. Dennoch bleiben manche Freibäder derzeit noch geschlossen.

Keine Corona-Auflagen mehr, und die Sonne scheint auch. Viel besser können die Bedingungen für einen erfolgreichen Start in die Freibad-Saison nicht sein. Dennoch hat manches Bad in Revier noch geschlossen. Grund: Es fehlt an Personal.

Wer früher meist Bademeister gerufen wurde, heißt heute Fachkraft für das Bäderwesen. Aber davon gibt es viel zu wenige. In ganz Deutschland, schätzt Peter Harzheim, Präsident vom Bundesverband der deutschen Schwimmmeister, fehlen derzeit rund 2500 Fachkräfte – Tendenz steigend.

Nicht arbeiten, wenn andere frei haben

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Für Reinhard Nowak, Vorsitzender des Landesverbandes NRW der deutschen Schwimmmeister, ist das keine Überraschung. „Wir haben schon lange gewarnt“, sagt er und fügt hinzu: „Eine ganze Reihe von Kommunen hat da mittlerweile Probleme.“ Und er weiß auch, woran das unter anderem liegt. „Junge Leute möchten nicht arbeiten, wenn alle ihre Freunde frei haben.“

Die Becken sind gefüllt aber nicht überall wird geschwommen. Es fehlt an Personal
Die Becken sind gefüllt aber nicht überall wird geschwommen. Es fehlt an Personal © dpa | Philipp von Ditfurth

Zumal man nicht reich wird in dem Beruf bei einem Einstiegsgehalt zwischen 2000 und 2400 Euro brutto. „Dafür trägt man eine große Verantwortung“, sagt Nowak. In NRW wollen diese in diesem Jahr nur 160 Lehrlinge übernehmen – sie treten nach dreijähriger Ausbildung zur Prüfung an. Eine schnelle Besserung der Situation ist nicht in Sicht. Bei den Sport- und Bäderbetrieben Essen sind zuletzt sieben Leute zum Bewerbungsgespräch für vier freie Ausbildungsplätze erschienen. „Vier davon konnten aber gar nicht schwimmen“, sagt Kurt Uhlendahl, Abteilungsleiter Bädermanagement.

„Uns fehlen Rettungsschwimmer.“

Trotzdem sind die fehlenden Schwimmmeister nicht der Grund dafür, dass etwa in Essen zwei Freibäder noch nicht öffnen können. „Rettungsschwimmer“, sagt Uhlendahl, „uns fehlen Rettungsschwimmer.“ 24 sucht er, um zeitnah zwei weitere Bäder öffnen zu können. Aber er sucht nicht allein.

In Bochum etwa, wo zwar alle Bäder öffnen können, sagt Christian Seger, Sprecher der Wasserwelten, „würden wir das Personal für die diesjährige Saison gerne weiter aufstocken.“ Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist fraglich. „Der Markt ist leer gefegt“, sagt Jörg Husemann, einer der Geschäftsführer der Sportwelt Dortmund, die vier Freibäder betreibt.

Prüfung lässt sich nicht im Vorbeigehen absolvieren

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Der Markt ist allerdings auch bei weitem nicht mehr so groß, wie früher. „Die Personaldecke ist dünner geworden, bestätigt Klaus Wagner, Sprecher des DLRG Landesverbandes Westfalen. Weggebrochen sind vor allem die Studenten, die immer seltener das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen Silber machen, das in den meisten Bädern für den Job zwingend nötig ist.

Das sei ja auch nicht im Vorbeigehen zu erledigen, sagt Wagner. „Manchen fehlt mittlerweile einfach die Zeit dazu.“ Und wer das Abzeichen schon hat, hat sich in der Corona-Zeit, in der die Bäder gar nicht oder nur stark eingeschränkt öffnen durften, einen anderen Nebenverdienst gesucht. „Diese Leute kommen auch nicht zurück“, fürchtet Jörg Husemann. Er will dennoch nach und nach alle Dortmunder Freibäder öffnen.

Sprung ins 14 Grad kalte Wasser

Nur etwas für Abgehärtete: In einigen Freibädern wird die Wassertemperatur gesenkt, um Energie zu sparen
Nur etwas für Abgehärtete: In einigen Freibädern wird die Wassertemperatur gesenkt, um Energie zu sparen © dpa | Sebastian Kahnert

In Wellinghofen etwa kann bereits geschwommen werden. Zum Start Anfang Mai war das kühle Nass allerdings eher ein kaltes. 14 Grad hatte das Wasser, denn geheizt wurde es nicht. Die Nordsee ist derzeit kaum kälter. 1000 Euro am Tag spart die Sportwelt durch die abgeschaltete Heizung, aber Husemann hat dennoch gute Nachrichten. „Wenn sich das Wasser bei steigenden Temperaturen durch natürliche Erwärmung aufgeheizt hat, werden wir es über Nacht auch beheizen, um die Temperatur zu halten.“

In einigen Düsseldorfer Bädern wird die Heizung derzeit zumindest kleiner gedreht. Statt auf 24 Grad wird das Wasser dort nur auf 22 Grad erwärmt. In den meisten Revierstädten ist eine Senkung der Wassertemperatur aktuell nicht geplant. Ob das bis zum Ende des Sommers überall so bleibt, ist allerdings ungewiss.

Im schlimmsten Fall drohen kurzzeitige Schließungen

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Zumindest diejenigen der rund 6000 Hallen- und Freibäder Deutschlands, die mit fossilen Energien beheizt werden, könnten in Schwierigkeiten geraten. Mitte April bereits verschickte die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen einen zwölfseitigen „Leitfaden“, in dem mögliche Worst-Case-Szenarien beschrieben werden, wenn das Gas knapp wird. Bei „deutlich reduzierten Energielieferungen an Schwimmbäder“ sei ein Betrieb nur unter ganz spezifischen, sehr energiesparenden Bedingungen möglich. Die Absenkung der Beckenwassertemperaturen wird darin als die erste, schnellstmöglich durchführbare Maßnahme angegeben. Schon zwei Grad weniger könnten den Gesamtenergieverbrauch um bis zu 25 Prozent senken.

Im schlimmsten Fall, so der Leitfaden, müsse man sogar damit rechnen, „Schwimmbäder kurzzeitig gänzlich zu schließen“. Husemann kennt das Schreiben natürlich, bleibt aber zumindest für den Sommer erst einmal optimistisch. „Wir müssen einfach“, sagt er, „auf richtig warme Wochen hoffen.“