Essen. Sämtliche Versuche, die „Wasserpest“ im Baldeneysee einzudämmen, haben sich als erfolglos erwiesen. Was der Ruhrverband nun tut.
Gegen die „Wasserpest“ in den Ruhrstauseen ist nach Einschätzung des Ruhrverbandes kein Kraut gewachsen. Sämtliche Versuche, das Wachstum der Wasserpflanze (Elodea) zumindest einzudämmen, haben sich als erfolglos erwiesen. „Wir haben keine andere Wahl, als die Elodea abzumähen“, sagte Verbandssprecher Markus Rüdel vor dem Start der diesjährigen Mähsaison.
Tröstlich für alle Wassersportler: Das Wachstum hält sich in den Stauseen bislang in Grenzen, noch ist die Elodea nicht an der Wasseroberfläche aufgetaucht. Petra Podraza, Biologin beim Ruhrverband, führt dies auf die Kieselalge zurück, die sich in voller Blüte in den Seen ausgebreitet hat. Die Alge trübt das Wasser ein, so dass die Elodea langsamer wächst.
Nur ältere Generationen erinnern sich an das „Fronleichnamssterben“ im Baldeneysee
Die aus Nordamerika stammende Pflanze bevorzugt milde Temperaturen und klare Gewässer mit geringer Fließgeschwindigkeit. In frühen 2000er Jahren tauchte sie erstmals in den Ruhrstauseen auf. Der Ruhrverband sieht darin ein Indiz für die verbesserte Wasserqualität. Nur ältere Generationen dürften sich an das „Fronleichnamssterben“ erinnern, als Tausende Fische mangels Sauerstoff eingingen und bäuchlings an der Oberfläche trieben.
Die Schattenseite: „Für den Wassersport ist die Elodea zu einer existenziellen Bedrohung geworden“, sagt Hans-Walter Fink, Sprecher der Interessengemeinschaft Baldeney, in der sich die am Essener Baldeneysee ansässigen Vereine organisieren.
Anhand von Satellitenbildern hatte der Ruhrverband im vergangenen Jahr ein Rekordwachstum der als „Wasserpest“ bekannten Pflanze erwartet, fast die Hälfte der Wasserfläche des Baldeneysees war bereits „stark verkrautet“. Dann kam am 14. und 15. Juli das Jahrhunderthochwasser und riss die Pflanzen mit sich fort. Schon wenige Wochen später waren Flachwasserstellen jedoch wieder dicht bewachsen.
Drei Jahre lang testete der Ruhrverband verschiedene Methoden gegen die Wasserpest
Die Wassermassen rissen nicht nur die Elodea aus, sondern auch Armleuchteralgen, die der Ruhrverband angepflanzt hatte, um die „Wasserpest“ zu verdrängen. Dieser Versuch war ebenso erfolglos wie der Einsatz eines Rollenpflückers und der Besatz mit Rotfedern. Modellrechnungen am Computer zur Veränderung der Strömung verhießen ebenfalls keinen positiven Effekt. Drei Jahre lang hat der Ruhrverband verschiedene Methoden zur Eindämmung der Wasserpest in einem Forschungsprojekt getestet. Vom Land NRW gab es dafür 200.000 Euro. Das Ergebnis darf man ernüchternd nennen.
Auf dem Baldeneysee wird der Ruhrverband die Elodea nun auch in diesem Jahr wieder mit zwei Mähbooten bekämpfen. Zum Einsatz kommt erstmals eine Neuentwicklung: Ein GPS-gesteuertes Boot fährt vollautomatisch, bei der Mahd berücksichtigt es Wind, Strömung und Wellengang. Der Schiffsführer an Bord muss nur im Notfall eingreifen. Die Stadt Essen beteiligt sich an den Kosten, 100.000 Euro sind im Budget der Sport- und Bäderbetriebe dafür vorgesehen. „Innerhalb von 14 Tagen sind wir einsatzbereit“, sagt Seemanager Boris Orlowski.
Klimawandel und steigende Temperaturen begünstigen das Pflanzenwachstum
Ein weiteres Mähboot setzt der Wasserverband auf dem Kemnader See ein, ein deutlich kleineres Boot soll die Wasserflächen auf dem Harkortsee und auf dem Hengsteysee frei halten.
Die Verbreitung der Elodea sei zwar nicht auf den Klimawandel zurückzuführen, doch steigende Temperaturen begünstigen das Wachstum. „Je wärmer es ist, desto schneller wächst sie“, weiß Petra Podraza. Seit den 1980er Jahren verzeichnet der Ruhrverband „immer wärmere Jahre“, berichtet Markus Rüdel.
Das im Klimaprotokoll von Paris beschlossene Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu beschränken, sei im Einzugsgebiet der Ruhr bereits erreicht. Zu erwarten sei, dass sich in den Ruhrstauseen weitere Pflanzen verbreiten, die hier noch nicht heimisch sind.