Essen. Die Immobilienpreise in Essen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Nun sehen Experten ein Ende dieses Booms. Woran sie das festmachen.

Die steigenden Bauzinsen könnten in Essen eine Trendwende am Immobilienmarkt einläuten. Die Immobilienexperten vom Onlineportal Immowelt rechnen damit, dass die Preisrallye der letzten Jahre auch in Essen schon bald vorbei sein könnte. Nach ihrer Prognose könnten die Preise für Eigentumswohnungen in Essen zum Jahresende gegenüber dem Frühjahr stagnieren. Im vergangenen Jahr waren gebrauchte Eigentumswohnungen noch um 20 Prozent teurer geworden.

„Die aktuellen Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation und die steigenden Bauzinsen führen dazu, dass der Immobilienboom voraussichtlich noch in diesem Jahr endet“, schreibt Felix Kusch, Country Managing Director bei Immowelt, in seiner Analyse.

Bauzinsen verteuern monatliche Kreditbelastung

Mit dieser Auffassung steht er nicht allein da. Auch der Essener Makler Marc Wierig glaubt, dass Immobilienbesitzer beim Verkauf möglicherweise von weiteren Preisaufschlägen Abstand nehmen müssen, weil für Käufer die Finanzierung von Immobilien deutlich teurer wird, falls die Bauzinsen wie erwartet weiter steigen. „Ich gehe auch davon aus, dass die Immobilienpreise dieses Jahr nicht weiter nach oben gehen. Eine Immobilie muss schließlich finanzierbar sein“, sagt Wierig.

Die Nachfrage am Immobilienmarkt in Essen ist zwar momentan weiterhin hoch. Allerdings könnte bei dem einen oder anderen Käufer der Traum von den eigenen vier Wänden platzen. Die Bauzinsen sind seit Januar kräftig gestiegen. Betrugen sie Anfang des Jahres bei einer Zehn-Jahres-Finanzierung rund ein Prozent, sind es momentan knapp drei Prozent. Wierig hat ausgerechnet: Bei einem Darlehen von 300.000 Euro steigt die Kreditbelastung damit um rund 450 Euro monatlich. Immowelt rechnet bei seiner Preisprognose damit, dass zum Jahresende die Zinsen bei 3,5 Prozent liegen.

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„Das kann sich nicht jeder leisten“, sagt Wierig. Er habe bereits Fälle gehabt, bei denen der Kauf nicht zustande kam, weil es Probleme bei der Finanzierung gab. „Käufer werden in Zukunft mehr Eigenkapital mitbringen müssen“, meint der Makler.

Sparkasse Essen registriert weiterhin hohe Nachfrage nach Immobilien

Auch Georg Meintrup, Geschäftsführer der Immobilien GmbH der Sparkasse, glaubt, dass es solche Preissprünge auf dem Essener Immobilienmarkt wie in den vergangenen Jahren erst einmal nicht mehr geben wird. „Aber Preisrückgänge sehe ich auch nicht“, meint er. Dafür sei die Käuferschar, die sich auch die gestiegenen Bauzinsen leisten könne, weiterhin groß. „Für den Privatmann wird das derzeitige Zinsniveau nicht entscheidend sein, wenn er sich die Immobilie leisten kann“, so Meintrup.

Auch die hohe Nachfrage auf dem Immobilienmarkt in Essen wird aus seiner Sicht so schnell nicht nachlassen. Dafür werde in Essen zu wenig gebaut. Und solange die Baukosten weiter aus dem Ruder laufen wie zurzeit, werde sich am knappen Angebot auch wenig ändern.

Anlageimmobilien in Essen sind bereits unter Druck

Eine Trendwende auf dem Immobilienmarkt beobachten die Experten indes bereits bei Mehrfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen, die als Anlageobjekte auf den Markt kommen. „Der Hype ist vorbei. Es gibt bereits eine Seitwärtsbewegung bei den Preisen“, sagt Stefan Pásztor, Vorstandsvorsitzender vom Ring Deutscher Makler (RDM) in Essen. Wer beispielsweise eine vermietete Eigentumswohnung erwerben wolle, für den könnte sich unter Umständen ein Bauzins von drei Prozent nicht mehr rechnen, weil die Miete nicht um die gleiche Höhe angehoben werden könne.

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Die prognostizierten Preiskorrekturen werden vermutlich nicht bei allen Wohnungssegmenten gleichermaßen stark sein, schränkt Immowelt in seiner Analyse ein. Besonders bei älteren, oftmals unsanierten Wohnungen dürfte die Nachfrage aber deutlich zurückgehen, heißt es. Denn neben den gestiegenen Zinsen erschwerten die hohen Sanierungskosten sowie der Handwerkermangel den Kauf zusätzlich.

Datenbasis der Immowelt-Prognose

Laut Immowelt wurde eine Eigentumswohnung im April im Schnitt für 2910 Euro pro Quadratmeter auf dem Portal angeboten. Laut Prognose dürfte der Preis im Dezember bei rund 2920 Euro liegen und somit nahezu auf dem selben Niveau.

Datenbasis für die Berechnung der Kaufpreise waren auf immowelt.de inserierte Angebote. Die mittels hedonischer Verfahren errechneten Werte geben die Quadratmeterpreise von Bestandswohnungen (75 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1. Stock, Baujahr 90er Jahre) wieder. Es handelt sich um Angebots-, keine Abschlusspreise.

Für die Kaufpreis-Schätzung wurde neben der langjährigen Entwicklung der Immobilienpreise auch die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes sowie der Zinsen für Baudarlehen berücksichtigt. Für die Werte im Dezember wurde ein Zinssatz für 10-jährige Baudarlehen von 3,5 Prozent und eine Erhöhung des Verbraucherpreisindexes auf 121 Punkte (Basisjahr 2017) angenommen.

Auch in den bevorzugten Lagen im Essener Süden dürften die Preise erst einmal hoch bleiben, könnten vielleicht sogar noch weiter steigen, glaubt Makler Marc Wierig. Wer sich die Immobilien dort leisten könne, verfüge in der Regel über ein höheres Haushaltseinkommen, so dass die gestiegenen Bauzinsen für diese Käuferschicht weniger ausschlaggebend seien als für Haushalte mit mittleren Einkommen.